Zweites Buch

Das Buch vom Weltenwanderer

Achter Canto

Die Welt der Falschheit,
die Mutter des Bösen und die Söhne der Finsternis

Sehen konnte er dann der Nacht verborgenes Herz:

Die Mühen dessen völliger Unbewusstheit

Offenbarten die endlos entsetzliche Leere.

Eine geistlos blanke Unendlichkeit war dort;

Eine Natur, die das ewig Wahre leugnete,

Hoffte in der eitlen prahlerischen Freiheit ihres Denkens

Gott abzuschaffen und allein zu herrschen.

Dort war kein souveräner Gast, kein bezeugendes Licht;

Ohne Hilfe wollte sie ihre eigene kahle Welt erschaffen.

Ihre großen blinden Augen schauten auf Dämonenwerke,

Ihre tauben Ohren hörten die Lüge, die ihre stummen Lippen sprachen;

Ihre riesige fehlgeleitete Fantasie nahm gewaltige Formen an,

Ihre stumpfe Empfindsamkeit zuckte vor wilden Flausen;

Ein rohes Lebensprinzip erzeugend,

Brachten Übel und Schmerz eine monströse Seele hervor.

Die Anarchen aus den formlosen Tiefen stiegen auf,

Große Titanwesen und dämonische Mächte,

Welt-Egos, geplagt von Lust und Denken und Wollen,

Weite Gemüter und Leben ohne einen Geist im Innern:

Ungeduldige Architekten des Irrtums Haus,

Führer der kosmischen Unwissenheit und Unrast

Und Förderer von Kummer und Sterblichkeit

Verkörperten die düsteren Ideen des Abgrundes.

Eine Schattensubstanz kam in das Hohle,

In der denklosen Leere wurden nebelhafte Formen geboren

Und Wirbel trafen sich und schufen einen widrigen Raum,

In dessen schwarzen Falten das Sein sich Hölle ersann.

Seine Augen, die die dreifach gepanzerte Trübnis durchdrangen,

Identifizierten ihren Blick mit seinem blinden Starren:

Sie sahen, gewöhnt an das unnatürliche Dunkel,

Unwirklichkeit wirklich gemacht und bewusste Nacht.

Eine gewaltsame, wilde und furchtbare Welt,

Ein uralter Mutterschoß riesiger unheilvoller Träume,

Wand sich wie eine Larve in der Dunkelheit,

Die diesen vor den Lanzenspitzen der Himmelssterne bewahrt.

Sie war das Tor eines falschen Unendlichen,

Eine Ewigkeit von verheerenden Absolutheiten,

Eine immense Verneinung spiritueller Dinge.

Alles, was einst selbstleuchtend in der Sphäre des Geistes war,

Wandelte sich nun in sein dunkles Gegenteil:

Sein kollabierte in eine sinnlose Leere,

Die dennoch als eine Null zur Elternschaft der Welten wurde;

Nichtbewusstsein, verschlingend das kosmische Mental,

Brachte ein Universum aus seinem tödlichen Schlaf hervor;

Seligkeit in ein schwarzes Koma gesunken, empfindungslos,

Wand sich zurück zu sich selbst und Gottes ewiger Freude

Durch eine falsche ergreifende Gestalt von Leid und Schmerz,

Noch immer qualvoll an ein Kreuz genagelt,

Fest verankert im Boden einer stummen empfindungslosen Welt,

Wo Geburt ein Schmerz und Tod eine Qual war,

Damit sich nicht allzu bald alles wieder in Seligkeit wandelt.

Reflexion, eine Priesterin der Verdrehtheit, saß

Auf ihrem schwarzen Dreifuß der dreifältigen Schlange,

Lesend mit gegenläufigen Zeichen die ewige Schrift,

Eine Zauberin, die des Lebens Gottart ins Gegenteil verkehrt.

In dunklen Seitengängen mit bösen Augen als Lampen

Und heillosen Stimmen, die aus der Apsis singen,

Vollzog in seltsamen höllisch düsteren Basiliken,

Anstimmend die Magie des unheiligen Wortes,

Die ominöse profunde Eingeweihte

Das Ritual ihrer Mysterien.

Leiden war dort der Natur alltägliche Nahrung,

Verlockend für das gequälte Herz und Fleisch,

Und Folter war die Formel für Entzücken,

Schmerz ahmte die himmlische Ekstase nach.

