Zehntes Buch

Das Buch vom doppelten Zwielicht

Dritter Canto

Die Debatte zwischen Liebe und Tod

Mit traurig vernichtendem Tonfall sank die Stimme;

Sie schien den Vorwärtsmarsch des Lebens

In irgend stille ursprüngliche Nichtigkeit zu führen.

Savitri aber antwortete dem allmächtigen Tod:

„O dunkelstirniger Sophist des Universums,

Der die Wirklichkeit mit ihrer eigenen Idee verschleiert,

Versteckend der Natur lebendig Antlitz unter groben Dingen,

Maskierend Ewigkeit mit deinem Totentanz,

Du hast das unkundige Mental zu einem Schleier gewoben

Und Denken zum Lieferanten und Schreiber des Irrtums gemacht,

Zu einem falschen Zeugen den Dienersinn des mentalen Geistes.

Ein Ästhet des Leidens dieser Welt,

Verfechter einer harten und traurigen Philosophie,

Du hast Worte verwendet, um das Licht auszusperren,

Und Wahrheit herbeigerufen, um eine Lüge zu rechtfertigen.

Eine verlogene Wirklichkeit ist der Falschheit Krone

Und eine verfälschte Wahrheit ihr kostbarster Schmuck.

O Tod, du sprichst die Wahrheit, doch Wahrheit, die erschlägt,

Ich antworte dir mit der Wahrheit, die errettet.

Als Wanderer, der sich selbst von neuem entdeckt,

Hat Einer die Welt der Materie zum Ausgangspunkt sich gemacht,

Er hat das Nichts zu seinem Lebensraum gemacht

Und Nacht zu einem Vorgang des ewigen Lichtes

Und Tod zu einem Ansporn zur Unsterblichkeit.

In die Kapuze der Materie barg Gott sein Haupt vor dem Blicke,

Sein Bewusstsein tauchte in nichtbewusste Tiefen,

Allwissen schien ein gewaltig dunkles Nichtwissen;

Unendlichkeit trug die Gestalt einer grenzenlosen Null.

Seine Abgründe von Seligkeit wurden empfindungslose Tiefen,

Ewigkeit ward zur blanken spirituellen Weite.

Eine uranfängliche Nichtigkeit vernichtend,

Fasste das Zeitlose in Leerheit Fuß

Und umriss die Figur von einem Universum,

Damit der Geist das Abenteuer ins Zeitliche wagen kann

Und mit unerbittlicher Notwendigkeit ringe

Und die Seele eine kosmische Pilgerfahrt antrete.

Ein Geist zog durch schwarze Unermesslichkeiten

Und schuf ein Denken in uraltem Nichts;

Eine Seele ward entfacht in Gottes ungeheurer Leere,

Eine heimlich ringende Glut werdenden Feuers.

Im Schlund des Nihil waltete seine mächtige Kraft;

Sie entließ Gestalten aus ihrem formlosen Schwung,

Machte Materie zum Körper des Körperlosen.

Kindlich und dumpf erwachten die ewigen Mächte.

In träger Materie atmete ein schlummernd Leben,

Im unterbewussten Leben lag der Mentale Geist im Schlaf;

Im erwachenden Leben streckte er seine gigantischen Glieder aus,

Um die Trägheit seines Schlummers abzuschütteln;

Eine empfindungslose Substanz erbebte zu Sinn,

Das Herz der Welt fing an zu schlagen, ihre Augen begannen zu sehen,

Im Gewimmel stummer Schwingungen eines Gehirns

Tappte Denken im Kreise, um sich selber zu finden,

Entdeckte Sprache und nährte das neugeborene Wort,

Das die Unwissenheit der Welt mit Bögen von Licht überbrückte.

Im erwachenden Mental erbaute sich der Denker sein Haus.

Ein mit Vernunft begabtes Tier wollte und plante und suchte;

Er stand aufrecht unter seinen rohen Artgenossen,

Er baute das Leben neu, vermaß das Universum,

Trotzte seinem Schicksal und rang mit ungesehenen Mächten,

Bezwang und nutzte die Gesetze, nach denen die Welt funktioniert,

Und hoffte, die Himmel dahinzuziehen bis zu den Sternen,

Ein Meister seiner riesigen Umgebung.

Nun starrt der Halbgott durch die Fenster des Mentals,

Versteckt hinter den Vorhängen des Menschen Seele:

Er hat das Unbekannte erblickt, der Wahrheit schleierlos Gesicht gesehen;

Ein Strahl hat ihn berührt von der ewigen Sonne her;

Reglos, lautlos in ahnenden Tiefen,

Steht er wach im Lichte der Übernatur

Und sieht eine Pracht aufsteigender Schwingen

Und sieht die gewaltige herabsteigende Macht Gottes.

O Tod, du blickst auf eine unvollendete Welt,

Von dir bestürmt und ihres Weges ungewiss,

Bevölkert von unvollkommenen Mentalen und unwissenden Leben,

Und sagst, Gott sei nicht und alles sei vergebens.

Wie könnte das Kind denn schon erwachsen sein?

Weil er noch klein ist, wird er deshalb niemals größer werden?

Weil er unwissend ist, wird er deshalb niemals lernen?

In einem kleinen zarten Samen birgt sich ein großer Baum,

In einem winzigen Gen ist ein denkend Wesen eingeschlossen;

Ein kleines Element in einer kleinen Samenzelle,

Es wächst und wird ein Eroberer und ein Weiser.

Willst du, O Tod, Gottes mystische Wahrheit ausspeien,

Das okkulte spirituelle Wunder leugnen?

Willst du immer noch sagen, es gibt keinen Geist, keinen Gott?

