Zweites Buch

Das Buch vom Weltenwanderer

Zehnter Canto

Die Königreiche und Gottheiten des kleinen Mentals

Auch dies musste nun überschritten und zurückgelassen werden,

Wie das bei allem sein muss, bis das Höchste erlangt ist,

In dem die Welt und das Selbst wahr und eins werden:

Solange Das nicht erreicht ist, kann unsere Reise nicht enden.

Stets lockt weiter weg ein namenloses Ziel,

Stets steigt der Zickzack-Kurs der Götter hinauf

Und aufwärts weist des Geistes klimmend Feuer.

Dieser Atem einer hundertfarbenen Glückseligkeit

Und seine reine erhöhte Gestalt der Freude der Zeit,

Hin- und hergeschleudert auf den Wellen ungetrübten Frohsinns,

Gehämmert in einzelne Schläge von Ekstase,

Dieser Bruchteil der Ganzheit des Geistes,

In einer leidenschaftlichen Größe von Extremen gefasst,

Dies begrenzte Wesen, erhoben in den Zenit der Seligkeit,

Beglückt von einer einzigen Berührung erhabener Dinge,

Packte in seine versiegelte kleine Unendlichkeit,

Seine endlose zeitgeschaffene Welt, die der Zeit trotzt,

Ein Weniges von Gottes enormer Freude.

Die Momente dehnten sich gen ewiges Jetzt,

Die Stunden entdeckten Unsterblichkeit,

Doch, zufrieden mit ihrem erhabenen Gehalt,

Hielten sie inne auf Gipfeln, deren Spitzen halbwegs zum Himmel

Auf eine Höhe deuteten, die sie nie ersteigen konnten,

Auf eine Herrlichkeit, in deren Luft sie niemals leben konnten.

Einladend in ihre hohe und auserlesene Sphäre,

Zu ihren sicheren und feinen Extremen,

Dies Geschöpf, das seine Grenzen liebkost, um sich sicher zu fühlen,

Verwarfen diese Höhen den Ruf zu einem größeren Abenteuer.

Eine Herrlichkeit und Süße von befriedigtem Begehren

Banden den Geist an goldne Pfosten der Seligkeit.

Es vermochte nicht die Weite einer Seele aufzunehmen,

Die als ihr Heim die ganze Unendlichkeit benötigte.

Eine Erinnerung, sanft wie Gras und leise wie Schlaf,

Die Schönheit und der Ruf, sich zurückziehend, versanken dahinter

Wie ein lieblicher Gesang, der in der Ferne verstummt

Auf der langen hohen Straße hin zur Zeitlosigkeit.

Darüber lag eine glühend weiße Ruhe.

Ein sinnender Geist schaute auf die Welten hinaus,

Und gleich einem leuchtenden Emporranken von Himmeln,

Durch Klarheit kletternd einem ungesehenen Licht entgegen,

Schienen aus der Stille große strahlende Reiche des Mentals.

Doch zuerst traf er auf eine silbergraue weite Ebene,

Wo Tag und Nacht vermählt und eins geworden waren:

Diese war ein Trakt aus schummrigen und wechselnden Strahlen,

Trennend des Lebens empfindenden Strom von des Denkens Eigenart.

Eine Koalition von Ungewissheiten

Übte dort eine unsichere Regierung auf einem Boden aus,

Vorbehalten dem Zweifel und der logisch folgernden Mutmaßung,

Ein Stelldichein von Wissen und Unwissenheit.

An ihrer unteren Außengrenze regierte unter Mühen

Ein mentaler Geist, der kaum etwas sah und nur langsam fand;

Seine Wesensart unserer irdischen Art sehr nah

Und mit unserem unsicheren sterblichen Denken verwandt,

Das vom Erdboden zum Himmel, vom Himmel zum Erdboden blickt,

Doch weder das Untere noch das Obere kennt,

Empfand er sich selbst und äußere Dinge nur.

Dies war das erste Mittel unseres langsamen Aufstiegs

Aus der Halbbewusstheit der animalischen Seele,

Lebend unter einem massiven Druck von Form-Ereignissen

In einem Reiche, das er weder verstehen noch verändern kann;

Er sieht und handelt nur in einer gegebenen Situation

Und fühlt, freut sich und trauert für eine Weile.

Die Ideen, die den obskuren verkörperten Geist antreiben

Entlang der Straßen des Leidens und Verlangens

In einer Welt, die um die Entdeckung der Wahrheit ringt,

Fanden hier ihre Daseinskraft und Naturkraft.

Entworfen werden hier die Formen eines unwissenden Lebens,

Das die empirische Tatsache als geltendes Recht ansieht,

Für die Stunde wirkt und nicht für Ewigkeit

Und seinen Gewinn für die Forderung des Augenblicks verschachert:

Das langsame Verfahren eines stofflichen Mentals,

Das dem Körper dient, den es beherrschen und verwenden sollte,

Und das sich auf einen irrenden Sinn stützen muss,

Ward geboren in jener leuchtenden Obskurität.

Sich vorwärtsschleppend nach einem hinkenden Start,

Abstützend Argumente auf der Krücke der Hypothese,

Theorien auf den Thron der Gewissheit setzend,

Schließt es vom Halbbekannten aufs Unbekannte,

Stets sein instabiles Denkgebäude konstruierend,

Stets das Netz zertrennend, das es gesponnen hat.

Ein zwielichtiger Weiser, dessen Schatten als sein Selbst erscheint,

Lebt von Minute zu nächster flüchtigen Minute fort;

Ein König, abhängig von seinen Gefolgsleuten,

Unterzeichnet die Erlasse unkundiger Minister,

Ein Richter im Halbbesitz seiner Beweise,

Eine lautstarke Stimme der Ungewissheit Postulate,

Ein Architekt des Wissens, nicht sein Quell.

Dieser mächtige Sklave seiner Instrumente

Hält seinen niederen Standort für den höchsten Gipfel der Natur,

Seinen Anteil an geschaffenen Dingen vergessen

Und hochmütig bescheiden in seinem eigenen Dünkel,

Wähnt er sich selbst als Ausgeburt des Schlammes der Materie

Und hält die eigenen Schöpfungen für seinen Ursprung.