Das Gute, ein treuloser Gärtner Gottes,

Bewässerte dort mit Tugend den Upas-Baum der Welt

Und pflanzte, besorgt um äußeres Wort und Werk,

Seine heuchlerischen Blüten auf das eingewurzelt Schlechte.

Alle hohen Dinge dienten ihrem niederen Gegenstück:

Die Formen der Götter stützten einen Dämonenkult;

Des Himmels Gesicht wurde zur Maske und Falle der Hölle.

Dort im Herzen eines trügerischen Phänomens,

Im entstellten Kern eines ungeheuren Geschehens,

Sah er eine Gestalt, unermesslich und ausdruckslos

Auf dem Tode sitzend, die alle geborenen Dinge verschlingt.

Ein kalt starres Antlitz mit schrecklichen und reglosen Augen,

Ihren fürchterlichen Dreizack in ihrer schattenhaften Hand

Ausgestreckt, durchbohrte sie mit einem Schicksal alle Geschöpfe.

Als es noch nichts gab außer Materie ohne Seele

Und ein geistloser Hohlraum das Herz der Zeit war,

Berührte die Lebensmacht erstmals den gefühllosen Abgrund;

Erweckend das öde Leer zu Hoffnung und Kummer,

Traf ihr fahler Strahl die unergründete Nacht,

Wo Gott sich vor sich selber verbarg.

In allen Dingen suchte sie die schlummernde mystische Wahrheit,

Das unausgesprochene Wort, das unbewusste Formen inspiriert;

Sie tastete in seinen Tiefen nach einem unsichtbaren Gesetz,

Fingerte im düsteren Unterbewussten nach seinem Mental

Und strebte danach, dem Geist ins Dasein zu verhelfen.

Doch eine andere Antwort kam aus der Nacht.

Ein Same ward gelegt in diese niedere Matrix,

Eine stumme ungeprüfte Schote verdrehter Wahrheit,

Eine Zelle eines empfindungslos Unendlichen.

Eine monströse Leibesfrucht bereitete ihre kosmische Gestalt vor

Im Titanen-Embryo der Natur, der Unwissenheit.

In einer schicksalhaften und gewaltigen Stunde dann

Entsprang etwas aus dem Schlaf des schieren Nichtbewussten,

Unwillig in die Welt gesetzt vom stummen Leer,

Und hob sein bedrohliches Haupt zu den Gestirnen empor;

Überschattend die Erde mit seinem riesigen Leib des Verhängnisses,

Ließ es die Himmel mit der Drohgebärde eines Angesichts erkalten.

Eine namenlose Macht, ein schattenhafter Wille stieg auf,

Immens und fremd für unser Universum.

In dieser unfassbaren Absicht, die niemand zu durchschauen vermag,

Kleidete sich ein weites Nichtsein in Gestalt,

Das grenzenlose Nichtwissen der unbewussten Tiefen

Bedeckte Ewigkeit mit Nichtigkeit.

Ein suchendes Mental ersetzte die sehende Seele:

Leben wurde zu einem riesigen und hungrigen Tod,

Die Seligkeit des Geistes ward zu kosmischem Schmerz.

Versichernd Gottes selbstverkappte Neutralität,

Eroberte eine mächtige Gegnerschaft den Raum.

Ein souverän Allmächtiges, gebietend über Falschheit, Tod und Leid,

Unterwarf die Erde seiner grimmigen Hegemonie;

Verstimmend die Harmonie des ursprünglichen Stils

Der Architektur vom Entwurf ihres Schicksals,

Verfälschte es den uranfänglichen kosmischen Willen

Und fesselte an Kampf und schreckliche Wechselfälle

Das lange langsame Verfahren der geduldigen Macht.

In den Stoff der Dinge Irrtum pflanzend,

Schuf es eine Unwissenheit aus dem allweisen Gesetz;

Es verwirrte die sichere Empfindung des Lebens verborgenen Sinn,

Hielt den intuitiven Führer im Schlaf der Materie stumm,

Missgestaltete den Instinkt des Insektes und den des wilden Tieres,

Verschandelte die gedankengeborene Menschlichkeit des Menschen.

Ein Schatten fiel über den einfachen Strahl:

Verdüstert war in der Herzensgrotte das Wahrheitslicht,

Das unbeachtet in der Altar-Krypta brennt

Hinter des stillen Velamens Heimlichkeit,

Zugesellt der Gottheit des Heiligtums.

