Siebtes Buch

Das Buch vom Yoga

Fünfter Canto

Das Finden der Seele

Weiter ging sie, suchend die mystische Höhle der Seele.

Zuerst trat sie in eine Nacht Gottes ein.

Das Licht, das der mühenden Welt hilft, war erloschen,

Die Kraft, die in unserem Leben kämpft und strauchelt;

Der unfähige Verstand gab seine Gedanken auf,

Das strebende Herz seine vergeblichen Hoffnungen.

Alles Wissen versagte und jegliche Form der Idee

Und Weisheit hüllte ihr demütiges Haupt in Ehrfurcht ein,

Eine Wahrheit spürend, zu groß für Denken oder Sprache,

Gestaltlos, unbeschreibbar, auf ewig die gleiche.

Eine unschuldige und heilige Unwissenheit

Verehrte wie jemand, der huldigt formlosem Gott,

Das ungesehene Licht, das sie weder fordern noch besitzen konnte.

In einer einfachen Lauterkeit des Leerseins

Kniete ihr mentaler Geist vor dem Unerkennbaren nieder.

Alles war ausgemerzt außer ihrem nackten Selbst

Und die demütige Sehnsucht ihres hingegebenen Herzens:

In ihr war keine Stärke mehr, kein Stolz einer Kraft;

Das lodernde Brennen des Begehrens war gesunken

In Scham, eine Nichtigkeit des gesonderten Selbstes,

Die Hoffnung auf spirituelle Größe war entflohen,

Weder um Erlösung noch um eine himmlische Krone bat sie:

Demut gar schien nun ein zu stolzer Stand.

Ihr Selbst war nichts mehr, Gott allein war alles,

Doch Gott kannte sie nicht, sie wusste nur, er war.

Eine heilige Dunkelheit brütete jetzt im Innern,

Die Welt war eine tiefe Finsternis, riesig und nackt.

Diese Leere enthielt mehr als all die strotzenden Welten,

Dieses Ausdruckslose fühlte mehr als alles von der Zeit Geborene,

Dies Dunkle wusste sprachlos, ungemein um das Unbekannte.

Doch alles war formlos, stimmlos, unendlich.

Wie ein Schatten wandeln mag an einem schattigen Ort,

Ein kleines Nichts, das durch ein mächtigeres Nichts zieht,

Eine Nacht der Person, durchquerend als bloßer Umriss

Eine bodenlose unpersönliche Nacht,

So bewegte sie sich schweigend weiter, leer und unbedingt.

In endloser Zeit erreichte ihre Seele ein weites Ende,

Das raumlos Weite wurde der Ort ihres Geistes.

Schließlich nahte eine Wandlung, die Leere zerbrach;

Eine Welle kräuselte im Innern, die Welt hatte sich geregt;

Noch einmal wurde ihr inneres Selbst zu ihrem Raum.

Zu spüren war dort eine beglückende Nähe zum Ziel;

Tief neigte sich der Himmel, den heiligen Hügel zu küssen,

Vor Leidenschaft und Wonne bebte die Luft.

Eine Rose der Herrlichkeit an einem Baum von Träumen,

So erschien das Antlitz der Morgenröte aus mondiger Dämmerung.

Tag kam, Priester eines Opferdienstes der Freude,

In das anbetungsvolle Schweigen ihrer Welt;

Er trug als sein Gewand unsterblichen Glanz,

Zog den Himmel hinter sich wie eine purpurfarbene Schleppe

Und Trug als sein zinnoberrotes Kastenzeichen eine rote Sonne.

Als wär` ein alter erinnerter Traum wahr geworden,

Erkannte sie wieder in ihrem prophetischen mentalen Geist

Den unvergänglichen Glanz jenes Firmaments,

Die zitternde Süße jener glücklichen Luft

Und, verborgen vor des Mentals Blick und des Lebens Zutritt,

Die mystische Höhle in dem heiligen Hügel

Wo sie ihre geheime Seele zu Hause wusste.

Wie in einer elysischen okkulten Tiefe,

Der Wahrheit letzte Zuflucht vor des Denkens entweihender Berührung,

Wie in eines Felsentempels Einsamkeit verborgen,

Gottes Zuflucht vor einer unverständig verehrenden Welt,

Lag sie da, sogar dem inneren Lebenssinn entzogen,

Sich bergend vor des verstrickten Herzens Begier.

Ein zauberhaftes besinnliches Zwielicht traf die Augen

Und eine heilige Stille erfüllte jenen stimmlosen Raum.