Bestimmt in das ewige Licht und Wissen aufzusteigen,

Strebt unser Anstieg aus kargem Menschenbeginn;

Aus schwerer Kleinheit der Erde müssen wir brechen,

Wir müssen unsere Wesensart mit spirituellem Feuer ergründen:

Ein Insekten-Gekrieche kündigt unseren glorreichen Flug an;

Unser menschlicher Zustand ist Wiege des künftigen Gottes,

Unsere sterbliche Schwachheit birgt unsterbliche Kraft.

Auf der Glühwurmspitze dieser blassen Schimmerreiche,

Wo Morgengrauen herumtollte mit heimischer Abenddämmerung

Und dem Tag wachsen und der Nacht schwinden half,

Entkommend über eine weite und schimmernde Brücke,

Gelangte er in ein Reich von frühem Licht

Und in das Hoheitsgebiet einer halb aufgegangenen Sonne.

Aus ihren Strahlen ward der volle Orbis unseres Mentals geboren.

Vom Geist der Welten dazu berufen,

Bei den dumpfen Tiefen Mittler zu sein,

Mühte sich unentwegt eine prototypische geschickte Intelligenz,

Halb ausgewogen auf gleichlangen Flügeln von Denken und Zweifel,

Zwischen des Daseins verborgenen Enden.

Eine Heimlichkeit atmete im treibenden Tun des Lebens;

Als versteckte Amme der Mirakel der Natur

Hat sie des Lebens Wunder aus der Materie Schlamm gebildet:

Sie schnitt die Muster für die Formen der Dinge,

Sie schlug in der vagen ignoranten Weite das Zelt des Mentals auf.

Ein Zaubermeister von Maß und Kunstfertigkeit

Hat aus wiederkehrenden Formen eine Ewigkeit erschaffen

Und wies dem schweifenden Beobachter Denken

Einen Platz auf der bewusstlosen Bühne an.

Auf Erden hat sich durch den Willen dieser Erzintelligenz

Eine körperlose Energie die Robe der Materie angelegt;

Proton und Photon dienten dem Bildmacher Auge

Feinartige Dinge in eine physische Welt zu wandeln

Und das Unsichtbare erschien als Gestalt

Und das Ungreifbare wurde als Masse empfunden:

Magie der Wahrnehmung verband sich mit der Kunst des Konzepts

Und verlieh jedem Objekt einen deutenden Namen:

Idee ward gehüllt in eines Körpers Kunstwerk

Und durch das Mysterium eines seltsamen atomaren Gesetzes

Ward ein Rahmen hergestellt, worin der Sinn

Sein Symbolbild des Universums einfassen konnte.

Sogar ein noch größeres Wunder ward vollbracht.

Das vermittelnde Licht verknüpfte die Macht des Körpers,

Das Schlafen und Träumen von Baum und Pflanze,

Den vibrierenden Sinn des Tieres, das Denken im Menschen,

Mit dem Glanz eines Strahles von oben.

Seine Fertigkeit, bestärkend der Materie Recht zu denken,

Brach empfindende Durchgänge für das Mental des Fleisches auf

Und fand für das Nichtwissen ein Mittel, wissen zu können.

Anbietend seine kleinen Wortquadrate und -würfel

Als figürlichen Ersatz für die Wirklichkeit,

Ein mumifiziertes mnemonisches Alphabet,

Half es der blinden Kraft ihre Werke zu lesen.

Ein vergrabenes Bewusstsein stieg in ihr auf

Und sie träumt sich nun menschlich und wach.

Doch alles war noch eine bewegte Unwissenheit;

Noch konnte Wissen nicht kommen und fest ergreifen

Diese riesige Erfindung, gesehen als ein Universum.

Ein Spezialist für die harte Maschine der Logik

Zwang seine starre Fertigkeit der Seele auf;

Als Helfer des Erfinders Intellekt

Zerschnitt er die Wahrheit in handhabbare Stückchen,

Damit ein jedes seine Ration an Gedankenkost erhalte,

Baute dann der Wahrheit erschlagenen Leib durch seine Kunst neu auf:

Ein Roboter, genau und brauchbar und fehlerhaft,

Ersetzte des Geistes feinere Sicht der Dinge:

Eine ausgefeilte Maschine leistete die Arbeit eines Gottes.

Keiner fand den wahren Körper, seine Seele schien tot:

Keiner hatte den inneren Blick, der das Ganze der Wahrheit schaut;

Alle verherrlichten den glitzernden Ersatz.

Dann rauschte aus geheimen Höhen eine Woge nieder,

Ein strahlendes Chaos aus rebellischem Licht entstand;

Sie blickte hoch und sah die blendenden Gipfel dort,

Sie blickte nach innen und weckte den schlafenden Gott.

Imagination rief ihre leuchtenden Truppen,

Die in unentdeckte Gebiete sich wagen,

Wo all die Wunder verborgen liegen, die noch keiner kennt:

Hebend ihr schönes und wunderreiches Haupt,

Verschwor sie sich mit der Inspiration Schwestersippe,

Um des Denkens Himmel mit schimmernden Sternennebeln zu füllen.

Ein heller Irrtum säumte den Fries des Mysterienaltars;

Dunkelheit wurde zur Amme der Weisheit okkulten Sonne,

Mythe säugte Wissen mit ihrer schimmernden Milch;

Das Kind geriet von düsteren an lichte Brüste.

So wirkte die Macht auf die heranwachsende Welt;

Ihr feines Geschick hielt die voll entfachte Feuersbrunst zurück,

Hegte die Kindheit der Seele, verabreichte Fiktionen,

Weit gehaltvoller in deren süßen und necktarartigen Saft,

Nährend ihre unreife Göttlichkeit,

Als der Stapel oder das getrocknete Stroh vom Acker der Vernunft,

Deren angehäuftes Futter ungezählter Fakten,

Plebejische Kost, an der wir heute wachsen und gedeihen.

So strömten aus dem Reiche frühen Lichtes

Ätherische Gedanken in die Welt der Materie herab;

Seine goldgehörnten Herden drängten zum Höhlenherz der Erde.

Seine Morgenstrahlen erhellen die Augen unseres Zwielichts,

Seine jungen Formationen treiben das Mental der Erde an

Zu arbeiten und zu träumen und neu zu erschaffen,

Der Schönheit Berührung zu fühlen, Welt und Selbst zu kennen:

Das Goldene Kind begann zu denken und zu sehen.