So ward die furchtbare antagonistische Energie geboren,

Die der ewigen Mutter mächtige Gestalt nachahmt

Und ihre leuchtende Unendlichkeit verspottet

Mit einer grauen verzerrten Silhouette in der Nacht.

Hemmend die Leidenschaft der aufsteigenden Seele,

Nötigte sie das Leben zu einem langsamen und wankenden Schritt;

Die ablenkende und abbremsende Last ihrer Hand

Ward auf die Kurve der mystischen Evolution gelegt:

Die verschlungene Linie ihres täuschenden Geistes

Sehen die Götter nicht und machtlos ist der Mensch;

Unterdrückend den Gottesfunken in der Seele,

Zwingt sie zum Tier zurück den Fall des Menschen.

Doch in ihrem ungeheuren instinktiven Geist

Fühlt sie den Einen wachsen im Herzen der Zeit

Und sieht den Unsterblichen scheinen durch die menschliche Form.

Bangend um ihre Herrschaft und voller Furcht und Zorn,

Schleicht sie um jedes Licht, das durch das Dunkel leuchtet,

Und wirft seinen Strahl aus dem einsamen Zelt des Geistes,

In der Hoffnung, mit wildem verstohlenem Schritte einzudringen

Und in der Wiege das göttliche Kind zu erschlagen.

Unberechenbar sind ihre Stärke und List;

Ihre Berührung ist eine Faszination und ein Tod;

Mit seiner eigenen Freude bringt sie ihr Opfer um;

Selbst Gutes macht sie zu einem Haken, der zur Hölle zieht.

Um ihretwegen eilt das irdische Leben zu seiner Höllenqual.

Der Pilger auf der Straße des Ewigen,

Die der blasse Mond des Mentals aus Wolken spärlich erhellt,

Oder auf verschlungenen Seitenpfaden einsam wandernd,

Oder verloren in Wüsten, wo kein Weg zu sehen ist,

Kommt oft zu Fall durch ihren Löwensprung,

Eine überwältigte Beute unter ihren grauenvollen Pranken.

Berauscht von einem brennenden Atem

Und dem amourösen Anwachsen eines vernichtenden Mundes,

Einst ein Gefährte des heiligen Feuers,

Erlischt der Sterbliche für Gott und Licht,

Ein Widersacher herrscht über Herz und Gehirn,

Eine Natur, feindlich gesinnt der Mutterkraft.

Das Selbst des Lebens tritt seine Instrumente ab

An titanische und dämonische Obrigkeiten,

Die die Erdnatur aufblähen und zersetzen:

Ein verkappter Fünft-Kolumnist ist jetzt der Führer des Denkens;

Sein feines defätistisches Gemurmel tötet den Glauben,

Und, eingenistet in der Brust oder von außen flüsternd,

Eine lügende Eingebung, fürchterlich und finster,

Ersetzt die göttliche durch eine neue Ordnung.

Eine Stille senkt sich auf die Höhen des Geistes,

Aus dem verhangenen Heiligtum zieht sich der Gott zurück,

Leer und kalt ist das Gemach der Braut;

Der goldne Nimbus ist nun nicht mehr zu sehen,

Nicht länger brennt der weiße spirituelle Strahl

Und verstummt ist für immer die geheime Stimme.

Dann wird vom Engel des Wachtturmes

Ein Name aus dem Register gestrichen;

Eine Flamme, die im Himmel sang, erlischt erstickt und lautlos;

Im Ruin endet das Epos einer Seele.

Dies ist die Tragödie des inneren Todes

Wenn verwirkt ist das göttliche Element

Und nur Mental und Körper leben, um zu sterben.

Denn schreckliche Wirkenskräfte lässt der Geist zu

Und es gibt subtile und ungeheure Mächte,

Die sich mit der verhüllenden Unwissenheit schützen.

Abkömmlinge der Schlünde, Agenten der schattenhaften Kraft,

Hasser des Lichtes, unduldsam gegenüber Frieden,

Vorgaukelnd dem Denken den hellen Freund und Führer,

Trotzend im Herzen dem ewigen Willen,

Verschleiern sie den okkult erhebenden Harmonisten.