Eine stumm materielle Natur erwacht und sieht;

Erfunden hat sie Sprache, einen Willen enthüllt.

Etwas wartet jenseits, zu dem sie strebt,

Etwas umgibt sie, in das hinein sie wächst:

Den Geist zu enthüllen, sich in Gott zurückzuverwandeln,

Sich selbst zu übersteigen, ist höchste Aufgabe ihr.

In Gott verborgen begann die Welt zu sein,

Langsam wandert sie weiter hin zu geoffenbartem Gott:

Unsere Unvollkommenheit drängt der Vollendung zu,

Der Körper ist die Schmetterlingspuppe von einer Seele:

Das Unendliche hält das Endliche in seinen Armen,

Zeit ist auf dem Weg zu enthüllter Ewigkeit.

Eine Wunderstruktur von dem ewigen Magier,

Materie verbirgt ihr Mysterium vor den eigenen Augen,

Eine Schrift, verfasst in kryptischen Zeichen,

Ein okkultes Dokument von des Allwundervollen Kunst.

Von seiner geheimen Macht zeugt alles hier,

In allem spüren wir seine Gegenwart und seine Kraft.

Eine Glut seiner souveränen Glorie ist die Sonne,

Eine Glorie ist der goldne und schimmernde Mond,

Eine Glorie ist sein Traum vom purpurnen Himmel.

Ein Marsch seiner Größe sind die kreisenden Sterne.

Sein Lachen der Schönheit bricht aus grünen Bäumen,

Seine Augenblicke der Schönheit triumphieren in einer Blume;

Der blauen See Gesang, des Baches wandernde Stimme

Sind Rauschen, das von der Harfe des Ewigen fällt.

Diese Welt ist Gott, erfüllt in Äußerem.

Seine Wege fordern unsere Vernunft und unseren Sinn heraus;

Durch blinde rohe Regungen einer unwissenden Kraft,

Durch Mittel, die wir verächtlich als klein, obskur oder nieder wähnen,

Eine Größe, die auf kleinen Dingen beruht,

Hat er in der unwissenden Leere eine Welt erbaut.

Seine Formen hat er aus unendlich kleinem Staub gehäuft;

Seine Wunder sind aus unscheinbaren Dingen erbaut.

Ist der mentale Geist gelähmt, Leben stümperhaft und grob,

Gibt es bestialische Masken und böse Taten,

Sind sie Umstände seines weiten und vielschichtigen Geschehens,

Notwendige Schritte in seinem großen und gewagten Schauspiel;

Aus diesem und allem macht er sein Passionsspiel,

Ein Spiel und doch kein Spiel, sondern der tiefe Entwurf

Einer transzendenten Weisheit, die Wege findet,

Ihren Herrn im Schatten und der Nacht zu treffen:

Über ihr ist die Nachtwache der Gestirne;

Beobachtet von einer einsamen Unendlichkeit

Verkörpert sie in stummer Materie das Göttliche,

In Symbolmentalen und Symbolleben das Absolute.

Ein Wunderschmied ihr mechanisch Handwerk;

Die Maschinerie der Materie brachte die Gesetze des Denkens hervor,

Die Motoren des Lebens dienten der Arbeit einer Seele:

Die Mächtige Mutter schuf ihre Schöpfung,

Eine gewaltige Laune, selbstgebunden durch eiserne Gesetze,

Und schloss Gott in eine rätselhafte Welt ein:

Den Allweisen lullte sie in nichtwissenden Schlaf ein,

Allmacht trieb sie auf den Rücken der Trägheit,

Durchmaß vollendet mit göttlich unbewussten Schritten

Den ungeheuren Kreis ihrer Wunderwerke.

Unsterblichkeit versicherte sich durch Tod;

Des Ewigen Antlitz ward sichtbar durch die Strömungen der Zeit.

Sein Wissen verkleidete er als Unwissenheit,

Sein Gutes säte er in das monströse Beet des Bösen,

Machte aus Irrtum für die Wahrheit ein Tor,

Seine Pflanze der Seligkeit goss er mit Tränen des Leides.

Tausend Aspekte weisen auf den Einen hin;

Eine zweifache Natur verdeckte den Einzigen.

In diesem Treffen von des Ewigen sich vermengender Masken,

Diesem wirren Tanz leidenschaftlicher Gegensätze,

Die Liebende gleich in eine verbotene Umarmung schließen

Den Streit ihrer verlorenen Wesenseinheit,

Drängten durch dieses Ringen und Gerangel der Extreme der Macht

Die Millionen Wege der Erde hin zur Göttlichkeit.

Alle strauchelten einem strauchelnden Führer nach,

Doch jedes Straucheln ist ein notwendiger Schritt

Auf fremden Wegen zu einem unbekannten Ziele hin.

Alle irrten und stolperten dem Einen Göttlichen entgegen.

Wie umgewandelt durch einen titanischen Bann

Nahmen die ewigen Mächte ein zweifelhaftes Antlitz an:

Götzen einer abgeleiteten Göttlichkeit,

Trugen sie Köpfe von Tier oder Troll,

Nahmen Ohren eines Fauns, die Hufe eines Satyrs an,

Oder bargen das Dämonische in ihrem Blick:

Sie machten aus denkendem Mental ein wirres Labyrinth,

Sie hießen eine Metamorphose des Herzens gut,

Lassend bacchantische Schwelger aus der Nacht

In sein Heiligtum der Wonnen hinein,

Wie in einer dionysischen Maskerade.

Auf den Landstraßen, in den Gärten der Welt

Schwelgten sie, vergessend ihren göttlichen Teil,

Wie Trunkenbolde von einem unheilvollen zirzischen Wein

Oder wie ein Kind vergnügt im Morast der Natur sich wälzt.