Eine ehrfurchtsvolle Düsterkeit umgab die großen Felsentore,

Gemeißelt in den massiven Stein der Materie Trance.

Zwei goldne Schlangen schlängelten sich um den Türsturz,

Ihn umhüllend mit ihrer reinen und furchtbaren Stärke,

Um sich blickend mit der Weisheit tiefen und leuchtenden Augen.

Ein Adler überdeckte ihn mit weiten siegreichen Schwingen:

Als Flammen einer selbstvergessenen bewegungslosen Träumerei

Bevölkerten Tauben die grauen sinnenden Simse

Wie gemeißelte Figuren eines weißbrüstigen Friedens.

Über der Schwelle Schlaf trat sie ein

Und fand sich inmitten großer Götterfiguren,

Im Stein bewusst und lebendig ohne Atem,

Betrachtend mit festem Blick die Seele des Menschen,

Vollziehende Gestalten des kosmischen Selbstes,

Weltsymbole von unumstößlicher Wirkensmacht.

Von den Wänden, bedeckt mit markanten Formen,

Sah herab auf sie die Lebensbühne von Mensch und Tier

Und die hohe Bedeutsamkeit des Lebens der Götter,

Die Macht und die Notwendigkeit dieser zahllosen Welten,

Und Gesichter von Wesen und Strecken von Weltraum

Sprachen die bündige und unerschöpfliche

Hieratische Botschaft der aufsteigenden Ebenen.

In deren Unermesslichkeit, die Unendlichkeit bezeichnet,

Waren sie die Ausdehnung von Gottes Selbst

Und beherbergten, teilnahmslos alles empfangend,

All seine Figuren und seine kleinen und mächtigen Taten

Und seine Leidenschaft und seine Geburt und sein Leben und Tod

Und seine Rückkehr zur Unsterblichkeit.

Zum Bleibenden und Ewigen steigen sie,

Zum reinen Dasein, das überall dasselbe ist,

Zum puren Bewusstsein und zur absoluten Kraft

Und zur unvorstellbaren und formlosen Glückseligkeit,

Zum Frohsinn in der Zeit und zum zeitlosen Mysterium

Des Dreieinigen, der alles und eines ist

Und doch niemand ist als er selbst für sich.

Dort war kein Schritt atmender Menschen, kein Laut,

Nur die lebendige Nähe der Seele.

Doch all die Welten und Gott selbst waren da,

Denn jedes Symbol war eine Wirklichkeit

Und brachte die Gegenwart, von der es stammte.

Dies alles sah sie und wusste und spürte es zutiefst

Nicht durch irgendein Denken des Mentals sondern durch das Selbst.

Ein Licht, nicht geboren aus Sonne oder Mond oder Feuer,

Ein Licht, das im Innern wohnte und im Innern sah,

Verbreitend ringsum eine vertraute Sichtbarkeit,

Machte Geheimnisvolles offenkundiger als das Wort:

Unser Sehen und Empfinden ist ein fehlbarer Blick und Tastsinn

Und nur des Geistes Vision ist völlig wahr.

Als sie weiterging an diesem geheimnisvollen Ort

Durch Raum um Raum, durch Tor um Felsentor,

Da fühlte sie sich eins werden mit allem, was sie sah.

Eine versiegelte Wesenseinheit erwachte in ihr;

Sie erkannte sich als die Geliebte des Erhabenen:

Diese Götter und Göttinnen waren er und sie:

Die Mutter war sie von Schönheit und Wonne,

Das Wort in Brahmas weiter schöpferischer Umarmung,

Die Weltgewalt im Schoße des allmächtigen Shiva, –

Der Meister und die Mutter aller Leben,

Betrachtend die Welten, die ihr Zwillingsblick erschaffen hatte,

Und Krishna und Radha auf ewig umschlungen in Glückseligkeit,

Anbeter und Angebetete selbstvergessen und eins.

Im letzten Gemach auf einem goldnen Sitz

Saß Jemand, dessen Gestalt kein Schauen erfassen konnte;

Man spürte nur der Welt unerreichbaren Quell,

Eine Macht, von der eine umherschweifende Kraft sie war,

Eine unsichtbare Schönheit, Ziel der Welt Begier,

Eine Sonne, von der alles Wissen ein Strahl ist,

Eine Größe, ohne die kein Leben wäre.

Von da an verschwand alles in das schweigende Selbst,

Und alles wurde formlos und rein und nackt.

Dann durch einen Tunnel, gehauen in den letzten Felsen,

Kam sie heraus, wo eine todlose Sonne schien.