Die Orakel seiner Weisheit werden uns zu Fesseln;

Gottes Tore haben sie mit Schlüsseln des Glaubens verschlossen

Und durch das Gesetz seine unermüdliche Gnade ausgeschlossen.

Entlang den Grenzen der ganzen Natur haben sie Posten aufgestellt

Und fangen die Karawanen des Lichtes ab;

Wo immer die Götter handeln, greifen sie ein.

Ein Joch ist auf das getrübte Herz der Welt gelegt;

Sein Pochen ist abgeschirmt gegen die übernatürliche Seligkeit,

Und die geschlossenen Peripherien eines brillanten Mentals

Blockieren die feinen Zugänge des himmlischen Feuers.

Stets scheinen die finsteren Abenteurer zu gewinnen;

Die Natur stopfen sie mit Einrichtungen des Bösen voll,

Wenden die Siege der Wahrheit zu Niederlagen,

Erklären die ewigen Gesetze zu Falschheiten

Und laden den Würfel des Schicksals mit bezaubernden Lügen;

Die heiligen Stätten der Erde haben sie besetzt, ihre Throne geraubt.

Zum Hohn der schwindenden Chancen der Götter,

Beanspruchen sie die Schöpfung als ihr erobertes Lehen

Und krönen sich selbst zu eisernen Herren der Zeit.

Adepten der Illusion und der Maskerade,

Die durchtriebenen Urheber von Fall und Schmerz der Natur

Haben ihre Altäre der triumphierenden Nacht

Im Lehmtempel des irdischen Lebens erbaut.

In den leeren Zonen des sakralen Feuers,

Vor den Retabeln beim mystischen Ritus,

Dem dunklen Velamen zugewandt, den niemand durchdringen kann,

Stimmt der Priester mit der Mitra seine feierliche Hymne an,

Beschwörend ihre grauenhafte Präsenz in seiner Brust:

Ihnen den schrecklichen Namen zuweisend

Singt er die Silben des magischen Textes

Und ruft den Vorgang der unsichtbaren Kommunion herbei,

Während zwischen Weihrauch und gemurmeltem Gebet

Das ganze bittere Unheil, von dem die Welt geplagt wird,

Im schäumenden Kelch des Menschen Herz gemischt

Und wie ein sakramentaler Wein ihnen ausgeschenkt wird.

Göttliche Namen tragend führen und herrschen sie.

Als Widersacher des Höchsten kamen sie her

Aus ihrer Welt seelenlosen Denkens und seelenloser Macht,

Um durch Feindschaft dem kosmischen Plan zu dienen.

Die Nacht ist ihre Zuflucht und strategische Basis.

Gegen das Schwert der Flamme, das lichte Auge,

Leben sie verschanzt in massiven Festungen der Düsternis,

Ruhig und sicher in sonnenloser Heimlichkeit:

Kein wandernder Strahl des Himmels dringt je dorthin.

Gewappnet, geschützt durch ihre todbringenden Masken,

Sitzen, wie in einem Atelier des kreativen Todes,

Die gigantischen Söhne der Finsternis und planen

Das Drama der Erde, ihre tragische Bühne.

Alle, die die gefallene Welt erheben wollen,

Müssen sich unter die gefährlichen Bögen ihrer Macht begeben;

Denn selbst die strahlenden Kinder der Götter

Zu verdüstern, ist ihr Privileg und ihr fürchterliches Recht.

Niemand kann den Himmel erreichen, der nicht durch die Hölle ging.

Auch dies musste der Weltenwanderer wagen.

Als Krieger im Streit des zeitlosen Duells

Betrat er die stumm verzweifelnde Nacht,

Herausfordernd die Finsternis mit seiner lichtvollen Seele.

Aufschreckend mit seinen Schritten die Schwellen-Düsternis

Gelangte er in ein wildes und schmerzvolles Reich,

Bewohnt von Seelen, die nie Glückseligkeit gekostet haben;

Unwissend wie blind geborene Menschen, die Licht nicht kennen,

Konnten sie schlimmstes Übel mit höchstem Gut gleichsetzen,

Tugend war in ihren Augen ein Gesicht der Sünde

Und Bosheit und Elend waren ihr natürlicher Zustand.

Das Strafgesetzbuch einer schrecklichen Verwaltung,

Das Leid und Schmerz zum allgemeinen Grundsatz erhob

Und allgemeine Freudlosigkeit verordnete,

Hatte das Leben in ein stoisches Sakrament

Und Folter in ein tägliches Festival gewandelt.