In jenen hellen Reichen sind des Mentals erste Vorwärtsschritte.

Von allem nichts wissend, aber begierig, alles zu wissen,

Fängt dort sein langsam neugierig Nachfragen an;

Im steten Suchen greift es nach den Formen rings herum,

Immer hoffend, Größeres herauszufinden.

Feurig und golden glänzend von Sonnenaufgangs-Feuern,

Lebt es wachsam am Rande der Erfindung.

Doch alles, was es tut, geschieht in Maßen eines Kindes,

Als wäre der Kosmos ein Kindergarten,

Mental, Leben die Spielzeuge eines Titanenbabys.

Es schafft wie einer, der sich eine Scheinfestung erbaut,

Erstaunlich stabil für kurze Zeit,

Aus Sand gemacht auf einer Düne der Zeit

Inmitten eines uferlosen Meeres der okkulten Ewigkeit.

Die große Allmacht wählte ein kleines scharfes Instrument

Und widmet sich leidenschaftlich mühsamem Zeitvertreib;

Die Unwissenheit zu unterweisen ist ihre schwierige Pflicht,

Ihr Denken geht von einer ursprünglich nichtwissenden Leere aus

Und was sie lehrt, das muss sie selber lernen,

Wissen weckend von seiner Schlummerstätte.

Denn Wissen tritt nicht ein bei uns wie ein Gast,

In unser Zimmer gerufen aus der äußeren Welt;

Als Freund und Hausgenosse unseres geheimen Selbstes

Versteckte es sich hinter unserem Mental, schlief ein

Und wacht unter den Schlägen des Lebens nur langsam auf;

Der mächtige Daimon liegt ungestaltet im Innern,

Ihn zu erwecken, ihm Gestalt zu geben, ist Aufgabe der Natur.

Alles war ein Chaos von Wahrem und Falschem,

Das Mental suchte inmitten dichter Nebel des Nichtwissens;

Es schaute in sich, doch sah Gott nicht.

Eine materielle Interims-Diplomatie

Bestritt die Wahrheit, damit vorläufige Wahrheiten leben mögen,

Und verbarg die Gottheit in Glaube und Vermutung,

Damit die Weltunwissenheit langsam weise werde.

Dies war die Verwicklung, bewirkt von der Mentalgewalt,

Die von einem Schimmergrat heruntersah in die Nacht,

Bei ihren ersten Einmischungen ins Nichtbewusste:

Sein fremdes Dämmerlicht verwirrt ihre strahlenden Augen;

Ihre flinken Hände müssen einen behutsamen Eifer erlernen;

Nur einen langsamen Fortschritt kann die Erde ertragen.

Doch war ihre Stärke, ungleich die der blinden Erde,

Genötigt, mit Hilfsinstrumenten umzugehen,

Die von der Lebenskraft und dem Fleisch erfunden waren.

Durch zweifelhafte Bilder nimmt die Erde alles wahr,

In zufälligen Strömen des Sehens begreift sie alles,

Schwache Lichter, entfacht durch Berührungen tastenden Denkens.

Nicht mächtig des unmittelbaren Einblicks der Seele,

Sieht sie krampfartig und lötet Wissensschrott zusammen,

Macht Wahrheit zur Sklavin ihres Unvermögens,

Und verbannend mystische Einheit der Natur,

Teilt sie in Quantum und Masse das sich bewegende All;

Als Zollstock nimmt sie ihre Unwissenheit.

In ihrem eigenen Bereich eine Hohepriesterin und Seherin,

Wirkte jene größere Macht mit ihrer halb aufgegangenen Sonne

In Grenzen, doch ihr Feld beherrschend;

Sie wusste durch ein Privileg denkender Kraft

Und beanspruchte eine kindliche Souveränität des Sehens.

In ihren Augen aber leuchtete dunkel gesäumt

Der Blick des Erzengels, der seine Taten inspiriert kennt

Und in seiner weitblickenden Flamme eine Welt gestaltet.

In ihrem eigenen Reich strauchelt und scheitert sie nicht,

Sondern bewegt sich in Grenzbereichen subtiler Macht,

Durch die der mentale Geist zur Sonne schreiten kann.

Als Kandidatin auf höhere Machtbefugnis

Trieb sie einen Durchgang aus der Nacht zum Licht

Und forschte nach unerfasster Allwissenheit.

Eine zwergenleibige Trinität war ihr Diener.

Zuerst, als kleinster der Dreien, doch stark an Gliedern,

Mit niedriger Stirn und eckigem und schwerem Kiefer,

Ein Pygmäen- Denken, das Schranken zum Leben braucht,

Stets gebückt, um Tatsache und Form zu hämmern.

Vertieft und eingeschlossen in äußere Sicht,

Bezieht es seinen Stand auf der soliden Basis der Natur.

Ein bewundernswerter Techniker, ein primitiver Denker,

Ein Nieter des Lebens in den Gleisen der Gewohnheit,

Gehorsam gegenüber der groben Tyrannei der Materie,

Ein Gefangener der Formprägungen, in denen es wirkt,

Bindet es sich selbst an das, was es selber erschafft.

Als Sklave einer festgelegten Masse absoluter Regeln

Betrachtet als Gesetz es die Gewohnheiten der Welt

Und sieht als Wahrheit die Gepflogenheiten des Mentals.

In seinem Reiche der konkreten Bilder und Geschehnisse

Sich drehend in einem ausgefahrenen Ideenkreise

Und stets wiederholend alt vertraute Handlungen,

Lebt es zufrieden mit dem Üblichen und dem Bekannten.

Es liebt den alten Boden, der ihm Wohnsitz war:

Verabscheuend jede Veränderung als dreiste Sünde,

Argwöhnisch gegenüber jeder neuen Entdeckung

Geht es nur sachte vorwärts, Schritt für Schritt,

Und fürchtet das Unbekannte wie einen tödlichen Abgrund.

Als kluger Schatzmeister seiner Unwissenheit

Scheut es das Abenteuer, zwinkert glorreicher Hoffnung zu,

Vorziehend einen sicheren Fußhalt auf den Dingen

Der gefahrreichen Freude an den Weiten und Höhen.

Die behäbigen Eindrücke der Welt auf seinen werkelnden Geist,

Träge Eintragungen, fast unauslöschlich,

Vermehren ihren Wert durch ihre Ärmlichkeit;

Die alten sicheren Erinnerungen sind sein Grundkapital:

Nur was die Sinne fassen können, scheint absolut:

Äußere Tatsache stellt es als einzige Wahrheit hin,

Weisheit stellt es gleich mit dem erdorientierten Blick,

Und lange Gewusstes und schon immer Getanes

Dienen seinem klammernden Griff als sicheres Geländer

Auf der gefahrvollen Treppe der Zeit.

Des Himmels Zuverlässigkeit sind ihm die festgelegt alten Wege,

Unumstößliche Gesetze, die der Mensch nicht verändern darf,

Ein heiliges Vermächtnis der großen toten Vergangenheit

Oder der eine Weg, den Gott für das Leben geschaffen hat,

Die feste Form der Natur, die nicht zu ändern ist,

Teil der ungeheuren Routine des Universums.

Ein Lächeln des Erhalters der Welten

Sandte einst dies Hüter- Mental zur Erde herab,

Dass alle in ihrer festen unveränderlichen Art verbleiben

Und sich nie aus ihrer gewohnten Position bewegen konnten.

Man sieht es kreisen, seiner Aufgabe treu,

Unermüdlich im Reigen einer zugewiesenen Tradition;

In verfallenden und zerbröckelnden Ämtern der Zeit

Hält es vor der Mauer des Brauchtums strenge Wache,

Oder es döst in düsterer Umgebung uralter Nacht

Auf Steinen eines kleinen Hinterhofs

Und bellt bei jedem unvertrauten Licht

Als wäre es ein Feind, der aufbrechen will sein Heim,

Ein Wachhund vor des Geistes sinnvergittertem Haus

Zur Abwehr von Eindringlingen aus dem Unsichtbaren,

Sich nährend von Abfällen des Lebens und Knochen der Materie

In seinem Zwinger objektiver Gewissheit.

Und doch steht hinter ihm eine kosmische Macht:

Eine gemessene Größe hält fest an ihrem weiteren Plan,

Eine unfassbare Gleichförmigkeit taktet den Schritt des Lebens;

Der Sterne unveränderliche Bahnen furchen den dumpfen Raum,

Millionen Arten befolgen ein einziges stummes Gesetz.

Eine ungeheure Schwerfälligkeit ist die Verteidigung der Welt,

Sogar im Wandel wird Wandellosigkeit bewahrt;

In Trägheit sinkt Umschwung zurück,

In einem neuen Kleid spielt das Alte seine Rolle weiter;

Die Energie wirkt, das Stabile ist ihr Siegel:

Aufgeführt wird der enorme Tanz auf Shivas Brust.

Ein feuriger Geist kam als nächstes von den Dreien.

Als buckeliger Reiter des roten Wildesels

Sprang eine unbesonnene Intelligenz mit Löwenmähne herab

Aus der großen mystischen Flamme, die die Welten umgibt,

Und mit ihrer schrecklichen Schneide das Herz des Seins anfrisst.

Daraus entsprang die brennende Vision der Begierde.

Tausend Formen trug sie, nahm zahllose Namen an:

Ein Bedürfnis nach Vielfalt und Ungewissheit

Stachelte stets sie an, dem Einen zu folgen

Auf unzähligen Straßen durch die Weiten der Zeit

Durch Kreisläufe von unendlicher Verschiedenheit.

Sie verbrennt mit zweideutigem Feuer eine jede Brust.

Als ein Strahlen, das auf einem trüben Strome schimmert,

Flammte sie gen Himmel, versank dann, verschlungen, zur Hölle hin;

Sie klomm, um Wahrheit in den Schlamm hinabzuziehen

Und benutzte für schmutzige Ziele ihre brillante Kraft;

Ein riesiges Chamäleon, golden und blau und rot,

Sich wandelnd in schwarz und grau und schmutziges braun,

Glotzte hungrig sie herab von einem gefleckten Ast des Lebens,

Um Insektenfreuden zu schnappen, ihre Lieblingsspeise,

Der schäbige Fraß für eine üppige Gestalt,

Nährend die prächtige Leidenschaft ihrer Farben.

Eine Schlange aus Flammen mit einer grauen Wolke als Schweif,

Gefolgt von einer Traumschar glitzernder Gedanken,

Ein erhobenes Haupt mit vielfarbig flackernden Kämmen,

Lechzte sie nach Wissen mit einer rauchigen Zunge.

Ein Strudel, der leere Luft einsaugt,

Stützte sie sich auf nichtige gewaltige Behauptungen,

Im Nichts geboren, ins Nichts zurückkehrend,

Und doch drängte sie die ganze Zeit ungewollt

Auf das verborgene Etwas hin, das Alles ist.

Begierig zu finden, unfähig zu bewahren,

War kennzeichnend für ihre brillante Unstetigkeit,

Zu irren, ihre angeborene Tendenz, ihr natürlicher Hang.

Sofort zu einem unreflektierten Glauben geneigt,

Hielt sie alles für wahr, was ihren Hoffnungen schmeichelte;

Sie schätzte goldne Nichtigkeiten, geboren aus dem Wunsch,

Sie schnappte nach dem Unwirklichen als Kost für sich.

Im Finsteren entdeckte sie leuchtende Formen;

Spähend in ein schattenverhangenes Halblicht,

Sah sie farbige Bilder, gekritzelt an die Höhlenwand der Fantasie;

Oder sie fegte in Kreisen durch die Nacht der Mutmaßung

Und fing mit der Kamera der Einbildung

Helle Szenen der Verheißung durch flüchtiges Aufscheinen ein,

Hielt in der Luft des Lebens die Füße eilender Träume fest,

Nahm Abdrücke vorbeiziehender Formen und verkappter Mächte

Und Blitzlichtbilder halbgesehener Wahrheiten auf.

Ein ungeduldiger Sprung, zu ergreifen und zu besitzen,

Nicht von Vernunft oder der sehenden Seele geleitet,

War ihre erste und letzte natürliche Bewegung,

Sie vergeudete des Lebens Kraft, um das Unmögliche zu erreichen:

Sie verschmähte den geraden Weg und lief auf schweifenden Kurven

Und gab Gewonnenes für Unversuchtes auf;

Sie sah unverwirklichte Ziele als augenblickliche Bestimmung

Und wählte die Klippe für ihren Sprung zum Himmel.

Abenteuer ihr System im Glücksspiel des Lebens,

Nahm sie zufällige Gewinne als sichere Erfolge;

Irrtum entmutigte nicht ihre Zuversicht,

Der das tiefe Gesetz der Wege des Seins nicht kennt,

Und Fehlschlag bremste nicht ihren feurigen Griff;

Ein einzig gelungener Wurf rechtfertigte den Rest.

Versuch, nicht Erfolg, war der Reiz des Lebens.

Eine unsichere Gewinnerin von unsicheren Preisen,

Instinkt ihre Stute und das Lebensmental ihr Hengst,

Ritt sie ihr Rennen und kam als Erste oder Letzte ins Ziel.

Doch waren ihre Werke weder klein und vergeblich noch nichtig;

Sie nährte einen Teil der Stärke des Unendlichen

Und konnte jene hohen Dinge schaffen, die ihr gefielen;

Ihre Leidenschaft erfasste, was der ruhigen Intelligenz entging.

Einsicht des Impulses legte ihren stürmischen Griff

Auf Himmel, die hohes Denken in schillernden Dunst gehüllt hatte,

Fing Schimmer auf, die eine versteckt gehaltene Sonne offenbarten:

Sie erforschte die Leere und fand dort einen Schatz.

Eine Halbintuition leuchtete purpurn in ihrem Sinn;

Sie warf die Gabel des Blitzes und traf ins Ungesehene.

Sie sah im Dunkel und blinzelte vage im Licht,

Unwissenheit war ihr Spielfeld, das Unbekannte ihr Preis.

Von all diesen Mächten war die letzte die Größte.

Spät kommend aus einer fernen Ebene des Denkens

In eine von Irrationalität erfüllten Welt des Zufalls,

Wo alles grob gefühlt und blind getan ward,

Doch Willkür das Unvermeidliche schien,

Kam Vernunft, die gedrungene Gottheits-Handwerkerin,

In ihr enges Haus auf einem Grat in der Zeit.

Adeptin klaren Ersinnens und Entwerfens,

Ein nachdenklich Antlitz und gründlich musternder Blick,

Bestieg sie ihren festen und unverrückbaren Sitz,

Die Stärkste, Weiseste der trollgleichen Drei.

Ausgerüstet mit Linse und Metermaß und Sonde,

Schaute sie auf ein gegenständliches Universum

Und auf die Scharen, die darin leben und sterben,

Auf den Körper des Raumes und die fliehende Seele der Zeit,

Und nahm die Erde und Sterne in ihre Hände,

Um zu sehen, was mit diesen seltsamen Dingen zu machen sei.

In ihrem starken zielstrebigen emsigen Mental,

Ausdenkend ihre Grundrisse der Wirklichkeit

Und die geometrischen Kurven ihres Zeitplanes,

Vermehrte sie ihre schiefen Halbschnitte an der Wahrheit:

Unduldsam gegenüber Rätselhaftem und Unbekanntem,

Intolerant gegenüber dem Eigenwilligen und Einzigartigen,

Ein Abbild dem Lauf der Kraft aufzwingend,

Klarheit dem Unergründbaren aufzwingend,

Mühte sie sich, die mystische Welt auf Regeln zu beschränken.

Nichts wusste sie, aber hoffte, alles zu wissen.

In dunklen nichtbewussten Reichen, einst leer von Denken,

Beauftragt von einer höchsten Intelligenz

Ihren Strahl auf die obskure Weite zu richten,

Ein unvollkommenes Licht, das eine irrende Masse

Durch die Macht des Sinnes und der Idee und des Wortes führt,

Erspürt sie Prozess, Substanz und Ursache der Natur.

Durch Kontrolle des Denkens das ganze Leben zu harmonisieren,

Kämpft sie noch immer mit dem gewaltigen Durcheinander;

Nichts kennend außer dem eigenen suchenden Mental,

Kam sie, um die Welt von Unwissenheit zu befreien.

Als souveräne Arbeiterin durch die Jahrhunderte hindurch,

Beobachtend und neu gestaltend alles, was ist,

Nahm sie vertrauensvoll ihre enorme Verantwortung an.

Dort sitzt die tief gebeugte und mächtige Gestalt

Gebückt unter den Bogenlampen ihrer Heim-Fabrik

Inmitten des Klapperns und Klirrens ihrer Werkzeuge.

Mit einem strengen Blick in ihren schöpferischen Augen,

Zwingend den plastischen Stoff des kosmischen Mentals,

Bringt sie die schwierigen Erfindungen ihres Gehirns

In ein Modell von ewiger Beständigkeit:

Gleichgültig gegenüber der kosmischen stummen Forderung,

Unbewusst allzu naher Wirklichkeiten,

Des ungesprochenen Gedankens, des stimmlosen Herzens,

Schmiedet sie ihre Glaubenssätze und eisernen Regeln

Und Stahlkonstrukte, um Leben einzusperren,

Und mechanische Modelle von allen Dingen, die es gibt.

Statt gesehener Welt, webt sie eine begriffliche Welt:

Sie spinnt in steifen, aber substanzlosen Linien

Ihre hauchdünnen Wortgewebe abstrakten Denkens,

Ihre Teilsysteme von der Unendlichkeit,

Ihre Theodizeen und kosmogonischen Tafeln

Und Mythen, durch die sie Unerklärliches erklärt.

Nach Belieben platziert sie in der dünnen Luft des Mentals,

Wie Karten im Schulhaus des Intellektes aufgehängt,

Zwingend weite Wahrheit in ein enges Schema,

Ihre zahllos widerstreitenden strengen Philosophien;

Aus dem Erscheinungskörper der Natur

Schneidet sie mit des Denkens scharfer Klinge in starren Zügen,

Wie Gleise für den Lauf der Macht des Weltmagiers,

Ihre Wissenschaften, exakt und absolut.

An die riesigen kahlen Wände menschlichen Nichtwissens

Schreibt sie um die tiefen stummen Hieroglyphen der Natur

In klaren demotischen Buchstaben

Die weite Enzyklopädie ihrer Gedanken;

Eine Algebra ihrer mathematischen Zeichen,

Ihrer Zahlen und irrtumsfreien Formeln,

Errichtet sie, um der Dinge Summe zu ziehen.

Auf allen Seiten verläuft wie in einer kosmischen Moschee,

Den Schriftversen ihrer Gesetze folgend,

Das Dädalische ihrer formenreichen Arabesken,

Kunst ihrer Weisheit, Fertigkeit ihrer Kunde.

Diese Kunst, diese Fähigkeit sind ihr einziges Gut.

In ihren hohen Werken reiner Intelligenz,

In ihrem Rückzug aus der Falle der Sinne,

Kommt es nicht zum Durchbrechen der Mauern des Mentals,

Kein spaltender Blitz schlägt mit absoluter Macht ein,

Kein Licht von himmlischer Gewissheit dämmert.

Millionen Gesichter hat ihr Wissen hier

Und ein jedes Antlitz trägt den Turban eines Zweifels.

Jetzt wird alles in Frage gestellt, alles auf ein Nichts reduziert.

Einst monumental in ihrem wuchtigen Machwerk,

Verschwinden ihre alten großen mystischen Schriften

Und an ihre Stelle treten strikte flüchtige Zeichen;

Dieser stete Wechsel heißt in ihren Augen Fortschritt:

Ihr Denken ist ein endloser Marsch ohne ein Ziel.

Es gibt keinen Gipfel auf dem sie stehen

Und mit einem Blick das Unendliche in seiner Gesamtheit sehen kann.

Ein ergebnisloses Spiel ist das Mühen der Vernunft.

Als Werkzeug dient sie jeder starken Idee;

Akzeptierend jedes Mandat vertritt sie ihre Sache.

Für jeden Gedanken offen, kann sie nichts wissen.

Die ewige Advokatin, zu Gericht sitzend,

Wappnet mit hieb- und stichfester Rüstung der Logik

Tausend Streiter, die nach der Wahrheit verhülltem Throne trachten,

Und hebt sie auf ein hohes Ross der Argumentation,

Um mit wortreicher Lanze fortwährend gegeneinander anzurennen

In einem Scheinturnier, das keiner gewinnen kann.

Prüfend die Werte des Denkens mit ihren strengen Kontrollen,

Sitzt sie ausgeglichen da auf weiter und leerer Luft,

Fern und rein in ihrer unparteiischen Haltung.

Absolut scheint ihr Urteil, ist aber nie gewiss;

Zeit hebt alle ihre Urteilssprüche in der Berufung auf.

Obgleich ihr Wissen wie Sonnenglanz auf unser Glühwurm-Mental

Von einem klaren Himmel zu fallen vorgibt,

Ist jenes Strahlen nur Lampenschein in der Nacht;

Der Unwissenheit wirft sie über ein glitzerndes Gewand.

Aber jetzt ist ihr uralter souveräner Anspruch verwirkt,

Das hohe Reich des Mentals unumschränkt zu regieren,

Denken mit geschmiedet zuverlässiger Kette der Logik zu binden

Oder Wahrheit nackt in einem hellen abstrakten Nebel zu sehen.

Als Meisterin und Sklavin bloßer Phänomene

Reist sie auf den Straßen irrender Sicht

Oder blickt auf eine fertige mechanische Welt,

Für sie von ihren Instrumenten konstruiert.

Ein Ochse, vor den Karren bewiesener Tatsachen gespannt,

So zieht sie große Wissensballen durch den Staub der Materie

Zum riesigen Basar der Nützlichkeit.

Zum Lehrmädchen ihres alten Kulis ist sie geworden;

Ein beistehender Sinn ist der Richtungsgeber ihrer Suche.

Als Prüfstein verwendet sie jetzt diesen.

Als wüsste sie nicht, dass Tatsachen Hülsen der Wahrheit sind,

Behält sie nur die Hülsen, die Kerne wirft sie weg.

Eine uralte Weisheit schwindet in die Vergangenheit,

Der Glaube der Zeitalter wird zum eitlen Märchen,

Aus dem erwachten Denken weicht Gott hinweg,

Ein alter ausgedienter Traum, den niemand mehr braucht:

Sie sucht nur Schlüssel der mechanischen Natur.

Interpretierend unerbittliche Steingesetze,

Wühlt sie im harten verbergenden Boden der Materie,

Um die Abläufe aller geschaffenen Dinge ans Licht zu bringen.

Ein beladener riesiger selbsttätiger Apparat erscheint

Dem begierigen und staunenden Starren ihres Auges,

Ein komplizierter und bedeutungsloser Mechanismus

Von geordnet schicksalhaftem und unfehlbarem Zufall:

Genial und akribisch und minutiös,

Entrollt seine brachiale unbewusst akkurate Vorrichtung

Einen zielsicheren Marsch, kartographiert eine sichere Straße;

Er plant ohne Denken, handelt ohne Willen,

Dient Millionen Zwecken ohne einen Zweck

Und baut eine vernünftige Welt ohne Verstand.

Er hat keinen Antreiber, keinen Ersteller, keine Idee:

Seine gewaltige Selbsttätigkeit schuftet ohne jeden Grund;

Eine leblose Energie, unwiderstehlich getrieben,

Des Todes Haupt auf dem Körper der Notwendigkeit,

Erzeugt Leben und ruft Bewusstsein ins Leben,

Und fragt sich dann, warum alles war und woher er kam.

Unsere Gedanken sind Teile des immensen Apparates,

Unser Sinnieren nur eine Laune des Gesetzes der Materie,

Die Kunde des Mystikers war ein Hirngespinst oder ein Blendwerk;

Seele oder Geist brauchen wir nun nicht mehr:

Materie ist die bewundernswerte Wirklichkeit,

Das offenkundig unausweichliche Wunder,

Die harte Wahrheit der Dinge, einfach, ewig, allein.

Eine selbstmörderisch überstürzte Verausgabung,

Die Welt erschaffend durch ein Mysterium von Selbstverlust,

Hat ihre verstreuten Werke leerem Raum zugegossen;

Schließlich wird die selbstauflösende Kraft

Die von ihr geschaffene immense Ausdehnung zusammenziehen:

Dann endet dies mächtige und sinnlose Mühen,

Nackt bleibt die Leere zurück, öde wie zuvor.

So bestätigt, gekrönt, hat das großartige neue Denken

Die Welt erklärt und all ihre Gesetze gemeistert,

Die stummen Wurzeln angerührt, verhüllte riesige Mächte geweckt;

Es hat die unbewussten Djinns in seinen Dienst gezwungen,

Die ungenutzt in unwissender Trance der Materie schlafen.