Dort war ein Haus, ganz aus Flamme und Licht,

Und tretend durch eine Wand von torlos lebendigem Feuer

Traf dort sie unversehens ihre geheime Seele.

Unsterblich im Vergänglichen stand ein Wesen,

Todlos tändelnd mit vorübergehenden Dingen,

In dessen weiten Augen ruhigen Glücks,

Das Mitleid und Sorge nicht trüben konnten,

Richtete Unendlichkeit ihren Blick auf endliche Formen hin:

Beobachterin des schweigenden Schrittes der Stunden,

Hielt Ewigkeit die Taten der Minuten aufrecht

Und die vorüberziehenden Szenen des Ewigbleibenden Spiel.

In dem Mysterium seines wählenden Willens,

In der Göttlichen Komödie eine Mitwirkende,

Des Geistes bewusste Bevollmächtigte,

Gottes Abgesandte in unsere Menschheit,

Gefährtin des Universums, Strahl des Transzendenten,

War sie in den Raum des sterblichen Körpers gekommen,

Um mit Zeit und Umstand Ball zu spielen.

Eine Freude an der Welt ihre Hauptregung hier,

Die Leidenschaft am Spiel ließ ihre Augen leuchten:

Ein Lächeln auf ihren Lippen begrüßte Glück und Leid der Erde,

Ein Lachen war Antwort auf Frohlocken und Schmerz.

Als Maskerade der Wahrheit sah sie alles,

Verkleidet in den Kostümen der Unwissenheit,

Durchschreitend die Jahre hin zur Unsterblichkeit;

Allem konnte sie mit dem Frieden des starken Geistes begegnen.

Doch da sie die Mühsal des Mentals und Lebens kennt

Wie eine Mutter das Leben ihrer Kinder fühlt und teilt,

Bringt sie einen kleinen Teil ihrer selbst hervor,

Ein Wesen, nicht größer als der Daumen eines Menschen,

In eine verborgene Region des Herzens,

Um der Qual zu trotzen und die Seligkeit zu vergessen,

Um das Leiden zu teilen und die Wunden der Erde zu erdulden

Und sich inmitten der Mühen der Gestirne zu mühen.

Dies lacht und weint in uns, erleidet den Schlag,

Frohlockt im Sieg, kämpft um die Krone;

Wesensgeeint mit dem Mental und Körper und Leben

Nimmt es auf sich deren Angst und Niederlage,

Blutet von des Schicksals Geißeln und hängt am Kreuz,

Und ist doch das unversehrte und unsterbliche Selbst,

Das den Akteur auf der Menschenbühne unterstützt.

Durch dies schickt sie uns ihre Glorie und ihre Mächte,

Drängt zu der Weisheit Höhen, durch des Elends Abgründe;

Sie gibt uns die Kraft, unser täglich Werk zu tun,

Und Mitgefühl, das den Kummer anderer teilt,

Und das bisschen Stärke, womit wir unserer Art zu helfen vermögen,

Wir, die spielen müssen die Rolle des Universums,

Die sich aufführt in einer schwachen menschlichen Gestalt,

Und auf unseren Schultern die ringende Welt zu tragen haben.

Dies ist in uns die Gottheit, klein und entstellt;

In diesen menschlichen Teil des Göttlichen

Setzt sie die Größe der Seele in der Zeit,

Um emporzuheben von Licht zu Licht, von Macht zu Macht,

Bis diese als ein König auf himmlischem Gipfel steht.

Im Körper schwach, im Herzen eine unbesiegbare Macht,

Steigt stolpernd sie aufwärts, gehalten von einer ungesehenen Hand,

Ein mühsam ringender Geist in einer sterblichen Gestalt.

Hier in dieser Kammer von Flammen und Licht trafen sie sich;

Sie blickten einander an, erkannten sich,

Die geheime Gottheit und ihr menschlicher Teil,

Die stille unsterbliche und die kämpfende Seele.

Dann mit der Rasanz einer magischen Umwandlung

Stürzten sie ineinander und wurden eins.

Und wieder war sie menschlich auf irdischem Grund

In der murmelnden Nacht inmitten der regengepeitschten Wälder

In der rauen Hütte, wo sie da saß in Trance:

Jene subtile Welt zog sich tief ins Innere zurück

Hinter den Sonnenschleier der inneren Sicht.

Doch jetzt war die halbgeöffnete Lotusknospe ihres Herzens

Erblüht und für den irdischen Strahl aufgetan;

In einem Bild erstrahlte geoffenbart ihre geheime Seele.

Es gab keine Wand, scheidend Seele und Mental,

Keinen mystischen Wall, schützend vor den Ansprüchen des Lebens.

In seinem tiefen Lotusheim saß ihr Wesen

Wie auf dem Marmorsitz der Konzentration

Und rief die mächtige Mutter der Welten an,

Dies Erdgehäuse zu ihrer Wohnstatt zu machen.

Wie in einem Blitz aus einem himmlischen Licht,

Ein lebendiges Abbild der ursprünglichen Macht,

Kam ein Gesicht, eine Gestalt in ihr Herz herab

Und machte daraus seinen Tempel und reinen Aufenthalt.

Doch als seine Füße die bebende Blüte berührten,

Da erschütterte eine gewaltige Bewegung den inneren Raum

Als würde eine Welt erbeben und ihre Seele finden:

Aus des Nichtbewussten seelenlos mentalloser Nacht

Erhob eine lodernde Schlange sich, befreit vom Schlaf.

Wogend ihre Windungen erhob sie sich, stand aufgerichtet,

Und machtvoll aufsteigend, stürmisch auf ihrem Weg

Berührte sie ihre Zentren mit flammendem Mund;

Als hätte ein feuriger Kuss deren Schlaf unterbrochen

Erblühten sie und lachten, übervoll von Licht und Seligkeit.

Am Scheitel dann stieß sie in den Raum des Ewigen.

In der Blüte des Hauptes, in der Blüte der Materie Grund,

In jedem göttlichen Bollwerk und Naturknoten

Hielt sie den mystischen Strom zusammen, der eint

Die sichtlosen Gipfel mit den ungesehenen Tiefen,

Die Festungskette, die die schwache Verteidigungslinie bildet

Und gegen die gewaltige Welt uns schützt,

Unsere Linien des Selbstausdrucks in ihrer Weite.

Ein Abbild der ursprünglichen Macht thronte da

Mit der mächtigen Mutter Antlitz und Gestalt.

Gerüstet, Trägerin der Waffe und des Zeichens,

Deren okkulte Macht kein Zauber nachzuahmen vermag,

Saß vielgestaltig und doch eins sie da, eine Hüterkraft:

Eine Rettergeste streckte ihren erhobenen Arm aus,

Und Symbol irgendeiner kosmischen Urkraft,

Lag ausgestreckt zu ihren Füßen ein heilig Tier,

Eine schweigend flammenäugige Masse von lebendiger Kraft.

Alles machte eine hohe himmlische Wandlung durch:

Brechend des schwarzen Nichtbewussten blind stummen Wall,

Entfernend die Ringe der Unwissenheit,

Stürmten Mächte und Gottheiten flammend hervor;

Jeder Teil des Wesens, zitternd vor Entzücken,

Lag überwältigt von Fluten des Glückes

Und sah ihre Hand in jeglichem Umstand

Und spürte ihre Berührung in jedem Körperteil und jeder Zelle.

In das Land des Lotus des Hauptes,

Das denkendes Mental zu seinem emsigen Raum erkoren hat,

In das Schloss des Lotus zwischen den Augenbrauen,

Von wo aus es die Pfeile seines Sehens und Wollens schießt,

In den Durchgang des Lotus der Kehle,

Wo Rede aufsteigen muss und die Äußerung mentalen Geistes

Und die Impulse des Herzens zu Wort und Tat eilen,

Kam eine freudige Erhebung und ein neues Wirken hinein.

Des Unsterblichen Betrachtungen verdrängten unsere begrenzte Sicht,

Des Unsterblichen Gedankengänge der Erde triste Idee und Ansicht;

Alle Dinge trugen jetzt einen tieferen himmlischeren Sinn.

Eine frohe klare Harmonie markierte den Umriss deren Wahrheit,

Erneuerte Gleichgewicht und Maße der Welt.

Jede Form zeigte ihren geheimen Plan, enthüllte

Gottes Absicht in ihr, für die sie geschaffen war,

Und die lebendige Pracht seines Künstlergedankens.

Ein Kanal der mächtigen Mutter Wahl,

Nahm der Wille des Unsterblichen unter seine ruhige Kontrolle

Unsere blinde oder irrende Regierung des Lebens;

Einst eine lose Republik von Wünschen und Bedürfnissen,

Sich beugend dann dem wankelmütigen Landesherrn Mental,

Gehorchte das Leben nun einem göttlicheren Herrscher

Und jede Handlung wurde eine Handlung Gottes.