Ein Beschluss ward gefasst, Glück zu strafen;

Lachen und Vergnügen wurden als Todsünden verbannt:

Ein Verstand ohne Fragen wurde als kluger Geist gewertet,

Eines stumpfen Herzens schweigende Apathie als Friede:

Schlaf gab es nicht, Betäubung war die einzige Ruhe,

Tod kam, gewährte aber weder Rast noch Ende;

Immer weiter lebte die Seele und litt noch mehr.

Immer tiefer stieß er in das Reich des Schmerzes vor;

Um ihn wuchs der Schrecken einer Welt

Von Höllenqual, gefolgt von noch schlimmerer Qual,

Und in dem Schrecken schwoll eine große heimtückische Freude,

Froh des eigenen und anderer Missgeschick.

Dort waren Denken und Leben eine lange Strafe,

Das Atmen eine Last und alles Hoffen eine Geißel,

Der Körper ein Feld von Marter, ein geballtes Unbehagen;

Erholung war ein Warten von Schmerz zu Schmerz.

Das war das Gesetz der Dinge, das niemand zu ändern gedachte:

Ein hartes düsteres Herz, ein strenger nüchterner Verstand

Wiesen allen Frohsinn ab wie eine ekelhafte Süßigkeit;

Ruhe war Eintönigkeit und Langeweile:

Durch Leiden nur ward das Leben farbenfroh;

Es brauchte die Würze der Pein, das Salz der Tränen.

Könnte man aufhören zu sein, wäre alles gut;

Bloß stürmische Gefühle gaben noch etwas Lebensgenuss:

Eine Wut der Eifersucht, die das zerfressene Herz verbrennt,

Der Stachel von mörderischer Bosheit und Hass und Gier,

Das Flüstern, das zum Abgrund lockt, zum Dolchstoß des Verrates,

Warfen lebhafte Tupfen auf die dumpfen schmerzvollen Stunden.

Das unglückselige Drama anzuschauen,

Das Winden der Geschöpfe unter dem Pflug des Verhängnisses

Und der tragische Blick des Kummers in die Nacht

Und der Horror und das hämmernde Herz der Angst

Waren die Zutaten im schweren Kelch der Zeit,

Die schmeckten und zum Genuss des bitteren Geschmacks verhalfen.

Aus solch grimmigen Stoff ward des Lebens lange Hölle gemacht:

Dies waren die Fäden vom dunklen Spinnennetz,

In dem die Seele gefangen ward, zitternd und umgarnt;

Dies war Religion, dies war die Regel der Natur.

In einer verruchten Kapelle der Gottlosigkeit

Ein schwarzes unbarmherziges Bild der Macht zu verehren,

Musste man kniend hartherzige steinige Höfe durchqueren,

Ein Pflaster wie ein Boden bösen Schicksals.

Ein jeder Stein war eine scharfe Kante unbarmherziger Gewalt

Und klebte vom erkalteten Blut der Brust von Gemarterten;

Die ausgedörrten knorrigen Bäume standen da wie sterbende Menschen,

Erstarrt in einer Haltung der Todesqual,

Und aus jedem Fenster stierte ein ominöser Priester,

Te Deums singend für die krönende Gnade des Gemetzels,

Entwurzelter Städte, zerbombter Menschenhäuser,

Verbrannter und zerfetzter Körper, der Bombenmassaker.

„Unsere Feinde sind gefallen, sind gefallen“, sangen sie,

„Alle, die einst unserem Willen widerstanden, sind erschlagen und tot;

Wie groß sind wir doch, wie gnädig bist Du.“

So dachten sie, Gottes unnahbaren Thron zu erreichen

Und Ihm zu gebieten, dem all ihr Tun widersprach,

Rühmend ihre Taten, um seine Himmel zu berühren

Und ihn zum Komplizen ihrer Verbrechen zu machen.

Dort fand erbarmungsvolles Mitleid keinen Platz,

Nur rabiate Stärke und eherne Launen herrschten hier,

Eine endlose Herrschaft des Schreckens und der Finsternis:

Dies nahm die Gestalt eines verdunkelten Gottes an,

Verehrt von der gequälten Erbärmlichkeit, die er geschaffen hat,

Der in Knechtschaft hielt eine elende Welt,

Und hilflose, an unaufhörliches Leid genagelte Herzen

Verehrten den Fuß, der in Dreck sie trat.