Alles war genau, starr, unbezweifelbar.

Als aber, gegründet auf urzeitlichem Fels der Materie,

Ein Ganzes aufstand, fest und klar und sicher,

Da taumelte alles zurück in ein Meer von Zweifel;

Dieses solide Schema schmolz in endlosem Fluss:

Sie war der formlosen Macht begegnet, der Erfinderin aller Formen;

Plötzlich stolperte sie über ungesehene Dinge:

Ein Blitz aus der unentdeckten Wahrheit

Erschreckte ihre Augen mit seinem verwirrend grellen Schein

Und riss eine Kluft zwischen dem Wirklichen und dem Bekannten,

Bis all ihr Wissen nur noch Unwissen schien.

Und wieder ward die Welt zu einem Wundergewebe gemacht,

Zum Prozess einer Magie in einem magischen Raum,

Zu Tiefen eines unverständlichen Wunders,

Deren Ursprung im Unbeschreibbaren verloren ging.

Und wieder stehen wir vor dem reinen Unerkennbaren.

In einem Einsturz der Werte, in einem großen Untergangsknall,

Im Sprühen und Splittern ihres berstenden Werkes

Verlor sie ihre klar konservierte konstruierte Welt.

Ein Quantentanz blieb, ein Wirrwarr des Zufalls

Im gewaltigen leichtfüßig tanzenden Wirbel der Energie:

Eine unaufhörliche Bewegung in der grenzenlosen Leere

Erfand Formen ohne Denken oder Ziel:

Notwendigkeit und Ursache waren gestaltlose Gespenster;

Materie war ein Zwischenfall im Fluss des Seins,

Gesetz bloß Uhrwerk-Gewohnheit einer blinden Kraft.

Ideale, Ethik, Systeme hatten keine Basis

Und brachen bald zusammen oder lebten ohne Sanktionierung;

Alles wurde zu einem Chaos, einem Hickhack und Gezänk und Kampf.

Ideen, kriegerisch und ungestüm, stürzten sich aufs Leben;

Ein harter Druck hielt nieder die Anarchie

Und Freiheit war nur der Name eines Phantoms:

Schöpfung und Zerstörung tanzten Walzer Arm in Arm

Auf der Brust einer zerrissenen und bebenden Erde;

Alles taumelte in eine Welt von Kalis Tanz.

So gestürzt, versinkend, sich in der Leere ausbreitend,

Nach Halt greifend, nach einem Boden zum Stehen,

Sah sie nur eine dünne atomare Weite,

Das spärlich gepunktete dünne Substrat Universum,

Auf dem das phänomenale Gesicht einer festen Welt schwimmt.

Dort gab es bloß den Ablauf von Ereignissen

Und die plastische und proteische Wandlung der Natur,

Und, stark durch Tod zu vernichten oder zu erschaffen,

Die allmächtige Kraft von gespalten unsichtbarem Atom.

Eine Möglichkeit blieb, dass hier eine Macht sein könnte,

Den Mensch von den alten unzulänglichen Mitteln zu befreien

Und ihn als Herrscher über den irdischen Schauplatz zurückzulassen.

Denn Vernunft könnte dann die ursprüngliche Kraft ergreifen,

Um ihren Wagen auf den Straßen der Zeit zu steuern.

Dann könnte alles dem Bedürfnis der denkenden Art dienen,

Ein absoluter Staat das Absolute einer Ordnung gründen,

Nach einer standardisierten Vollkommenheit alle Dinge regeln,

Die Gesellschaft zu einem gerecht exakten Apparat aufbauen.

Dann könnten Wissenschaft und Vernunft ohne Rücksicht auf die Seele

Eine beschaulich einheitliche Welt auswalzen,

Äonische Suche mit äußeren Wahrheiten stillen

Und mentalen Geist mit einem einzigen Gedankenmuster sättigen,

Den Träumen des Geistes die Logik der Materie auferlegen,

Ein vernunftbegabtes Tier aus dem Menschen machen

Und aus seinem Leben eine symmetrische Struktur.

Dies wäre dann der Gipfel der Natur auf einem dunklen Erdball,

Das großartige Resultat der Mühen vieler Zeitalter,

Der Erde Evolution gekrönt, ihre Mission erfüllt.

So könnte es sein, wäre der Geist eingeschlafen;

Der Mensch wäre dann zufrieden und könnte in Frieden leben,

Herr der Natur, der einst ihr Leibeigener war,

Die Unordnung der Welt würde zum Gesetz erstarren, –

Revoltierte nicht des Lebens furchtbares Herz,

Fände Gott im Innern nicht größeren Plan.

Doch vielgesichtig ist die kosmische Seele;

Eine Berührung kann ändern die starre Stirnseite des Geschicks.

Eine plötzliche Wendung kann kommen, ein Weg erscheinen.

Ein größeres Mental mag eine größere Wahrheit sehen,

Oder wir finden, wenn alles andere versagt hat,

Versteckt in uns selbst den Schlüssel zur perfekten Wandlung.

Aufsteigend von dem Boden, wo unsere Tage kriechen,

Mag das Bewusstsein der Erde sich mit der Sonne vermählen,

Unser sterbliches Leben auf den Schwingen des Geistes reiten,

Unser endliches Denken mit dem Unendlichen verkehren.

In den hellen Königreichen der aufgehenden Sonne

Ist alles eine Geburt in die Macht des Lichtes:

Was hier missgestaltet ist, bewahrt dort seine freudvolle Gestalt,

Was hier vermischt und vermindert ist, dort ist es rein und ganz;

Doch jedes ist ein Zwischenschritt, die Phase eines Augenblicks.

Erwacht zu einer größeren Wahrheit jenseits ihrer Taten,

Saß die Vermittlerin und sah ihre Werke

Und fühlte das Wunder darin und die Kraft,

Kannte aber die Macht hinter dem Antlitz der Zeit:

Sie erledigte die Aufgabe, folgte dem gewährten Wissen,

Ihr tiefes Herz sehnte sich nach großen idealen Dingen

Und schaute vom Licht nach umfassenderem Licht:

Eine glänzende Hecke, um sie herum gezogen, beengte ihre Macht;

Getreu ihrem begrenzten Feld des Wirkens schuftete sie, wusste aber,

Dass sein höchster, weitester Ausblick nur eine Halbsuche war,

Seine mächtigste Tat nur ein Übergang oder eine Stufe.

Denn nicht von Vernunft ward Schöpfung geschaffen

Und nicht von Vernunft kann die Wahrheit gesehen werden,

Die durch die Schleier des Denkens, die Abschirmung der Sinne

Kaum sich erspähen lässt von der Schau des Geistes,

Getrübt durch das Unvollkommene seiner Mittel:

Das kleine Mental ist gebunden an kleine Dinge:

Sein Sinn ist des Geistes äußere Berührung nur,

Halb erwacht in einer Welt dunkler Nichtbewusstheit;

Es tastet nach seinen Wesen und seinen Formen

Wie einer, der in der unwissenden Nacht herumtappt.

In dieser kleinen Gussform von kindlichem Mental und Sinn

Ist Begier das Weinen eines Kinderherzens, das nach Glück schreit,

Unsere Vernunft nur ein Spielzeugmacher,

Ein Regelsetzer in einem seltsam verwirrenden Spiel.

Doch sie kannte ihre Zwerggehilfen, deren zuversichtliche Schau

Eine vorherbestimmte Erfolgsaussicht für das ferne Ziel hielten.

Die Welt, die sie gemacht hat, ist ein Zwischenbericht

Eines Wanderers zur halbgefundenen Wahrheit in Dingen,

Sich bewegend zwischen Nichtwissen und Nichtwissen.

Denn nichts wird gewusst, solange etwas im Verborgenen bleibt;

Die Wahrheit wird nur erkannt, wenn alles gesehen wird.

Angezogen von dem Ganzen, welches der Eine ist,

Ersehnt sie ein höheres Licht als das ihrige;

Versteckt von ihren Kulten und Glaubenssätzen ahnt sie Gottes Antlitz:

Sie weiß, sie hat nur eine Form gefunden, ein Gewand,

Doch hofft sie beständig, ihn in ihrem Herzen zu sehen

Und den Körper seiner Wirklichkeit zu fühlen.

Noch ist eine Maske da und kein Gesicht,

Obwohl zuweilen zwei verborgene Augen erscheinen:

Vernunft kann diese schimmernde Maske nicht herunterreißen,

Ihre Mühen lassen sie nur noch stärker schimmern;

In Pakete schnürt sie das Unteilbare;

Findend ihre Hände zu klein, um die weite Wahrheit zu halten,

Zerlegt sie das Wissen in artfremde Teile

Oder späht durch Wolkenrisse nach einer entschwundenen Sonne:

Sie sieht, wenn auch nicht begreifend, was sie gesehen hat,

Durch die verschlossenen Gesichter der endlichen Dinge

Die Myriaden Aspekte der Unendlichkeit.

Eines Tages muss das Angesicht durch die Maske hervorbrennen.

Unsere Unwissenheit ist der Weisheit Schmetterlingspuppe,

Unser Irrtum verbindet sich auf seinem Wege eng mit neuem Wissen,

Seine Dunkelheit ist ein geschwärzter Knoten aus Licht;

Denken tanzt Hand in Hand mit Nichtwissen

Auf der grauen Straße, die sich empor zur Sonne windet.

Sogar während ihre Finger an den Knoten herumfummeln,

Die beide an ihre seltsame Kameradschaft binden,

Brechen in die Momente ihres ehelichen Zwistes

Zuweilen Blitze erleuchtenden Feuers ein.

Schon jetzt wandeln einsam erhabene Gedanken hier:

Gewappnet sind sie mit dem unfehlbaren Wort gekommen

In einer Investitur des intuitiven Lichtes,

Die eine Gutheißung von Gottes Augen ist;

Als Verkünder einer entlegenen Wahrheit flammen sie auf,

Vom Rande der Ewigkeit kommend.

Ein Feuer wird kommen aus den Unendlichkeiten,

Eine größere Gnosis wird die Welt betrachten,

Segelnd aus irgend fernem Allwissen her

Auf strahlenden Meeren vom still verzückt Alleinigen,

Um das tiefe Herz des Selbstes und der Dinge zu erleuchten.

Dem Mental wird sie ein zeitloses Wissen bringen,

Dem Leben sein Ziel, dem Unwissen sein Ende.

Hoch oben in einer atemlosen Stratosphäre lebten,

Überschattend die zwergenhafte Trinität,

Anwärter auf ein grenzenloses Jenseits,

Gefangene des Raumes, umschlossen von begrenzenden Himmeln,

Im unaufhörlichen Kreislauf der Stunden,

Ersehnend die geraden Wege der Ewigkeit,

Und von ihrem hohen Stand blickten auf diese Welt herab

Zwei sonnenschauende Geister, die alles bezeugen, was ist.

Als eine Macht, die träge Welt zu erheben,

Glitt gebieterisch daher ein gewaltig hochgeflügeltes Lebens-Denken,

Nicht gewöhnt auf dem festen gleichbleibenden Boden zu gehen:

Mit blauer Unendlichkeit vertraut

Zog es durch sonnenhelle Himmel und sternenhelle Luft;

Es sah in weiter Ferne das unerreichte Heim des Unsterblichen

Und hörte aus der Ferne die Stimmen der Götter.

Bilderstürmer und Zerschmetterer der Festungen der Zeit,

Überspringend Grenze und übersteigend Norm,

Entfachte es die Gedanken, die durch die Jahrhunderte glühen

Und spornte zu Taten von übermenschlicher Kraft.

So weit wie seine selbstfliegenden Luftschiffe fliegen konnten,

Besuchend in großen glanzvollen Vorstößen das Zukünftige,

Erkundete es Ausblicke des Traumgeschicks.

Begabt zu ersinnen, unfähig zu verwirklichen,

Zeichnete es seine Konzeptpläne und Visionspläne,

Zu groß für die Architektur des sterblichen Raumes.

Dort oben in der Weite, wo kein Fußhalt ist,

Ein Einbildner von körperlosen Ideen,

Gleichgültig gegenüber dem Schrei von Leben und Sinn,

Betrachtete ein reines Denk-Mental den kosmischen Akt.

Als Erzengel eines weißen transzendenten Reiches

Sah es die Welt aus einsamen Höhen,

Leuchtend in einer weltentrückten und inhaltslosen Luft.

Ende des zehnten Cantos

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