Im Königreich des Lotus des Herzens

Schuf Liebe, singend ihre reine Hochzeitshymne,

Leben und Körper zu Spiegeln heiliger Freude

Und alle Emotionen gaben sich Gott.

In den weiten kaiserlichen Bereich des Nabellotus

Waren seine stolzen Ambitionen und seine Herrschergelüste

Zu Werkzeugen einer großartig ruhigen Herrschaft gebändigt,

Um auf irdischem Boden ein Werk Gottes zu tun.

In den kleinen Teilen des engen niederen Zentrums

War sein kindlicher Wettstreit alltäglicher Zwergbegierden

In ein süßes und ausgelassenes Spiel verwandelt,

Ein Tollen kleiner Götter mit Leben in der Zeit.

An dem tiefen Ort, wo einst die Schlange schlief,

Kam ein Griff nach der Materie Riesenkräften

Für große Energieversorgung im kleinen Lebensbezirk;

Gelegt war ein fester Grund für des Himmels herabkommende Macht.

Hinter allem regierte ihre souveräne todlose Seele:

Ihren Schleier der Unwissenheit abwerfend,

Verbündet mit Göttern und kosmischen Wesen und Mächten,

Schuf sie die Harmonie ihres menschlichen Zustandes;

Überantwortet in die Hände der großen Weltmutter

Folgte sie einzig deren oberstem Gebot

In dem Rätsel von des Nichtbewussten Welt.

Ein geheimes Seelenwesen dahinter, das alles unterstützt,

Ist Herr und Zeuge unseres unwissenden Lebens,

Billigt den Blick der Person und die Rolle der Natur.

Doch werden die verborgenen Portale einmal aufgestoßen,

Dann tritt vor die Natur der verhüllte König hin;

Ein Licht kommt in die Unwissenheit herab,

Ihr schwerer schmerzhafter Knoten lockert ihren Griff:

Das Mental wird ein gemeistertes Instrument

Und das Leben eine Farbe und Gestalt der Seele.

Alles wächst glücklich zum Wissen und zur Seligkeit hin.

Eine göttliche Allmacht nimmt dann den Platz der Natur hier ein

Und treibt die Bewegungen unseres Körpers und Mentals an;

Besitzerin unserer leidenschaftlichen Hoffnungen und Träume,

Die geliebte Herrscherin unserer Gedanken und Taten,

Strömt sie in uns mit ihrer ungebundenen Kraft,

Des Unsterblichen Rausch und Macht in sterbliche Glieder.

Ein inneres Gesetz der Schönheit formt unsere Leben;

Zur natürlichen Rede der Wahrheit werden unsere Worte,

Jeder Gedanke ist ein Kräuseln auf einem Meer von Licht.

Dann verlassen Sünde und Tugend die kosmischen Verzeichnisse;

Sie kämpfen nicht mehr in unseren befreiten Herzen:

Unsere Taten stimmen mit Gottes einfach natürlichen Gutem überein

Oder dienen dem Gesetz eines himmlischen Rechts.

Alle unliebsamen Launen, böse und unwahr,

Geben im wilden Durcheinander ihre Stellung auf

Und verbergen ihre Schmach in des Unterbewussten Dämmerung.

Dann erhebt der mentale Geist einen Siegesschrei:

„O Seele, meine Seele, wir haben Himmel erschaffen,

Im Innern haben wir das Königreich Gottes hier gefunden,

Seine Festung erbaut in einer laut unwissenden Welt.

Unser Leben ist zwischen zwei Flüssen des Lichtes verschanzt,

Wir haben den Raum in eine Schlucht des Friedens gewandelt

Und den Körper zu einem Kapitol der Glückseligkeit gemacht.

Was noch, was noch, wenn noch mehr getan werden muss?“

In dem langsamen Prozess des evolvierenden Geistes,

In der kurzen Spanne zwischen einem Tod und einer Geburt

Ist endlich eine erste Stufe der Vollkommenheit erreicht;

Aus dem Holz und Stein des Stoffes unserer Natur

Ist ein Tempel geformt, wo die hohen Götter leben könnten.

Wird auch die ringende Welt außen vor gelassen,

Kann doch eines einzigen Menschen Vollendung die Welt erretten.

Gewonnen ist eine neue Nähe zu den Himmelsgewölben,

Ein erstes Verlöbnis zwischen der Erde und dem Himmel,

Ein tiefes Konkordat zwischen Wahrheit und Leben:

Ein Lager Gottes ist aufgeschlagen in menschlicher Zeit.

Ende des fünften Cantos

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