Es war eine Welt von Leid und Hass,

Leid mit Hass als einzige Freude,

Hass mit dem Leid anderer als festlicher Schmaus;

Eine verbitterte Grimasse verzerrte den leidenden Mund;

Eine tragische Grausamkeit ergriff ihre unheilvolle Chance.

Hass war der schwarze Erzengel jenes Reiches;

Er glühte als dunkler Juwel im Herzen,

Verbrennend die Seele mit seinen bösartigen Strahlen,

Und schwelgte in seinem grausamen Abgrund der Macht.

Diese Leidenschaften schienen sogar Objekte zu verströmen, –

Denn der Geist floss über in das Unbelebte,

Das mit der Bosheit antwortete, die es empfing, –

Verwendeten bösartige Mächte gegen die, die sie gebrauchten,

Verletzten ohne Hände und ganz seltsam, erschlugen plötzlich,

Gebraucht als Instrumente eines ungesehenen Verhängnisses.

Oder sie machten sich zu einer schicksalhaften Kerkermauer,

An der die Verdammten durch die schleichenden,

Vom Läuten einer ominösen Glocke gezählten Stunden wachen.

Eine böse Umgebung machte böse Seelen noch schlimmer:

Alle Dinge waren dort bewusst und alles war verdorben.

In diese teuflische Sphäre wagte er weiter vorzudringen

Bis in ihre tiefste Grube und das dunkelste Mark,

Störte ihre finstere Basis, wagte zu bestreiten

Ihr uraltes Vorrecht und ihre absolute Kraft:

Er tauchte in die Nacht, um deren grauenvolles Herz zu erkennen,

In der Hölle suchte er die Wurzel und Ursache der Hölle.

Seine qualvollen Schlünde öffneten sich in seiner eigenen Brust;

Er lauschte dem lauten Wehklagen seiner angehäuften Pein,

Dem Herzschlag seiner fatalen Einsamkeit.

Darüber lag eine kühle taube Ewigkeit.

In diffusen gewaltigen Korridoren des Unheils

Vernahm er die Kobold- Stimme, die zum Morden anleitet,

Und trotzte den Verzauberungen des Dämon- Zeichens

Und durchquerte den Hinterhalt der Widersacher- Schlange.

In bedrohlichen Gefilden, in qualvollen Einsamkeiten

Wanderte er unbegleitet auf trostlosen Wegen daher,

Wo der rote Wolf am furtlosen Strome wartet

Und schwarze Adler des Todes an der Klippe kreischen,

Und traf auf die Hunde des Unglücks, die der Menschen Herz

Bellend durch die Steppen des Schicksals hetzen,

Fochte auf haltlosen Schlachtfeldern des Schlundes

Schattige Kämpfe in stummen augenlosen Tiefen aus,

Hielt den Ansturm der Hölle aus und die Hiebe des Titanen

Und ertrug die heftigen inneren Wunden, die nur schwer heilen.

Gefangener einer vermummten magischen Kraft,

Gefasst und in das Todesnetz der Falschheit geschleift

Und oft stranguliert in der Schlinge des Grams

Oder in den grimmen Morast fressenden Zweifels geworfen

Oder in Gruben des Irrglaubens und der Verzweiflung eingesperrt,

Trank er ihr Gift in einem Zuge bis nichts mehr übrig blieb.

In einer Welt, wohin weder Hoffnung noch Freude kommen konnten,

Erlitt er die Tortur des Bösen absoluter Herrschaft

Und hielt doch unversehrt die strahlende Wahrheit seines Geistes.

Unfähig der Bewegung oder Kraftanwendung,

Eingekerkert und blind in der völligen Verneinung der Materie,

Genagelt an die schwarze Trägheit unserer Basis,

Hielt er zwischen seinen Händen seine flackernde Seele in Ehren.

Sein Wesen wagte es, in die mentallose Leere einzudringen,

Unduldsame Klüfte, die weder Denken noch Empfinden kennen;

Denken schwand, Empfinden versagte, doch seine Seele sah und wusste.

In atomaren Parzellierungen des Unendlichen,

Nahe bei den stummen Anfängen des verlorenen Selbstes,

Empfand er die seltsam winzige Nichtigkeit

Der Schöpfung stofflicher Dinge.