Sogar Weisheit, die Gottes Wege bahnt,

Ist ein Partnerin in dem tief verhängnisvollen Spiel:

Verloren gegangen ist der Pilgerin Felleisen und Tasche,

Sie kann die Karte nicht lesen und den Stern nicht deuten.

Ihr Vorrat ist eine armselig selbstgerechte Tugend

Und das pragmatische Tasten oder abstrakte Sehen der Vernunft,

Oder die Technik des Erfolges einer kurzen Stunde

Lehrt sie, eine Amtsdienerin an der Schule der Nützlichkeit.

An der Meeresoberfläche des weiten Bewusstseins

Werden Schwärme kleiner Gedanken ins Netz gefischt,

Doch die großen Wahrheiten entgehen ihrem nicht allzu weiten Wurf;

Durch der Schöpfung Tiefen vor dem Blick geschützt

Schwimmen sie verborgen in blinden ungeheuren Schlünden,

Sicher vor dem schwachen Echolot des mentalen Geistes,

Zu weit für des kümmerlichen Tauchers seichtes Eintauchen.

Mit unkundigen Augen späht unsere sterbliche Schau;

Sie hat keinen Blick auf das tiefe Herz der Dinge.

Unser Wissen stützt sich auf den Stab des Irrtums,

Ein Anbeter falscher Dogmen und falscher Götter,

Oder ein Fanatiker eines leidenschaftlich intoleranten Glaubens,

Oder ein Sucher, der jeder gefundenen Wahrheit misstraut,

Ein Skeptiker, der dem Licht mit unnachgiebigem Nein begegnet

Oder das Herz mit trocknem ironischem Lächeln abschreckt,

Ein Zyniker, der im Menschen den Gott ausmerzt;

Eine Dunkelheit wälzt sich auf den Pfaden der Zeit dahin

Oder hebt ihr riesenhaftes Haupt, um die Sterne zu schlucken;

Sie macht eine Wolke aus dem deutenden Mental

Und fängt die Orakel der Sonne ab.

Dennoch ist Licht da; es steht vor den Türen der Natur:

Es hält eine Fackel, den Wanderer hineinzuführen.

Es harrt in unseren geheimen Zellen, entfacht zu werden;

Es ist ein Stern, der ein unwissendes Meer erhellt,

Eine Lampe an unserem Heck, die die Nacht durchdringt.

Mit wachsendem Wissen flammt Licht von innen auf:

Es ist ein leuchtender Krieger in dem Mental,

Ein Adler der Träume in dem ahnungsvollen Herz,

Eine Rüstung für den Kampf, ein Bogen Gottes.

Dann dämmern größere Morgen und der Weisheit Prunk

Zieht durch des Wesens trüb halberhellte Gefilde;

Philosophie erklimmt des Denkens Wolkenbankgipfel

Und Wissenschaft entreißt der Natur okkulte Mächte,

Gewaltige Djinne, die den kleinen Bedürfnissen eines Zwerges dienen,

Legt deren versiegelte Kunst im Einzelnen bloß

Und bezwingt sie durch ihre eigene gefangene Kraft.

Auf Höhen, von des mentalen Geistes kühnstem Aufstieg unerreicht,

An einem gefährlichen Rande schwindender Zeit,

Da zieht die Seele sich zurück in ihr todloses Selbst;

Des Menschen Wissen wird zu Gottes himmlischem Strahl.

Dort ist das mystische Reich, aus dem die Macht entspringt,

Deren Feuer in den Augen des Sehers und Weisen brennt;

Ein Lichtblitz visionären Sehens,

So spielt sie an einem inneren Randstreifen des Mentals:

Verstummtes Denken blickt in ein strahlendes Leer.

Eine Stimme kommt von mystischen ungesehenen Gipfeln herab:

Ein Schrei der Herrlichkeit aus einem Munde des Sturms,

Sie ist die Stimme, die da spricht zur Tiefe der Nacht,

Sie ist der Donner und der flammende Ruf.

Über den Ebenen, die aufsteigen aus der nichtwissenden Erde,

Hebt eine Hand sich zum Reich des Unsichtbaren,

Jenseits vom blendenden Saum des Überbewussten

Und reißt die Abschirmungen vom Unbekannten hinweg;

In die Augen des Ewigen blickt innen ein Geist.

Sie hört das Wort, für das unsere Herzen taub waren,

Sie sieht durch den Glanz, in dem unsere Gedanken blind wurden;

Sie trinkt von den nackten Brüsten glorreicher Wahrheit,

Sie lernt die Geheimnisse der Ewigkeit.

So wurde alles in die rätselhafte Nacht getaucht,

So wird gen blendende Sonne alles erhöht.

O Tod, dies ist das Mysterium deines Reiches.

Im abnormen und magischen Feld der Erde,

Auf seiner ziellosen Reise getragen von der Sonne,

Inmitten der Gewaltmärsche der großen stummen Sterne,

Besetzte eine Finsternis die Gefilde Gottes,

Und die Welt der Materie ward beherrscht von deiner Gestalt.

Deine Maske hat das Antlitz des Ewigen bedeckt,

Die Seligkeit, die schuf die Welt, verfiel in Schlaf.

Alleingelassen in der Weite schlummerte sie weiter:

Eine schlimme Wandlung befiel da

Ihre Glieder, bis sie sich selber nicht mehr kannte.

Nur durch ihren schöpferischen Schlummer huschten

Schwache Erinnerungen an die Freude und die Schönheit

Unter des Himmels blauem Lachen inmitten grünverzierter Bäume

Und froh sich verschwendender Düfte und Farben,

In dem Gefilde der goldnen Sonnenpromenade

Und beim verträumten Lichte der Sternenwacht,

Inmitten von andachtsvollen Bergeshäuptern,

An der Brust einer üppigen regengeküssten Erde

Und an den saphirblauen Brandungen des Meeres.

Doch nun ist die ursprüngliche Unschuld verloren

Und Tod und Unwissenheit regieren die sterbliche Welt

Und das Gesicht der Natur trägt eine grauere Färbung.

Noch wahrt die Erde ihren frühen Liebreiz und Zauber,

Die Erhabenheit und die Schönheit sind ihr noch zu eigen,

Doch verhüllt ist der göttliche Einwohner.

Die Seelen der Menschen sind vom Licht abgeirrt

Und die große Mutter wendet ihr Antlitz ab.

Die Augen der Schöpferin Seligkeit sind geschlossen

Und in ihren Träumen hat Sorge sie heimgesucht.

Wie sie hin und her sich wirft auf ihrem Bett der Leere,

Weil sie nicht erwachen und sich finden kann

Und ihre perfekte Form nicht wieder aufbauen kann,

Ihrer Wesensart und ihres Standes nicht bewusst,

Vergessend ihr Gespür für Glückseligkeit,

Vergessend zu erschaffen eine Welt der Freude,

Weint sie und bringt die Augen ihrer Geschöpfe zum Weinen;

Prüfend mit der Schneide des Kummers die Brust ihrer Kinder,

Verschwendet sie an das eitle Hoffen und Mühen des Lebens

Den bitteren Luxus von Gram und Tränen.

In der alptraumhaften Wandlung ihres halbbewussten Traumes,

Gemartert und mit ihrer Berührung marternd,

Kommt sie zu unseren Herzen, Körpern und Leben,

Tragend eine harte und grausame Maske der Pein.

Unsere Natur, entstellt durch die missratene Geburt,

Gibt verschrobene Antworten auf des Lebens fragende Schocks,

Findet einen herben Geschmack an den Schmerzen der Welt,

Trinkt den sauren Wein des Leidens Abartigkeit.

Ein Fluch liegt auf der reinen Lebensfreude:

Wonne, Gottes süßestes Zeichen und der Schönheit Zwilling,

Gefürchtet vom strebenden Heiligen und strengen Weisen,

Wird gemieden, ein gefährlicher und zweideutiger Betrug,

Als fadenscheiniger Trick einer höllischen Macht

Lockt sie die Seele zu ihrer Selbstverletzung und Fall.

Ein puritanischer Gott machte Vergnügen zu einer giftigen Frucht

Oder roten Droge auf dem Marktplatz des Todes,

Und Sünde zum Kind der Natur Ekstase.

Und dennoch jagt ein jedes Geschöpf nach Glück,

Erkauft mit harten Schmerzen oder reißt mit Gewalt

Von der betäubten Brust des unbeseelten Erdballs

Irgendein Stück, eine Scherbe der Seligkeit.

Sogar die Freude selbst wird zu einem giftigen Trank;

Ihr Hunger zum grausigen Haken des Schicksals gemacht.

Alle Mittel sind gut, um einen einzigen Strahl zu fangen,

Geopfert wird Ewigkeit für eines Augenblicks Seligkeit:

Doch zur Freude und nicht zur Sorge ward die Erde gemacht

Und nicht als ein Traum in endlos leidender Zeit.

Obwohl Gott die Welt zur Wonne sich schuf,

Übernahm eine unwissende Macht die Führung und schien sein Wille

Und Todes tiefe Falschheit ward Herr des Lebens.

Alles ward ein Spiel des Zufalls, vortäuschend Schicksal.

Unser Geist atmet eine geheime Luft von reiner Glückseligkeit

Tief wie ein saphirblauer Himmel;

Unser Herz und Körper spüren ihren obskuren Aufruf,

Unsere Sinne greifen danach, berühren und verlieren sie.

Zöge dieses sich zurück, die Welt würde in der Leere versinken;

Wäre dieses nicht, nichts könnte sich regen oder leben.

Eine verborgene Glückseligkeit liegt den Dingen zu Grunde.

Eine stumme Wonne betrachtet die unzähligen Werke der Zeit:

Um Gottes Freude an Dingen ein Heim zu geben, gab Raum weiten Platz,

Um Gottes Freude am Selbst ein Heim zu geben, sind Seelen geboren.

Ein alter Zauber umgibt dies Universum;

Seine Objekte sind verzierte Kelche der Weltwonne,

Deren verzauberter Wein einer tiefen Seele Verzückungstrunk ist:

Der Allwundervolle hat mit seinen Träumen den Himmel gefüllt,

Er hat aus leerem uraltem Raum sein Wunderhaus gemacht;

Er goss seinen Geist in die Zeichen der Materie:

Seine Feuer der Erhabenheit lodern in der großen Sonne,

Er gleitet durch das Himmelszelt, schimmernd im Mond;

Er ist Schönheit, jubilierend in den Gefilden des Klangs;

Er singt die Strophen der Gedichte des Windes;

Er ist Stille, die nachts in den Sternen wacht;

Er steht auf bei Morgengrauen und ruft von jedem Zweig,

Liegt benommen im Stein und träumt in Blume und Baum.

Sogar in dieser Mühe und Qual der Unwissenheit,

Auf diesem hart gefahrvollen Boden der beschwerlichen Erde,

Beharrt trotz Tod und üblen Umständen

Ein Wille zu leben, eine Freude zu sein.

Es gibt eine Freude an allem, was die Sinne trifft,

Eine Freude an jeglicher Erfahrung der Seele,

Eine Freude am Schlechten und eine Freude am Guten,

Eine Freude an Tugend und eine Freude an Sünde:

Gleichgültig gegenüber der Drohung des Karmagesetzes

Wagt Freude auf verbotenem Boden zu gedeihen,

Ihr Saft fließt durch die Pflanze und Blüten der Pein:

Sie ist ergriffen von der Schicksalsdramatik und Untergangstragik,

Sie bezieht ihre Nahrung aus Kummer und Ekstase,

An Gefahr und Schwierigkeit schärft sie ihre Kraft;

Sie suhlt sich mit dem Reptil und mit dem Wurm

Und erhebt ihr Haupt, ebenbürtig den Sternen;

Sie nimmt am Tanz der Elfen teil, speist mit dem Gnom:

Sie aalt sich in dem Licht und in der Wärme vieler Sonnen,

Die Sonne der Schönheit und die Sonne der Macht

Hegen und pflegen sie mit goldnen Strahlen;

Sie wächst dem Titan und dem Gott entgegen.

Auf Erden weilend trinkt sie zutiefst sich satt

Durch das Gleichnis ihres Vergnügens und ihres Schmerzes,

Der Trauben des Himmels und den Blumen des Abgrunds,

Der Flammenstiche und Folterkünste der Hölle

Und trüber Splitter der Glorie des Paradieses.

An den kleinen erbärmlichen Genüssen des Menschen Leben,

Seinen armseligen Leidenschaften und Freuden findet sie Geschmack,

Einen Geschmack an Tränen und Qualen gebrochener Herzen,

An der Krone aus Gold und an der Krone aus Dornen,

An des Lebens süßem Nektar und seinem bitteren Wein.

Alles Sein durchforscht sie nach unbekannter Seligkeit,

Sucht in jeglicher Erfahrung nach Neuem und Fremdem.

In die Tage des irdischen Geschöpfes bringt Leben

Eine Zunge der Glorie aus einer helleren Sphäre:

Sie vertieft sich in seinem Nachsinnen und seiner Kunst,

Sie springt auf in der Pracht eines vollkommenen Wortes,

Sie frohlockt in seinen hohen Beschlüssen und edlen Taten,

Wandelt in seinen Irrtümern, wagt sich zum Rande des Abgrunds,

Sie steigt in seinen Aufstiegen, wälzt sich in seinem Fall.

Seine Kammer teilen Engels- und Dämonenbräute,

Besitzer oder Mitbewerber um das Herz des Lebens.

Für den, der sich am kosmischen Schauplatz erfreut,

Sind seine Größe und seine Kleinheit gleich an Wert,

Sein Großmut und seine Niedertracht werfen ihre Farben

Auf irgend neutralen Hintergrund der Götter:

Er bewundert das Können des Künstlers, der dies alles plante.

Doch nicht für immer dauert dies gefährliche Spiel:

Jenseits der Erde, doch bestimmt für erlöste Erde,

Bereiten Weisheit und Freude ihre vollendete Krone vor;

Übermenschliche Wahrheit ruft denkenden Menschen.

Endlich wendet sich die Seele ewigen Dingen zu,

In jedem Schrein schreit sie nach der Umarmung Gottes.

Dann wird das krönende Mysterium aufgeführt,

Dann wird das lang ersehnte Wunder vollbracht.

Unsterbliche Seligkeit öffnet ihre großen himmlischen Augen

Den Sternen zu, sie rührt ihre mächtigen Glieder;

Zeit erbebt bei ihren sapphischen Liebesversen

Und Raum füllt sich mit einer weißen Glückseligkeit.

Überlassend dann das menschliche Herz seinem Leid,

Aufgebend Sprache und die namenbestimmten Reiche,

Durch ein schimmernd fernes Himmelsgewölbe wortlosen Denkens,

Durch bloße denkfreie Himmel absoluten Sehens,

Steigt sie empor zu den Gipfeln, wo die ungeborene Idee

Der Zukunft sich erinnert, die noch werden muss,

Herabschaut auf die Werke einer ringenden Kraft,

Unwandelbar über der Welt, die diese schuf.

In dem gewaltigen goldnen Lachen der Wahrheit Sonne

Schwebt wie ein großer Himmelsvogel auf einem reglosen Meer

Ihre beflügelte Inbrunst schöpferischer Freude

Über der stillen Tiefe des Friedens des Ewigen.

Dies war das Ziel, dies das himmlische Gesetz,

Das der Natur zugewiesene Werk, als durchtränkt von Schönheit

In trüben Nebelgewässern nichtbewussten Schlafes

Diese grandiose Schöpfung der Leere entstieg, –

Hierzu kam der Geist in den Abgrund

Und lud mit seiner Macht der Materie unkundige Kraft,

In der Nacht kahler Sitzung Licht zu erdomen,

In des Todes Reich Unsterblichkeit heimzubringen.

Langsam reift eine mystische Verklärung heran.

Unsere ganze Erde begann im Schlamm und endet im Himmel,

Und Liebe, die einst Begierde des Tieres war,

Süße Verrücktheit dann im verzückten Herz,

Eine innige Kameradschaft im freudvoll mentalen Geist,

Wird zu einem weiten Raum spirituellen Sehnens.

Eine einsame Seele lechzt nach dem Alleinigen,

Das Herz, das den Menschen liebte, entflammt in der Liebe zu Gott,

Ein Körper ist seine Kammer und sein Schrein.

Dann ist unser Sein aus dem Getrenntsein erlöst;

Alles ist es selbst, alles ist neugefühlt in Gott:

Ein Liebender, der sich da herabneigt aus der Pforte seines Klosters,

Sammelt die ganze Welt in seine einzige Brust.

Dann endet die Tätigkeit von Nacht und Tod:

Wenn Einheit gewonnen ist, wenn Streit vergangen ist

Und alles gewusst und alles von Liebe umfangen ist,

Wer würde zurückkehren zu Unwissenheit und Schmerz?

O Tod, ich habe über dich gesiegt im Innern;

Ich zittere nicht mehr unter dem Ansturm des Leides;

Eine mächtige Ruhe, die da wohnt tief im Innern,

Hat meinen Körper und meinen Sinn in Besitz genommen:

Sie ergreift das Leid der Welt und wandelt es zu Stärke,

Sie vereint die Freude der Welt mit der Freude Gottes.

Auf Gottes Ruhe thront meine ewige Liebe;

Denn Liebe muss über die Himmel sich erheben

Und da finden ihren geheim unsäglichen Sinn;

Sie muss ihre menschlichen Weisen in göttliche Weisen wandeln

Und doch ihre Souveränität irdischer Seligkeit bewahren.

O Tod, nicht für meines Herzens innige Glut

Noch meines glücklichen Körpers Wonne allein

Habe ich von dir den lebenden Satyavan gefordert,

Sondern für sein und mein Werk, unseren heiligen Auftrag.

Unsere Leben sind Gottes Boten unter den Sternen;

Um im Schatten des Todes zu weilen, sind sie gekommen,

Gottes Licht zur Erde lockend für die unwissende Menschenart,

Seine Liebe, um den Hohlraum im Herzen des Menschen zu füllen,

Seine Seligkeit, um das Elend der Welt zu heilen.

Denn ich, die Frau, bin die Kraft Gottes,

Er, die in den Menschen gesandte Seele des Ewigen.

Mein Wille ist größer als dein Gesetz, O Tod;

Meine Liebe ist stärker als die Bindungen des Schicksals:

Unsere Liebe ist das himmlische Siegel des Höchsten.

Dies Siegel schütze ich vor deiner brechenden Hand.

Liebe darf nicht zu leben aufhören auf Erden;

Denn Liebe ist das helle Bindeglied zwischen Erde und Himmel,

Liebe ist hier der Engel des fernen Transzendenten;

Liebe ist des Menschen Pfandrecht auf das Absolute.

Aber der Frau entgegnete Tod, der Gott,

Mit ironischem Lachen in seiner Stimme,

Entmutigend die Mühen der Sterne:

„Auch so betrügen Menschen die Wahrheit mit prächtigen Gedanken.

Den glorreichen Scharlatan, den Mentalen Geist, willst dingen du

Zu weben aus der spinnfädrigen Luft seines Ideals

Ein feines Gewand für deines Körpers nackte Begehren

Und deines Herzens klammernd gierige Leidenschaft zu kleiden?

Beschmiere nicht das Netz des Lebens mit magischen Farben:

Mache lieber dein Denken zu einem klaren und zuverlässigen Spiegel,

Der Materie und Sterblichkeit widerspiegelt,

Und erkenne deine Seele als ein Produkt des Fleisches,

Ein erfundenes Selbst in einer konstruierten Welt.

Deine Worte sind weitschweifiges Geraune in mystischem Traum.

Denn wie könnte im besudelten Menschenherz

Die makellose Erhabenheit deines traumerbauten Gottes wohnen,

Oder wer kann da ein Gesicht und eine Gestalt göttlicher Art sehen

In dem nackten zweibeinigen Wurm, den du Mensch nennst?

O menschliches Gesicht, mentalgemalte Masken leg ab:

Sei das Tier, der Wurm, den Natur vorgesehen hat;

Akzeptiere deine eitle Geburt, dein kleinliches Leben.

Denn Wahrheit ist nackt wie Stein und hart wie Tod;

Lebe nackt in der Nacktheit, hart mit der Wahrheit Härte.“

Doch Savitri entgegnete dem schauerlichen Gott:

„Ja, menschlich bin ich. Dennoch wird der Mensch durch mich,

Da in der Menschheit Gott seiner Stunde harrt,

Dich niedertrampeln, um die todlosen Höhen zu erstürmen,

Übersteigend Leid und Schmerz und Schicksal und Tod.

Ja, mein Menschsein ist eine Maske Gottes:

Er wohnt in mir, der Beweger meiner Taten,

Drehend das große Rad seines kosmischen Werks.

Ich bin der lebendige Körper seines Lichtes,

Ich bin das denkende Instrument seiner Macht,

Ich verkörpere Weisheit in einer irdischen Brust,

Ich bin sein siegreicher und untötbarer Wille.

Der formlose Geist nahm in mir seine Gestalt an;

In mir sind der Namenlose und der geheime Name.

Aus dem ungläubigen Dunkel erscholl des Todes Schrei:

„O Priesterin im Hause der Einbildungskraft,

Überzeuge erst die unwandelbaren Gesetze der Natur

Und mache das Unmögliche dir zum alltäglichen Werk.

Wie kannst du zwei ewige Feinde zur Heirat zwingen?

Unversöhnlich in ihrer Umarmung

Heben sie die Glorie ihrer reinen Extreme auf:

Eine unglückliche Ehe verstümmelt ihre verkümmerte Kraft.

Wie soll dein Wille das Wahre und das Falsche einen?

Wo Materie alles ist, dort ist Geist ein Traum:

Wenn alle der Geist sind, ist Materie eine Lüge,

Und wer war der Lügner, der das Universum schmiedete?

Das Wirkliche kann sich mit dem Unwirklichen nicht vermählen.

Wer Gott sich zuwenden will, muss die Welt verlassen;

Wer im Geist leben will, muss auf das Leben verzichten;

Wer dem Selbst begegnet ist, gibt sich selber auf.

Die Reisenden auf den Millionen Straßen des Mentals,

Die Dasein durchwandert haben bis an sein Ende,

Die Weisen, die des Weltozeans Weiten erkundeten,

Haben Auslöschung als den einzigen sicheren Hafen gefunden.

Nur zwei Türen hat der Mensch für sein Entrinnen,

Den Tod seines Körpers, der Materie Pforte zum Frieden,

Den Tod seiner Seele, seine letzte Glückseligkeit.

In mir nehmen alle Zuflucht, denn ich, Tod, bin Gott.“

Doch Savitri erwiderte dem mächtigen Tod:

„Mein Herz ist weiser als die Gedanken der Vernunft,

Mein Herz ist stärker als deine Fesseln, O Tod.

Es sieht und spürt das eine Herz in allem schlagen,

Es spürt die sonnengleichen Hände des hohen Transzendenten,

Es sieht den kosmischen Geist bei seinem Wirken;

In der düsteren Nacht liegt es allein mit Gott.

Meines Herzens Stärke kann das Leid des Universums tragen

Und niemals weichen von seiner leuchtenden Bahn,

Seinem weißen ungeheuren Orbit durch Gottes Frieden.

Austrinken kann es das Meer der Allwonne

Und nie verlieren die weiße spirituelle Berührung,

Die Ruhe, die tief im Unendlichen brütet.“

Er sagte: „Bist du wirklich so stark, O Herz,

O Seele, so frei? Und kannst du sammeln denn

Helle Freude von meinen blühenden Zweigen am Wegesrand

Und dennoch nicht vom Ziel deiner schweren Reise abweichen,

Der Welt Gefahren begegnen und niemals straucheln?

Zeige mir deine Stärke und Freiheit von meinen Gesetzen.“

Doch Savitri gab zur Antwort: „Ganz sicher werde ich

Inmitten der grünen und raunenden Wälder des Lebens

Innig nahe Freuden finden, mir zu eigen, weil sie seine sind,

Oder meine für ihn, denn unsere Freuden sind eins.

Und verweile ich, ist Zeit die unsrige und die Gottes,

Und falle ich, ist seine Hand nicht der meinen nah?

Alles ist ein einziger Plan; jede Tat am Wegesrand

Vertieft die Antwort der Seele, bringt das Ziel näher.“

Tod, das verachtende Nihil, antwortete ihr:

„So beweis den weisen Göttern deine absolute Kraft,

Indem du irdische Freuden wählst! Verlang für dich selbst

Und leb dennoch frei vom Selbst und seinen groben Masken.

Dann werde ich dir alles geben, was deine Seele begehrt,

All die flüchtigen Freuden, die Erde sterblichen Herzen gönnt.

Deinen liebsten Wunsch nur, der alles überwiegt,

Verwehren die harten Gesetze und dein ironisch Geschick.

Mein Wille, einmal verhängt, bleibt unwandelbar durch Zeit,

Und Satyavan kann niemals dein mehr sein.“

Aber Savitri erwiderte der vagen Macht:

„Wenn die Augen der Finsternis direkt auf Wahrheit blicken können,

Dann schau in mein Herz und, wissend was ich bin,

Gib was du willst oder was du musst, O Tod.

Ich fordere nichts als Satyavan allein.“

Stille trat ein, wie von ungewissen Geschicken.

Wie jemand, der an einem Punkte nachgibt, verächtlich noch,

So neigte Tod kalt zustimmend sein souveränes Haupt:

„Ich gebe dir, gerettet aus Tod und bitterem Geschick,

Was auch immer einst der lebende Satyavan

In seinem Herzen für Savitri wünschte.

Ich gebe dir helle Mittage und heile Morgen,

Töchter von deiner Gestalt an Herz und Verstand,

Lichte Heldensöhne und ungestörte Süße

Der Eintracht mit deinem Gatten, lieb und treu.

Und ernten sollst du in deinem freudvollen Haus

Glückseligkeit deiner umgebenen Abende.

Liebe soll durch dich viele versammelte Herzen binden.

Die gegensätzliche Süße in deinen Tagen soll dir begegnen

Als zarter Dienst für alles, was dein Leben wünscht,

Und als liebende Herrschaft über all deine Lieben,

Zwei Pole der Seligkeit vereint, O Savitri.

Zu deiner verlassenen Erde kehr um, O Kind.“

Doch Savitri erwiderte: „Versag deine Gaben dir.

Die Erde kann nicht erblühen, kehr ich allein zurück.“

Und wieder stieß Tod seinen zornigen Schrei aus,

Wie ein Löwe tobt, dem seine Beute entwischt:

„Was weißt du vom reichen und wechselvollen Leben der Erde,

Die du meinst, wenn ein Mann tot ist, müsste alle Freude enden?

Erwarte nicht, dass du bis ans Ende unglücklich bleibst:

Denn Kummer stirbt alsbald im müden Menschenherz;

Bald füllen andere Gäste die leeren Zimmer.

Ein vergängliches Gemälde auf eines Feiertags Boden,

Ward Liebe für des Augenblicks Schönheit gemacht.

Oder wenn sie auf der ewigen Fährte reist,

Wechseln fließend in ihrer Umarmung ihre Objekte

Wie Wellen für einen Schwimmer auf unendlicher See.“

Doch Savitri erwiderte dem vagen Gott:

„Gib mir Satyavan zurück, meinen einzigen Herrn.

Deine Gedanken sind ausdruckslos für meine Seele, die da fühlt

Die tiefe ewige Wahrheit in vergänglichen Dingen.“

Tod antwortete ihr: „Kehr um und prüf deine Seele!

Bald schon wirst du beruhigt entdecken, dass andere Männer

Auf üppiger Erde Schönheit, Kraft und Wahrheit haben,

Und hast du halb vergessen, wird einer von ihnen

Sich um dein Herz ranken, das da nötig hat

An deiner Brust ein antwortend menschlich Herz;

Denn welch sterblich Wesen vermag froh allein zu leben?

Dann wird Satyavan in die Vergangenheit gleiten,

Eine leise Erinnerung, von dir hinweggestoßen

Durch neue Liebe und deiner Kinder zarte Hände,

Bis du verwundert fragst, ob du wirklich geliebt hast.

So ist das Leben, das der Erde Mühsal gebar,

Ein ständiger Strom, der nie der gleiche ist.“

Doch dem mächtigen Tod erwiderte Savitri:

„O dunkler ironischer Kritiker von Gottes Werk,

Du verhöhnst die stolpernde Suche von Mental und Körper

Nach dem, was das Herz in einer Prophetenstunde hält

Und was der unsterbliche Geist sich zu eigen machen wird.

Mein ist ein Herz, das angebetet hat, obwohl verlassen,

Das Bild des Gottes, den es liebend verehrt;

Ich stand in Flammen, seinen Schritten zu folgen.

Sind wir es nicht, die unermessliche Einsamkeit ertrugen

Als wir auf den Höhen saßen allein mit Gott?

Warum streitest du, O Tod, vergeblich mit mir,

Einem Mental, von allen zwielichtigen Gedanken frei,

Dem die Geheimnisse der Götter offen liegen?

Denn jetzt endlich weiß ich es ohne jeden Zweifel,

Die großen Gestirne brennen mit meinem unablässigen Feuer

Und Leben und Tod dienen ihm als Brennstoff.

Das Leben war nur mein blinder Versuch zu lieben:

Die Erde sah meinen Kampf, der Himmel meinen Sieg;

Alles wird erfasst, transzendiert; es werden sich küssen

und ihre Schleier vor dem Hochzeitsfeuer ablegen

Der ewige Bräutigam und die ewige Braut.

Die Himmel nehmen letztlich unsere gebrochenen Flüge auf.

Am Bug unseres Lebens, der die Wogen der Zeit durchbricht,

Hat kein Signallicht der Hoffnung umsonst gestrahlt.“

So sprach sie; die grenzenlosen Glieder des Gottes

Wie von geheimer Ekstase befallen

Erschauderten still so wie im Dunkeln bewegte

Und dem Mond überlassene trübe Gefilde des Meeres.

Dann, wie von plötzlichem Winde emporgehoben

Rings um sie in dieser vagen und schimmernden Welt,

Erzitterte das Zwielicht wie ein zerreißender Schleier.

So stritten die großen Gegner mit bewehrter Rede.

Um jene Geister in dem funkelnden Nebel

Floh ein sich vertiefendes Halblicht mit perlweißen Schwingen

Als wollte es einen fernen idealen Morgen erreichen.

Klar umrissen flogen ihre Gedanken durch den schimmernden Dunst,

Sich hellgefitticht vermischend mit seinen Lichtern und Schleiern,

Und all ihre Worte wurden schillernden Juwelen gleich

In das Glühen einer mysteriösen Welt geholt,

Oder trickreich in das Regenbogenfarbspiel gemischt,

Verschwammen wie Echos sie in fernem Klang.

Dort wird alle Äußerung und alle Stimmung

Ein unbeständiges Gewebe, genäht vom mentalen Geist

Für schöner Veränderung hauchzartes Gewand.

Gesammelt in ihrem schweigenden Willen wandelte sie

Auf dem trüben Gras von vagen unwirklichen Ebenen,

Ein schwebender Schleier von Visionen vor ihr,

Eine nachziehende Robe von Träumen hinterher.

Doch ihres Geistes Flamme von bewusster Kraft

Zog nun von fruchtloser Süße sich zurück,

Rief ihre Gedanken ab vom Sprechen, um im Innern zu sitzen

In einem tiefen Raum im Hause der Meditation.

Denn nur dort konnte die feste Wahrheit der Seele wohnen:

Unvergänglich, eine Zunge des Opfers,

Sie flammte unauslöschlich auf dem zentralen Herd,

Wo für den hohen Hausherrn und seine Gefährtin

Das Wacht- und Zeugenfeuer der Heimstatt brennt,

Davon die Altäre der Götter entfacht werden.

Noch trieben alle gezwungenermaßen gleitend unverändert voran,

Noch war die Ordnung jener Welten verkehrt:

Die Sterbliche führte, der Gott und der Geist gehorchten,

Und sie als des Marsches Führerin wallte hinter ihnen

Und die Gefolgsleute ihres Willens waren jene vor ihr.

Vorwärts zogen sie durch die treibenden Wege,

Vage begleitet von den schimmernden Nebeln.

Doch schneller floh nun alles, als wär es aufgeschreckt,

Flüchtend vor der Klarheit ihrer Seele.

Ein Himmelsvogel auf juwelenbestückten Schwingen des Windes,

Schwebend wie ein buntes und umhegtes Feuer,

Von Geistwesen getragen in einer perlfarbenen Grotte,

So zog ihre Seele weiter durch verzauberten Dämmerschein.

Der Tod schritt vor ihr und Satyavan,

Im Dunkel vor dem Tod, ein verblassender Stern.

Die ungesehene Waage seines Schicksals war da oben.

Ende des dritten Cantos

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