Oder, erstickt in der hohlen Düsternis des Nichtbewussten,

Er erkundete das dunkle und bodenlose Mysterium

Der ungeheuren und gehaltlosen Tiefen,

Woher das kämpfende Leben in ein totes Universum aufstieg.

Dort fühlte er in völliger Identität, die das Mental verloren hatte,

Den versiegelten Sinn der empfindungslosen Welt

Und eine stumme Weisheit in der unwissenden Nacht.

Er kam in die abgrundtiefe Heimlichkeit,

Wo Finsternis von ihrer Matratze blickt, grau und nackt,

Und stand auf dem letzten verschlossenen Flur des Unterbewussten,

Wo das Sein, seiner Gedanken unbewusst, schlief

Und die Welt erbaute, nicht wissend, was es schuf.

Dort lag unbekannt das Künftige und wartete auf seine Stunde,

Dort ist das Verzeichnis der erloschenen Sterne.

Dort im Schlummer des kosmischen Willens

Sah er den geheimen Schlüssel für die Wandlung der Natur.

Ein Licht war bei ihm, eine unsichtbare Hand

War auf den Irrtum und auf den Schmerz gelegt,

Bis dieser zu bebender Ekstase wurde,

Dem süßen Schock eines umfangenden Armes.

Er sah in der Nacht den schattenhaften Schleier des Ewigen,

Erkannte Tod als Keller des Lebenshauses,

Spürte in Zerstörung den raschen Schritt der Schöpfung,

Begriff Verlust als Preis für himmlischen Gewinn

Und Hölle als Abkürzung zu den Toren des Himmels.

Dann wurden in der okkulten Werkstatt der Illusion

Und in der magischen Druckerei der Nichtbewusstheit

Die Formate der ursprünglichen Nacht zerrissen

Und die Klischees der Unwissenheit zerschmettert.

Belebt, einen tiefen spirituellen Atem schöpfend,

Löschte die Natur ihren starr mechanischen Kodex aus

Und die Klauseln des Kontraktes der gebundenen Seele,

Falschheit gab der Wahrheit ihre geschundene Gestalt zurück.

Ausgelöscht waren die Gesetzestafeln der Pein,

Und an ihre Stelle traten leuchtende Schriftzeichen.

Der unwahrnehmbare Finger des kunstfertigen Schreibers schrieb

Seine rasche intuitive Kalligraphie;

Die Formen der Erde wurden zu seinen göttlichen Dokumenten,

Verkörpert ward Weisheit, die das Mental nicht enthüllen konnte,

Nichtbewusstheit verjagt aus der stimmlosen Brust der Welt;

Umgewandelt war das starre Schema des rationalen Denkens.

In den trägen Dingen Bewusstsein erweckend,

Zwang er dunklem Atom und stummer Masse

Die Diamantschrift des Unvergänglichen auf,

Schrieb auf das düstere Herz gefallener Dinge

Einen Päon-Gesang des freien Unendlichen

Und den Namen, der der Ewigkeit zugrunde liegt,

Und den wachen frohlockenden Zellen zeichnete er

In den Ideogrammen des Unbeschreiblichen

Die Lyrik jener Liebe auf, die durch alle Zeit wartet,

Und den mystischen Band des Buches der Seligkeit

Sowie die Botschaft des überbewussten Feuers.

Dann pulsiert das Leben rein im körperlichen Gefüge;

Der teuflische Schimmer starb und konnte nicht mehr töten.

Die Hölle zerbarst quer durch ihre riesige schroffe Fassade

Als würde ein magisches Gebäude zunichte gemacht,

Die Nacht tat sich auf und verschwand wie ein abgrundtiefer Traum.

In die Lücke des Seins, ausgehöhlt als leerer Raum,

Wo sie den Platz abwesenden Gottes eingenommen hatte,

Ergoss sich eine weite innige und wonnevolle Morgendämmerung;

Geheilt war alles, was das zerrissene Herz der Zeit geschaffen hatte,

Und Kummer gab es nicht mehr in der Brust der Natur:

Teilung hörte auf zu sein, denn Gott war da.

Die Seele erhellte den bewussten Körper mit ihrem Strahl,

Materie und Geist verschmolzen und waren eins.

Ende des achten Cantos

Share by: