SAVITRI

Das Mantra zur Transformation der Welt

Auszüge aus den Werken von

Sri Aurobindo und der Mutter


Savitri, das wundervolle prophetische Gedicht, das der Wegweiser der Menschheit zu ihrer künftigen Verwirklichung sein wird. – Die Mutter


Die Situation, in der wir uns befinden, ist eine ganz besondere, außergewöhnliche, noch nie dagewesene. Wir sind bei der Geburt einer neuen Welt zugegen. Ganz jung ist sie, ganz schwach – nicht ihrem Wesen nach, aber in ihrer äußeren Manifestation – noch nicht anerkannt, nicht einmal wahrgenommen, und von den meisten geleugnet. Doch sie ist da. Sie ist da, bemüht zu wachsen und des Ausgangs ganz und gar gewiss. Doch der Weg dorthin ist ein völlig neuer, nie zuvor begangener – keiner ist dort gewesen, keiner hat das getan! Es ist ein Neubeginn, ein universeller Neubeginn. Und deshalb ist es ein absolut unerwartetes und unvorhersehbares Abenteuer. – Die Mutter

Erster Teil

Einleitung

Kapitel 1

Savitri – das wundervolle prophetische Gedicht

Worte der Mutter

Über Savitri

1. Die tägliche Aufzeichnung der spirituellen Erfahrungen von dem, der es geschrieben hat.

2. Ein vollständiges Yoga-System, das jenen als Führung dienen kann, die der integralen Sadhana folgen wollen.

3. Der Yoga der Erde in ihrem Aufstieg zum Göttlichen hin.

4. Die Erfahrungen der Göttlichen Mutter in ihrem Bemühen, sich an den Körper, den sie genommen hat, anzupassen, sowie an die Unwissenheit und Falschheit der Erde, auf der sie inkarnierte.

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Eine Hymne an Savitri

Rig Veda (V.81)

l. Die Erleuchteten schirren ihr Mental und ihre Gedanken an die leuchtende Gottheit, die unermessliche, die leuchtend im Bewusstsein ist. Als der eine Kenner aller Manifestation von Wissen verfügt er allein über die Dinge des Opfers. Groß ist die Lobpreisung Savitris, der schöpferischen Gottheit.

2. Alle Formen sind Kleider, die der Seher anlegt, damit er das Gute und die Wonne für das doppelte und vierfältige Geschöpf erschafft. Savitri beschreibt durch sein Licht unsere himmlische Welt. Erhaben ist er und begehrenswert, weit ist das Licht seines Leuchtens beim Vormarsch der Morgendämmerung .

3. Und bei jenem Vormarsch folgen all die anderen Götter in ihrer Macht der Größe dieser Gottheit nach. Dies ist jener helle Gott Savitri, der durch seine Macht und Größe unsere irdischen Welten des Lichts ausgemessen hat.

4. Aber auch du gehst, O Savitri, zu den drei leuchtenden Welten des Himmels, und du wirst durch die Strahlen der Sonne geoffenbart, und du umschließt auf beiden Seiten die Nacht und wirst Mitra, O Gott, mit seinen etablierten Gesetzen der Wahrheit .

5. Und du allein hast Kraft zur Schöpfung, und du wirst zum Mehrer, O Gott, durch deine Vormärsche auf deinem Pfad, und du erleuchtest diese ganze Welt des Werdens. Shyavashwa, O Savitri, hat die Bestätigung deiner Göttlichkeit gefunden.

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Erläuterung Sri Aurobindos

Der Rishi besingt den Sonnen-Gott als die Quelle göttlicher Erkenntnis und den Schöpfer der inneren Welten. An ihn, den Seher, schirren die Sucher des Lichts ihr Mental und ihre Gedanken. Er, der eine Kenner aller Formen der Erkenntnis, ist der über das Opfer zuhöchst Verfügende. … Er hat für uns unsere irdischen Welten durch seine Macht und Größe ausgemessen: Aber in den drei Welten des Lichts geschieht es, dass er seine wirkliche Größe der Offenbarung in den Strahlen der göttlichen Sonne erreicht. Dann umschließt er die Nacht unserer Dunkelheit mit seinem Wesen und seinem Licht und wird zu Mitra, der durch seine Gesetze die leuchtende Harmonie unserer höheren und niederen Welten erzeugt. Er ist der eine Urheber unserer ganzen Schöpfung, und durch seine vorwärts gerichteten Märsche ist er ihr Mehrer, bis die ganze Welt unseres Werdens von seiner Erleuchtung erfüllt wird.

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Kapitel 2

Savitri – die Göttliche Mutter

Worte Sri Aurobindos

Savitri repräsentiert in dem Gedicht die Inkarnation der Göttlichen Mutter . … Diese Inkarnation soll in weit vergangenen Zeiten stattgefunden haben, als die ganze Sache eröffnet werden musste, um „die Wege zur Unsterblichkeit auszuhauen“.

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Worte Sri Aurobindos

Aswapatis Yoga besteht aus drei Teilen. Als erstes sucht er seine eigene spirituelle Selbst-Erfüllung als das Einzelwesen; dies wird als Yoga des Königs beschrieben. Als nächstes unternimmt er den Aufstieg als ein typischer Repräsentant der menschlichen Rasse, um die Möglichkeit der Entdeckung und des Besitzes all der Bewusstseinsebenen zu gewinnen. Dies ist im zweiten Buch beschrieben: Aber auch das ist nur ein individueller Sieg. Schließlich strebt er nach einer universalen Verwirklichung und einer neuen Schöpfung und zwar nicht länger für sich allein sondern für die Gesamtheit. Dies wird im Buch der Göttlichen Mutter beschrieben.

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Worte der Mutter

Mutter, Leiden kommt von der Unwissenheit und vom Schmerz, aber von welcher Natur sind Leiden und Schmerz, die die Göttliche Mutter um ihrer Kinder willen erduldet – die Göttliche Mutter in „Savitri“?

Der Grund liegt darin, dass sie an der Natur ihrer Kinder teilhat. Sie ist auf die Erde gekommen, um an ihrer Natur teilzuhaben. Denn wenn sie nicht an ihrer Natur teilhätte, könnte sie sie nicht weiterführen. Wenn sie in ihrem höchsten Bewusstsein bliebe, wo es kein Leiden gibt – in ihrem höchsten Wissen und Bewusstsein –, könnte sie keine Verbindung zu den Menschen haben. Und deshalb muss sie Gestalt und Bewusstsein der Menschen annehmen, um mit ihnen in Kontakt kommen zu können. Nur vergisst sie nicht: Sie hat das menschliche Bewusstsein angenommen, bleibt aber mit ihrem eigenen höchsten Bewusstsein in Verbindung. Und indem sie beides verbindet, kann sie diejenigen einen Fortschritt machen lassen, die in diesem Bewusstsein sind. Nähme sie aber das menschliche Bewusstsein nicht an und erlitte sie nicht das menschliche Leid, könnte sie den Menschen nicht helfen. Es ist kein Leiden aus Unwissenheit: Es ist ein Leiden aus Identität. Denn sie hat es auf sich genommen, die gleichen Schwingungen zu haben wie die Menschen, damit sie mit ihnen in Berührung kommen und sie aus dem Zustand herausholen kann, in dem sie stecken. Wenn sie keine Verbindung mit ihnen aufnähme, würde sie überhaupt nicht erkannt beziehungsweise niemand könnte ihre Strahlung ertragen. ... Das wurde in allen möglichen Formen, in allen möglichen Religionen gesagt und man hat sehr häufig vom göttlichen Opfer gesprochen, und es ist in gewisser Hinsicht wahr. Es ist ein freiwilliges Opfer, aber es ist wahr: auf einen Zustand vollkommenen Wissens, vollkommener Seligkeit, vollkommener Macht zu verzichten, um den Zustand des Unwissens der äußeren Welt auf sich zu nehmen, damit sie aus dieser Unwissenheit herausgezogen werden kann. Wenn man diesen Zustand nicht auf sich nähme, hätte man keinerlei Kontakt mit ihm. Es wäre keinerlei Verbindung möglich. Und das ist der Grund für die Inkarnationen. Sonst wären sie gar nicht notwendig. Wenn das göttliche Bewusstsein und die göttliche Kraft sich direkt vom Ort oder vom Zustand ihrer Vollkommenheit aus geltend machen könnten, wenn sie sich direkt auf die Materie richten und sie umwandeln könnten, wäre es gar nicht notwendig, einen Körper wie den der Menschen anzunehmen. Man bräuchte nur von der Welt der Wahrheit aus mit dem vollkommenen Bewusstsein auf das Bewusstsein einzuwirken. Das wirkt vielleicht tatsächlich, aber so langsam, dass man für die Bemühung, die Welt einen Fortschritt machen zu lassen, sie schneller voranzubringen, die menschliche Natur annehmen muss. Wenn man einen menschlichen Körper annimmt, muss man auch die menschliche Natur annehmen – teilweise. Anstatt aber sein Bewusstsein und den Kontakt mit der Wahrheit zu verlieren, behält man dieses Bewusstsein und diese Wahrheit, und gerade indem man beides verbindet, kann man sozusagen die Alchemie der Transformation erzeugen. Wenn man jedoch die Materie nicht berührte, könnte man nichts für sie tun.

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Kapitel 3

Die Komposition Savitris

Worte Sri Aurobindos

Das Gedicht wurde ursprünglich von einer niedrigeren Ebene aus geschrieben, einer Mischung vielleicht aus dem inneren Mental, der seelischen, poetischen Intelligenz, dem verfeinerten Vital, nachher mit dem Höheren Mental, oft erleuchtet und intuisiert, das dann dazwischentrat. Der meiste Stoff des ersten Buches ist neu, oder aber der alte ist so geändert, dass er jetzt nicht mehr das ist, was er war. Das Beste vom alten wurde gelegentlich fast intakt belassen, weil es bereits die höhere Inspiration besaß. Außerdem wurden viele sukzessive Überarbeitungen vorgenommen, die jeweils den Versuch unternahmen, die allgemeine Ebene immer höher in Richtung auf eine mögliche Obermental -Dichtung anzuheben. In der jetzigen Fassung kommt ein allgemeiner Obermental -Einfluss durch, glaube ich, manchmal voll, manchmal die Dichtung der vermischten anderen höheren Ebenen färbend, der manchmal eine dieser Ebenen zur höchsten Stufe bringt oder die seelische, die poetische Intelligenz oder die vitale zu ihnen anhebt.

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Worte Sri Aurobindos

Mit eurem stillen Bewusstsein sollte es möglich sein, mit der geringsten Konzentration Eingebung von den höchsten Ebenen herabzubringen.

So leicht machen es einem die höchsten Ebenen nicht. Warum sollte es andernfalls so schwierig sein, das Supramental in das physische Bewusstsein herabzubringen und dort zu organisieren? Was seid ihr doch alle für unbekümmerte phantasievolle Nichtskönner! Ihr sprecht von Stille, Bewusstsein, Obermental, Supramental usw., als ob es zahlreiche elektrische Knöpfe wären, die man nur drücken muss, und damit genug. Eines Tages mag es so sein, aber mittlerweile muss ich mich kundig machen hinsichtlich aller möglichen Arten von Elektrizität, all der Gesetze, Möglichkeiten, Risiken usw., muss Wege der Verbindung und Kommunikation konstruieren, das ganze weitvernetzte System aufbauen, herauszufinden versuchen, wie es narrensicher gemacht werden kann, und all das im Laufe eines einzigen Lebens. Und ich muss das tun, während meine gesegneten Schüler aus einer Position vollständiger Unverantwortlichkeit ihre beschwingten oder betrübten a priori -Argumentationen auf mich abfeuern und von mir erwarten, dass ich ihnen alles ganz ausführlich und nicht bloß in Hinweisen offen lege. Herr Gott in omnibus!

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Worte Sri Aurobindos

Ich habe Savitri als Mittel zum Aufstieg gebraucht. Ich begann damit auf einer gewissen mentalen Ebene, und jedes Mal, wenn ich eine höhere Ebene erreichen konnte, schrieb ich von da aus neu. Ferner war ich anspruchsvoll – wenn ein Teil mir von niederen Ebenen zu kommen schien, gab ich mich nicht damit zufrieden, es so zu belassen, nur weil es gute Dichtung war. Alles musste so weit wie möglich von gleich guter Prägung sein. Tatsächlich habe ich Savitri nicht als ein Gedicht betrachtet, das zu schreiben und abzuschließen ist, sondern als Experimentierfeld, um zu sehen, wie weit Dichtung vom eigenen yogischen Bewusstsein geschrieben werden und wie dieses schöpferisch gemacht werden kann.

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Worte Sri Aurobindos

Ich denke nicht über Technik nach, weil denken nicht mehr in mein Fach gehört. Aber ich schaue und fühle nach ihr, wenn die Zeilen kommen, und dann bei der Durchsicht. Ich kümmere mich nicht um Einzelheiten, während ich schreibe, das würde nur die Inspiration hemmen. Ich lasse sie ohne einzugreifen durch und halte nur bei einer offenkundigen Unzulänglichkeit ein, wobei ich den Schluss ziehe, dass es eine falsche Eingebung ist oder eine niedrigere Ebene dazwischengefunkt hat. Wenn die Inspiration die richtige ist, brauche ich mich um Technik nicht zu sorgen, auch nachher nicht; denn dann kommt die vollkommene Zeile durch, mit dem vollkommenen Rhythmus untrennbar verflochten oder eher in ein Unteilbares und Einziges verschmolzen. Wenn etwas mit dem Ausdruck nicht stimmt, bringt das auch eine Unvollkommenheit im Rhythmus mit sich, und wenn es im Rhythmus einen Makel gibt, trägt auch der Ausdruck nicht sein volles Gewicht, ist nicht mehr völlig unausweichlich. Ist die Eingebung nicht durchgehend die richtige, kommt es zu einer Nachprüfung und Umarbeitung von Teilen oder des Ganzen. Am meisten Wert lege ich darauf, dass jede Zeile in sich unausweichlich ist, als Ganzes und auch in jedem Wort, dass die Satzlängen richtig verteilt sind (sehr wichtig bei dieser Art Blankvers) und dass die Zeilen an ihrem richtigen Platz stehen. Denn alle Zeilen mögen zwar vollkommen sein, aber nicht vollkommen zusammenpassen – Brücken mögen nötig sein, Stellungswechsel, um die richtige Abwicklung und Perspektive zu schaffen usw. Pausen gibt es bei dieser Art Blankvers kaum. Variationen im Rhythmus der Zeilen untereinander, der Zäsur, der Verteilung von langen und kurzen, verschluckten und offenen Silben, vielfältige Gebilde von Vokal- und Konsonantenlauten, Stabreimen und Gleichklängen usw., Verteilung in einer Zeile, zwei Zeilen, drei, vier oder fünf Zeilen, Sätzen aus vielen Zeilen, ferner die Sorgfalt, jede Zeile in ihrer eigenen Fülle und Kraft sprechen zu lassen und gleichzeitig harmonisch in einen ganzen Satz sich zu fügen – auf diese Dinge kommt es an. Gewöhnlich achtet die Inspiration selber auf das alles; denn, weil ich die Technik kenne und sie gewohnt bin, liefert die Inspiration, was ich wünsche, der üblichen Bestellung gemäß. Wenn etwas schadhaft ist, wende ich mich an die Zentrale, bis eine einwandfreie Fassung kommt oder der Schaden behoben ist durch einen Wort- oder Satzersatz, der blitzt – mit dem nötigen Klang und Sinn. Diese Dinge geschehen nicht durch Denken oder Suchen nach der richtigen Sache – die beiden Mittel sind Schau und Anruf. Auch Gefühl – das Sonnengeflecht muss zufriedengestellt werden, und bis dahin muss es mit Überarbeitungen weitergehen. Ich kann noch hinzufügen, dass sich die Technik nach keiner festgelegten mentalen Regel richtet – denn das Ziel ist nicht perfekte technische Eleganz nach Vorschrift, sondern Klangbedeutung, welche die Wortbedeutung ausfüllt. Wenn sich das durch Brechen einer Regel tun lässt, nun, dann hat die Regel Pech gehabt.

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Worte Sri Aurobindos

An keiner Stelle in Savitri habe ich etwas um der bloßen Bildhaftigkeit willen geschrieben oder bloß, um einen rhetorischen Effekt zu erzielen. Überall im Gedicht versuche ich, genau das auszudrücken, was gesehen, gefühlt oder erfahren wurde. Wenn ich z. B. in der reich befrachteten Zeile oder Passage schwelge, so nicht um des bloßen Vergnügens am Schwelgen willen, sondern weil in der Schau oder Erfahrung, zumindest in dem, was ich als solche konzipiere, jene Reichhaltigkeit vorhanden ist. Ist der Ausdruck gefunden, muss ich urteilen, nicht mit dem Intellekt oder nach einer festen poetischen Regel, sondern mittels eines intuitiven Gefühls, ob es ganz und gar der rechte Ausdruck ist, und wenn das nicht der Fall ist, muss ich immer wieder Änderungen anbringen, bis ich die absolut richtige Inspiration und deren rechte Transkription empfange habe und darf mich nicht mit einem à peu près oder einer unvollkommenen Transkription zufrieden geben, selbst wenn dies gute Poesie der einen oder anderen Art erzeugt. Das ist es, was ich zu leisten versuchte. Der Kritiker oder Leser muss für sich selbst urteilen, ob es Erfolg oder Fehlschlag war. Doch wenn er nichts gesehen und nichts verstanden hat, folgt daraus keineswegs, dass sein negatives Urteil auch richtig und wahr ist; zumindest besteht die Möglichkeit, dass er zu seinem Schluss kommt, nicht weil es nichts zu sehen und nichts zu verstehen gäbe – nur armselige Pseudo-Substanz oder rhetorische Leere –, sondern weil ihm das rechte Rüstzeug für die Schau und das Verständnis fehlte. Savitri ist die Aufzeichnung eines Sehers, einer Erfahrung von nicht gewöhnlicher Art und oft sehr weit entfernt von dem, was das allgemeine menschliche Mental sieht und erfährt. Du darfst nicht gleich beim ersten Kontakt von der allgemeinen Öffentlichkeit oder von vielen Lesern Würdigung oder Verständnis erwarten. Wie ich ausgeführt habe, muss es eine neue Ausweitung des Bewusstseins und der Empfindung geben, um eine neue Art mystischer Dichtung würdigen zu können.

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Worte Sri Aurobindos

Dies ist nicht die Methode von Savitri . Sein Ausdruck strebt nach einer gewissen Kraft, Unmittelbarkeit und spirituellen Klarheit und Wirklichkeit. Wenn es nicht verstanden wird, dann deshalb, weil die Wahrheiten, die es ausdrückt, dem gewöhnlichen Mental nicht vertraut sind oder einem unbetretenen Bereich oder Bereichen angehören oder in ein Feld okkulter Erfahrung eintreten; es ist nicht, weil es irgendeinen Versuch zu einer dunklen oder vagen Tiefgründigkeit gibt oder zu einer Flucht aus dem Denken. Das Denken ist nicht intellektuell, sondern intuitiv und mehr als intuitiv, immer eine Vision ausdrückend, einen spirituellen Kontakt oder ein Wissen, das durch Eintreten in die Sache selbst gekommen ist, durch Identität.

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Zweiter Teil

Eine Vision von höheren Bereichen

Kapitel 1

Die supramentale Schau und ihre Ausdrucksweise

Das Wesen des Supramentals

Worte Sri Aurobindos

Das Supramental, das alles in sich enthält, alles verursacht und alles aufs Höchste erfüllt, müssen wir als die Natur des Göttlichen Wesens erkennen, und zwar nicht in seinem absoluten Selbst-Sein, sondern in seinem Wirken als Herr und Schöpfer seiner eigenen Welten. Das ist die Wahrheit dessen, was wir Gott nennen.

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Worte Sri Aurobindos

Das Supramental ist seinem eigentlichen Wesen nach ein Wahrheitsbewusstsein, ein Bewusstsein, allezeit frei von jener Unwissenheit, die in unserem derzeitigen natürlichen oder evolutionären Dasein das Fundament bildet, und von der aus die Natur in uns zu Selbst-Wissen und Welt-Wissen, zu einem richtigen Bewusstsein und dem richtigen Gebrauch unseres Daseins im Universum zu gelangen versucht. Dem Supramental wohnt dieses Wissen und diese Macht des wahren Daseins inne, weil es ein Wahrheitsbewusstsein ist. Sein Weg ist geradeaus und kann unmittelbar zu seinem Ziel führen, sein Kraftfeld ist weit und kann sogar unbegrenzbar gemacht werden. Denn seine wahre Natur ist Wissen: Es braucht nicht Wissen zu erwerben, sondern besitzt es von Natur aus; es geht nicht von Nichtwissen oder Unwissen aus zu irgendeinem unvollkommenen Licht hin, sondern von Wahrheit zu größerer Wahrheit, von richtiger Schau zu tieferer Schau, von Intuition zu weiterer Intuition, von Erleuchtung zu äußerster, grenzenloser Lichtfülle, von wachsender Weite zur völligen Grenzenlosigkeit, zur eigentlichen Unendlichkeit. Auf seinen Gipfeln besitzt es das göttliche Allwissen und die göttliche Allmacht, und sogar im Entfaltungsprozess seiner eigenen gradweisen Selbstoffenbarung, durch den es dann im Laufe der Zeit seine eigenen höchsten Höhen enthüllt, muss es seiner wahren Natur gemäß von Unwissenheit und Irrtum wesenhaft frei sein: Es geht von Wahrheit und Licht aus und bewegt sich immer in Wahrheit und Licht. So wie sein Wissen immer in der Wahrheit ist, so auch sein Wille; es geht nicht tölpelhaft mit den Dingen um und strauchelt nicht auf seinem Weg. Im Supramental geben auch die Gefühle und Empfindungen nichts von ihrer Wahrheit auf, machen keine Fehler oder Fehltritte, weichen nicht vom Richtigen und Wirklichen ab und können weder Schönheit noch Wonne missbrauchen, noch ihre göttliche Geradheit verdrehen. Im Supramental können auch die Sinne nicht verführt werden oder verrohen; in dieser Grobheit und Schwerfälligkeit besteht ihre Unvollkommenheit hier, was unsere Unwissenheit zu Vorwürfen, Missbrauch und Misstrauen veranlasst. Sogar eine unvollständige Aussage des Supramentals ist eine Wahrheit, die zu weiterer Wahrheit führt, und sein unvollendetes Wirken ein Schritt zur Vollkommenheit. Die Führung, das ganze Leben und Wirken des Supramentals ist naturgemäß vor den Irrtümern und Ungewissheiten bewahrt, die unser Anteil sind; es bewegt sich sicher seiner Vollendung zu. Sobald das Wahrheitsbewusstsein hier sein eigenes, natürliches Fundament aufgebaut hat, wird die Entwicklung des göttlichen Lebens ein Wachsen in Freude sein, ein Aufbruch durch das Licht in die Seligkeit, das Ananda .

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Die supramentale Schau

Worte Sri Aurobindos

Er blickte über die leeren Schweigsamkeiten
Und hörte die Schritte der ungeträumten Idee
Auf den fernen Alleen des Jenseits.
Er hörte die geheime Stimme, jenes Wort, das weiß,
Und sah das geheime Antlitz, das unser eigenes ist.
Die inneren Ebenen enthüllten ihre Tore aus Kristall;
Fremde Mächte und Einflüsse berührten sein Leben.
Es kam eine Vision von höheren Reichen als den unsrigen,
Ein Bewusstsein von helleren Gefilden und Himmeln,
Von Wesen, weniger eingeschränkt als kurzlebige Menschen
Und mit feineren Körpern als diese vorübergehenden Rahmenwerke,
Von Objekten, viel zu fein für unser materielles Greifen,
Von Taten, dynamisiert von übermenschlichem Licht,
Und Bewegungen, angetrieben von einer überbewussten Kraft,
Und Freuden, wie sie nie durch sterbliche Glieder strömten,
Und lieblichere Szenen als die der Erde und glücklichere Leben.
Ein Bewusstsein von Schönheit und von Seligkeit,
Ein Wissen, das zu dem wurde, was es wahrnahm,
Ersetzte die abgesonderten Sinne und das Herz
Und zog die ganze Natur in seine Umarmung.

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Worte der Mutter

Es ist ungefähr so: Im supramentalen Sehen hat man ein direktes, totales und unmittelbares Wissen der Dinge, und zwar so, dass man alles zu gleicher Zeit, vollständig in sich selbst, total erkennt. Die Wahrheit einer Sache in all ihren Aspekten gleichzeitig ..., simultan und vollständig. Und sobald man dies erklären oder es beschreiben will, muss man sozusagen auf eine Ebene herabsteigen, die Sri Aurobindo hier das „Mental des Lichtes“ nennt, wo die Dinge eines nach dem anderen, in einer bestimmten Ordnung und in einer bestimmten Beziehung zueinander gesagt oder auch gedacht oder erklärt werden müssen. Die Gleichzeitigkeit verschwindet, weil es beim gegenwärtigen Zustand unserer Ausdrucksweise unmöglich ist, alles gleichzeitig, auf einen Schlag, zu sagen, und wir einen Teil unseres Sehens und Wissens verhüllen müssen, um es eines nach dem anderen herauszubekommen. Und dies nennt er den „Schleier“, der transparent ist, da man alles gleichzeitig sieht und weiß und das Gesamtwissen einer Sache hat, aber es nicht ganz und auf einmal ausdrücken kann. Es gibt keine Wörter und keine Ausdrucksmöglichkeiten, solange wir so sind, wie wir sind. Wir müssen uns notgedrungen eines niedrigeren Verfahrens bedienen, um uns auszudrücken, während wir zugleich das totale Wissen haben. Nur die Notwendigkeit, dieses Wissen in Worte zu übertragen, zwingt uns dazu, einen Teil unseres Wissens sozusagen zu verhüllen und es nur in aufeinanderfolgenden Portionen herauslassen zu können. Aber es ist ein transparenter Schleier, da wir ja die Sache kennen – wir wissen, wir sehen, wir kennen sie in ihrer Ganzheit –, aber wir können sie nicht als Ganzes auf einmal ausdrücken. Man muss sie in einer Reihenfolge nacheinander mitteilen. Das ist der Schleier des Ausdrucks, der unseren Bedürfnissen angepasst ist – denen der Aussage und zugleich denen des Verstehens. Das Wissen ist da, es ist tatsächlich da – nicht etwa, dass man dabei wäre, es zu suchen und dass man desto mehr ausdrückt, je mehr man findet –, es ist in seiner Ganzheit da, aber der Ausdrucksmangel bewirkt, dass man es nacheinander sagen muss, und das vermindert dann natürlich diese Allmacht, von der er spricht, denn die Allmacht besteht im ganzheitlichen Sehen der Sache, das sich in seiner Ganzheit ausdrückt. Das Allwissen ist im Prinzip da, es ist da, wahrnehmbar, aber seine ganzheitliche Macht kann nicht wirken, weil es eine Ebene herunterkommen muss, um sich ausdrücken zu können... Um ganz im supramentalen Wissen leben zu können, muss man andere Ausdrucksmittel haben, als wir sie jetzt besitzen. Neue Ausdrucksmittel müssen entstehen, damit man das supramentale Wissen auf supramentale Weise ausdrücken kann. ... Jetzt sind wir genötigt, unsere mentale Fähigkeit auf ein Maximum zu erhöhen, so dass es sozusagen nur noch eine kaum wahrnehmbare Grenze gibt, die aber vorhanden ist, weil unsere Ausdrucksmöglichkeiten noch zur Mentalwelt gehören und noch nicht die supramentale Fähigkeit haben. Wir haben nicht die dafür notwendigen Organe. Wir müssten Wesen des Supramentals mit einer supramentalen Substanz und einer inneren supramentalen Organisation werden, um das Supramentale Wissen supramental ausdrücken zu können. Bis jetzt sind wir ... halb; wir können irgendwo in unserem Bewusstsein ganz in das supramentale Sehen und Wissen auftauchen, doch wir können es nicht ausdrücken. Wir müssen wieder eine Ebene zurück, um uns auszudrücken.

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Dritter Teil

Das schöpferische Wort

Kapitel 1

Die Theorie des Mantra

Das höchste Wort

Worte Sri Aurobindos

Wir müssen uns daran erinnern, dass im vedischen System das Wort ein schöpferisches Prinzip ist: Durch das Wort erschafft Brahma die Gestaltungen des Weltalls. Zudem ist die menschliche Sprache in ihrer höchsten Form lediglich ein Versuch, durch Offenbarung und Inspiration wieder zu einem absoluten Ausdruck der Wahrheit zu gelangen, die im Unendlichen über unserem mentalen Begriffsvermögen bereits existiert. Ebenso muss also dieses Wort über unserer mentalen Konstruktionskraft liegen.

Die ganze Schöpfung ist Ausdruck durch das Wort; aber die ausgedrückte Form ist nur ein Symbol oder ein Repräsentant der Daseinsform. Wir sehen dies in der menschlichen Sprache, die dem Mental bloß eine mentale Form des Objektes bietet; aber das Objekt, das sie auszudrücken sucht, ist selbst bloß nur eine Form oder eine Darstellung einer anderen Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist Brahman. Brahman drückt durch das Wort eine Form oder Darstellung seiner selbst in den Objekten von Sinn und Bewusstsein aus, die das Weltall ausmachen, so wie das menschliche Wort ein mentales Bild jener Objekte ausdrückt. Dieses Wort ist in tieferem und ursprünglicherem Sinn schöpferisch als menschliche Sprache und zwar mit einer Macht, mit der verglichen die größte Kreativität menschlicher Sprache nur eine entfernte, schwache Analogie sein kann.

Das hier für „Äußerung“ gebrauchte Wort bedeutet genau genommen ein zum Vorschein bringen, um dem Mental zu begegnen. Brahman, sagt die Upanishad, ist das, was so nicht durch Sprache vor das Mental gebracht werden kann.

Wie wir gesehen haben, bringt menschliche Sprache nur die Darstellung einer Darstellung hervor, die mentale Figur eines Objektes, das selbst nur eine Figur der alleinigen Wirklichkeit, Brahman, ist. Sie besitzt zwar eine Macht neuer Schöpfung, aber diese Macht erstreckt sich bloß auf die Schaffung neuer mentaler Bilder, sozusagen anpassungsfähiger Formationen, die auf vorhergehende mentale Bilder beruhen. Solch eine beschränkte Macht gibt keine Idee von der ursprünglichen schöpferischen Macht, die die alten Denker dem göttlichen Wort beimaßen.

Gehen wir ein wenig tiefer unter die Oberfläche, so gelangen wir zu einer Macht in menschlicher Sprache, die uns ein fernes Bild des ursprünglichen schöpferischen Wortes gibt. Wir wissen, dass die Schwingung eines Klangs die Macht hat, Formen zu schaffen und zu zerstören; dies ist der modernen Wissenschaft wohl bekannt. Nehmen wir an, dass hinter allen Formen eine schöpferische Klangschwingung gewesen ist.

Wenn wir dann die Beziehung menschlicher Sprache zum Ton allgemein untersuchen, sehen wir sogleich, dass Sprache nur eine besondere Anwendung des Tonprinzips ist, eine beim Durchgang durch Hals und Mund vom Atemdruck erzeugte Schwingung. Zuerst muss sie spontan und natürlich gebildet worden sein, um die durch ein Objekt oder Vorkommnis hervorgebrachten Emotionen auszudrücken, und erst nachher vom Mental aufgenommen, um zunächst die Idee des Objekts und dann Ideen über es zu äußern. Daher mag der Wert von Sprache als bloß darstellend und nicht schöpferisch erscheinen.

Tatsächlich aber ist Sprache schöpferisch. Sie schafft Formen von Emotionen, mentale Bilder und Impulse zum Handeln. Die alte vedische Theorie und Praxis erweiterte dieses schöpferische Wirken der Sprache um den Gebrauch des Mantra. Die Theorie des Mantra besagt, dass es ein Wort der Kraft ist, geboren aus den geheimen Tiefen unseres Wesens, wo es von einem tieferen Bewusstsein als dem mentalen bebrütet worden ist, im Herzen gestaltet und nicht vom Verstand konstruiert, im Mental gehalten, wiederum vom wachen mentalen Bewusstsein konzentriert erwogen und schließlich schweigend oder stimmlich hervorgebracht – wobei das schweigende Wort wohl für noch machtvoller gehalten wird als das gesprochene –, eben zu schöpferischem Wirken. Das Mantra kann nicht nur neue subjektive Zustände in uns erschaffen, unser psychisches Wesen verändern, Wissen und Fähigkeiten enthüllen, die wir vorher nicht besessen hatten, kann nicht nur gleiche Ergebnisse in anderen Mentalen wie dem des Anwenders verursachen, sondern kann auch in der mentalen und vitalen Atmosphäre Schwingungen erzeugen, die Wirkungen, Handlungen und selbst die Erschaffung materieller Formen auf der physischen Ebene zur Folge haben.

Ja, auch normalerweise, sogar täglich und stündlich, erzeugen wir durch das Wort in unserem Inneren Gedanken-Schwingungen, Gedanken-Formen, die entsprechende vitale und physische Schwingungen hervorrufen, auf uns selbst und auf andere einwirken und die in mittelbarer Erschaffung von Handlungen und Formen in der physischen Welt enden. Der Mensch wirkt beständig auf den Menschen ein, sowohl mit dem schweigenden wie mit dem gesprochenen Wort, und so wirkt und erschafft er, wenn auch weniger unmittelbar und machtvoll, selbst in der übrigen Natur. Doch weil wir einfältig von den äußeren Formen und Erscheinungen der Welt in Anspruch genommen sind und uns nicht die Mühe machen, deren subtile und nicht-physischen Vorgänge zu untersuchen, bleiben wir in Unkenntnis über dieses gesamte Feld der Wissenschaft dahinter.

Der vedische Gebrauch des Mantra ist lediglich eine bewusste Anwendung dieser geheimen Macht des Wortes. Und begreifen wir die ihm zugrunde liegende Theorie zusammen mit unserer vorausgehenden Hypothese einer schöpferischen Tonschwingung hinter jeder Formation, dann beginnen wir die Idee vom ursprünglichen schöpferischen Wort zu verstehen. Nehmen wir einen bewussten Gebrauch der Tonschwingung an, die entsprechende Formen oder Formveränderungen bewirken. Aber in der alten Anschauung ist Materie nur die unterste der Daseinsebenen. Führen wir uns dann vor Augen, dass eine Tonschwingung auf der physischen Ebene eine ihr entsprechende auf der vitalen voraussetzt, ohne die sie nicht hätte ins Spiel kommen können, und diese weiterhin eine entsprechend hervorbringende Schwingung auf der mentalen, diese wiederum eine ebensolche auf der supramentalen an der ureigentlichen Wurzel der Dinge. Aber eine mentale Schwingung schließt Gedanken und Wahrnehmung ein, eine supramentale Schwingung schließt eine höchste Schau und Erkenntnis ein. Jede Tonschwingung auf dieser höheren Ebene ist daher voll dieser höchsten Erkenntnis einer Wahrheit in Dingen, die sie auch ausdrückt und zugleich schöpferisch, voll einer höchsten Macht, die die erkannte Wahrheit in Formen prägt und sie schließlich, von Ebene zu Ebene herabsteigend, in der von dem ätherischen Klang in Materie geschaffenen physischen Form oder Objekt wiedergibt. So sehen wir, dass die Theorie der Schöpfung durch das Wort, das der absolute Ausdruck der Wahrheit ist, und die Theorie der stofflichen Schöpfung durch Ton-Schwingung im Äther einander entsprechen und zwei logische Pole der gleichen Idee sind. Beide gehören zum selben vedischen System.

Dies ist also das höchste Wort, Sprache unserer Sprache. Es ist die Schwingung reiner Existenz, voll der wahrnehmenden und ursprünglichen Macht des unendlichen und allgewaltigen Bewusstseins, gestaltet vom Mental hinter dem Mental in das unausweichliche Wort der Wahrheit der Dinge; aus welcher Substanz und auf welcher Ebene auch immer, die Form oder der physische Ausdruck tritt durch seinen schöpferischen Mittler hervor. Das Supramental, das das Wort gebraucht, ist der schöpferische Logos.

Das Wort hat seine Keim-Laute – erinnernd an die ewige Silbe des Veda, AUM, und die Keim-Laute der Tantriker –, welche die Prinzipien der Dinge in sich tragen; es hat seine Formen, die hinter der zu des Menschen höchsten Fähigkeiten kommenden enthüllenden und inspirierten Sprache stehen, und jene prägen die Formen der Dinge im Universum; es hat seine Rhythmen – denn es ist keine ordnungslose Schwingung, sondern tritt in große kosmische Maße hinaus –, und dem Rhythmus entsprechen Gesetz, Anordnung, Harmonie und Vorgänge der Welt, die sie baut. Das Leben selbst ist ein Rhythmus Gottes.

Aber was ist das vom Wort in der Welt ausgedrückte oder vor das Bewusstsein gebrachte? Nicht Brahman, sondern Formen und Erscheinungen von Brahman. Brahman wird durch das Wort nicht ausgedrückt; er gebraucht das Wort nicht, um sich auszudrücken, sondern er wird vielmehr von seinem eigenen Selbst-Gewahrsein gekannt. Und auch die Wahrheiten von ihm, die hinter den Formen des Kosmos stehen, sind in ihrer wahren Wirklichkeit stets ein Selbstausdruck für sein ewiges Sehen in einer höheren als der mentalen Schwingung, eine rhythmische Stimme aus ihnen selbst, die eigentlich die Seele ihrer Bewegung ist. Sprache, etwas Geringeres, erschafft und drückt aus, ist jedoch ihrerseits nur Schöpfung und Ausdruck. Brahman wird von Sprache nicht ausgedrückt, vielmehr wird Sprache selbst von Brahman ausgedrückt. Und das, welches Sprache in uns ausdrückt, sie aus unserem Bewusstsein mit seinem Ringen, die Wahrheit der Dinge zu unserem Mental emporzuheben, ist Brahman selbst durch das Wort, Etwas, das im höchsten Überbewussten ist. Das Wort, Sprache unserer Sprache, ist in der Essenz seiner Macht der Ewige selbst und in seinen höchsten Bewegungen ein Teil seines immerwährenden spirituellen Körpers, brahmano rupam.

Darum müssen wir letzten Endes nicht die Geschehnisse und Erscheinungen der Welt als Ziel unseres Trachtens annehmen, sondern Das, was aus sich selbst das Wort hervorbringt, durch welches ihnen Gestalt verliehen wurde für unsere Betrachtung durch das Bewusstsein und für das Trachten unseres Willens. Mit anderen Worten, die höchste Existenz, die alles erzeugt hat.

Menschliche Sprache ist nur ein sekundärer Ausdruck und zuoberst ein Schatten des göttlichen Wortes, der Keim-Laute, der befriedigenden Rhythmen, der enthüllenden Klangformen, welche die allwissende und allmächtige Sprache des ewigen Denkers, Harmonikers und Schöpfers sind. Die höchste inspirierte Sprache, die das menschliche Mental erreichen kann, das Wort, das die höchste Wahrheit am synthetischsten ausdrückt, die mächtigste Silbe, das stärkste Mantra kann nur seine ganz entfernte Darstellungsform sein.

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Das Mantra – ein Wort von Macht und Licht

Worte Sri Aurobindos

So wie ein Mantra in das Ohr des Yoga versinkt,
Dringt seine Botschaft weckend in das blinde Gehirn
Und behält seinen Klang in den dunklen unwissenden Zellen;
Der Hörer erfasst ein Wortgebilde
Und nachsinnend über den Grundgedanken, den es in sich birgt,
Ringt er danach es mit dem mühenden Mental zu deuten,
Findet nur helle Andeutungen, nicht aber die Wahrheit, die es verkörpert:
Dann, fallend in das innere Schweigen um zu wissen,
Trifft er das tiefere Lauschen seiner Seele:
Das Wort wiederholt sich selbst in rhythmischen Weisen:
Denken, Schau, Gefühl, Sinn, das Selbst des Körpers
Ergreifen es unabänderlich und er macht
Eine Ekstase und unsterbliche Wandlung durch;
Er fühlt eine Weite und wird zu einer Macht,
Wie ein Meer stürmt alles Wissen auf ihn ein:
Verwandelt durch den weißen spirituellen Strahl
Wandelt er in nackten Himmeln der Freude und der Ruhe,
Sieht Gottes Angesicht und hört die transzendente Rede.

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Worte Sri Aurobindos

Das Mantra, wie ich es in The Future Poetry zu erläutern versucht habe, ist ein Wort von Macht und Licht, das aus der Inspiration des Obermentals oder einer sehr hohen Ebene der Intuition stammt. Seine Kennzeichen sind eine Sprache, die unendlich viel mehr vermittelt, als der bloße äußere Wortsinn zu sagen scheint, ein Rhythmus, der mehr noch ausdrückt als die Sprache, der aus dem Unendlichen geboren wird und dorthin entschwindet, und das Vermögen, nicht nur die mentalen, vitalen oder physischen Inhalte oder Hinweise und Beschreibungen des Gesagten, sondern seine Bedeutung und Gestalt in einem grundlegenden und ursprünglichen Bewusstsein mitzuteilen, das hinter diesen allen und größer ist.

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Die drei höchsten Intensitäten dichterischer Sprache

Worte Sri Aurobindos

Das Mantra, dichterischer Ausdruck der tiefsten spirituellen Wirklichkeit, ist nur möglich, wenn drei höchste Intensitäten dichterischer Sprache zusammenkommen und untrennbar eins werden: eine höchste Intensität an rhythmischer Bewegung, eine höchste Intensität an ineinander verwobener verbaler Form und Gedankensubstanz, des Stils also, sowie eine höchste Intensität an Wahrheitsschau der Seele. Alle große Dichtung entsteht durch Einklang dieser drei Elemente. Das Unzulängliche des einen oder anderen bewirkt die Disharmonien im Werk auch der größten Dichter, und das Versagen eines dieser Elemente ist der Grund für ihr gelegentliches Scheitern, für die Schlacken in ihrem Werk, die Sonnenflecken. Erst auf einer bestimmten höchsten Stufe der verschmolzenen Intensitäten wird das Mantra möglich.

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Das Mantra – ein göttlich beladenes rhythmisches Wort

Worte Sri Aurobindos

Das Mantra ist ein direktes und äußerst erhöhtes, ein intensivstes und höchst göttlich beladenes rhythmisches Wort, das eine intuitive und offenbarende Inspiration verkörpert und das Mental mit der Schau und der Gegenwart des ureigenen Selbstes beseelt, der innersten Wirklichkeit der Dinge, mit ihrer Wahrheit und ihren göttlichen Seelenformen, den Gottheiten, die aus der lebendigen Wahrheit geboren werden. Oder, sagen wir, es ist eine höchste rhythmische Sprache, die alles erfasst, was endlich ist, und in es das Licht und die Stimme seines eigenen Unendlichen hereinbringt.

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Das Mantra – die höchste Kraft der Sprache

Worte Sri Aurobindos

Ein Höchstes, ein Absolutes ihrer selbst, ein Hinausstreben zu einem Unendlichen und Äußersten, ein letzter Punkt der Vollkommenheit ihrer eigenen Möglichkeiten ist das, wohin alle Tätigkeit der Natur in ihren unbewussten Formationen intuitiv neigt, und wenn sie an jenem Punkt angelangt ist, hat sie ihre Existenz dem Geist rechtfertigt, der sie geschaffen hat, und den verborgenen schöpferischen Willen im Inneren erfüllt. Sprache, das ausdrückende Wort, hat einen solchen Gipfel oder ein solches Absolutes, eine Vollkommenheit, die der Stempel des Unendlichen auf ihren endlichen Möglichkeiten ist und ihres Schöpfers Siegel auf ihr. Diesem Absoluten des ausdrückenden Wortes kann man jenen Namen geben, den die inspirierten Sänger des Veda dafür fanden: Mantra. Insbesondere Dichtung brauchte zu ihrem vervollkommneten Ausdruck in den Hymnen des Veda diesen Begriff. Er ist jedoch nicht auf diese Bedeutung beschränkt, denn er ist auf alle Sprache ausgeweitet, die eine höchste oder eine absolute Kraft hat. Das Mantra ist das Wort, das die Gottheit oder die Kraft der Gottheit in sich trägt, das sie in das Bewusstsein bringen und samt ihren Funktionen dort festigen, dort das Erschauern des Unendlichen erwecken, die Kraft von etwas Absolutem, das Wunder der höchsten Äußerung verewigen kann. Diese höchste Kraft der Sprache und besonders poetischer Sprache müssen wir hier zum Ziel unserer Untersuchung machen und – wenn wir können – ihr Geheimnis entdecken, den Strom der Dichtung als einen langen Lauf der Bemühung menschlicher Sprache betrachten, diese höchste Kraft zu finden und die größere Verallgemeinerung ihrer Gegenwart und ihrer Kraft als künftiges Zeichen eines schließlichen Aufstiegs zu einer letztlichen Evolution als dichterisches Bewusstsein zur Eroberung ihrer höchsten Gipfel.

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Das Mantra – eine gestaltende und erhellende Macht

Worte Sri Aurobindos

Weder der Verstand, die Vorstellung noch das Ohr sind die wahren oder zumindest die tiefsten oder höchsten Empfänger der poetischen Freude, ebenso wie sie nicht ihre wahren oder höchsten Schöpfer sind. Sie sind nur ihre Kanäle und Instrumente: Der wahre Schöpfer, der wahre Hörer ist die Seele. Je schneller und transparenter die anderen Instanzen ihr Werk der Übermittlung tun, je weniger sie auf ihrem separaten Anspruch auf Befriedigung bestehen, je direkter also das Wort die Seele erreicht und tief in sie sinkt, desto größer die Dichtung. Daher hat Dichtung nicht wirklich ihr Werk vollbracht, zumindest nicht ihr höchstes, bis sie die Freude des Instruments erhöht und in die tiefere Wonne der Seele umgewandelt hat. Ein göttliches Ananda [Ananda, in der Sprache indischer spiritueller Erfahrung, ist die essentielle Freude, die der Unendliche in sich selbst und in seiner Schöpfung fühlt. Durch das Ananda des unendlichen Selbstes existiert alles, denn für das Ananda des Selbstes wurde alles erschaffen.], eine interpretative, schöpferische, offenbarende, gestaltende Wonne – man könnte fast sagen, eine umgekehrte Widerspiegelung der Freude, die die universale Seele bei ihrer großen Freisetzung von Energie empfand, als sie die spirituelle Wahrheit, die umfassende interpretative Idee, das Leben, die Kraft, das Gefühl der Dinge, versammelt in einer ursprünglichen schöpferischen Vision, in die rhythmischen Formen des Universums hinaustönen ließ –, eine solche spirituelle Freude ist jene, welche die Seele des Dichters empfindet und die er, wenn er die menschlichen Schwierigkeiten seiner Aufgabe bewältigten kann, auch in all jene einströmen lassen kann, die bereit sind, sie zu empfangen. Diese Wonne ist nicht bloß ein göttlicher Zeitvertreib; sie ist eine große gestaltende und erhellende Macht.

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Klang hat eine Kraft in der materiellen Welt

Worte der Mutter

Liebe Mutter, es gibt eine Blume, die du „Das schöpferische Wort“ [Das schöpferische Wort: Gehört nur dem Göttlichen, Leucanthemum x superbum. Weiß] genannt hast.

Ja.

Was bedeutet das?

Es ist das Wort, das erschafft.

Es gibt alle möglichen alten Überlieferungen, alte hinduistische Überlieferungen, alte chaldäische Überlieferungen, in denen das Göttliche in Form des Schöpfers, das heißt unter Seinem Aspekt als Schöpfer, ein Wort ausspricht, das die Macht hat zu erschaffen. Also, das ist es ... und das ist der Ursprung des Mantra. Das Mantra ist das ausgesprochene Wort, das eine schöpferische Kraft hat. Man macht eine Anrufung, und auf die Anrufung kommt eine Antwort, oder man verrichtet ein Gebet, und das Gebet wird erhört. Das ist das Wort, das im Klang ... es ist nicht nur die Idee, sondern im Klang liegt eine schöpferische Kraft. Das ist der Ursprung des Mantra.

In der indischen Mythologie ist Brahma der Schöpfergott, und ich denke, dass gerade das seine Macht war, die man mit dieser Blume, „Das schöpferische Wort“, symbolisiert hatte. Und wenn man damit in Berührung ist, haben die Worte, die ausgesprochen werden, eine Macht der Beschwörung oder der Erschaffung, der Gestaltung oder der Umgestaltung – das Wort ... der Klang hat immer eine Macht. Der Klang hat viel mehr Macht, als die Leute denken. Das kann eine gute Macht sein, und es kann eine böse Macht sein. Er erzeugt Schwingungen, die eine nicht zu leugnende Wirkung haben. Es ist nicht so sehr die Idee als der Klang. Die Idee hat ihre eigene Macht, aber in ihrem eigenen Bereich. Dagegen hat der Klang eine Macht in der materiellen Welt.

Ich meine, ich habe dir das schon einmal erklärt: Ich hatte dir gesagt, dass man zum Beispiel Worte, die man beiläufig ausspricht, oft ohne zu überlegen und ohne ihnen Bedeutung beizumessen, für etwas sehr Gutes nutzen kann. Ich meine, ich sprach mit dir über das „Bonjour“, das „Guten Tag-Sagen“, nicht wahr? Wenn man sich begegnet und sich „Guten Tag“ sagt, machen die Leute das mechanisch und ohne nachzudenken. Legt man aber einen Willen hinein, eine Aspiration, um jemandem wirklich zu wünschen, dass sein Tag gut sei, dann hat diese Art, „Guten Tag“ zu sagen, eine enorme Wirkung. Sie wirkt mehr, als wenn man jemandem begegnet und nur einfach denkt: „Ach, ich hoffe, dass er einen guten Tag hat“, ohne dass man etwas sagt. Wenn man ihm mit dieser Hoffnung im Kopf auf eine bestimmte Art „Guten Tag“ sagt, wird es weitaus konkreter und wirksamer.

Es ist übrigens dasselbe mit den Verwünschungen oder wenn man zornig wird und den Leuten böse Sachen sagt. Das kann ihnen genauso schaden, als wenn du ihnen eine Ohrfeige gibst, und manchmal sogar noch mehr. Sehr sensible Menschen können sich dabei den Magen verderben oder Herzklopfen bekommen, weil du eine böse Kraft hineinlegt hast, die eine zerstörerische Macht besitzt.

Es ist ganz und gar nicht gleichgültig, wie man spricht. Natürlich hängt es im hohen Maß von der inneren Kraft eines jeden ab. Leute, die keine Kraft und kein Bewusstsein haben, können nicht viel ausrichten – außer sie wenden materielle Mittel an. Doch je stärker man ist – vor allem, wenn man ein machtvolles Vital besitzt –, desto größer muss die Kontrolle über das sein, was man sagt, ansonsten kann man viel Schaden anrichten, ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, aus Unwissenheit.

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Die Macht des Wortes wirksam machen

Worte der Mutter

Es scheint sinnlos, deine Aufmerksamkeit auf die vielen nutzlosen Worte zu lenken, die täglich geäußert werden; dieses Übel ist allgemein bekannt, obwohl nur sehr wenige Menschen daran denken, es zu ändern.

Aber es gibt noch viele andere Worte, die unnötig gesprochen werden. Das heißt, wir haben im Laufe des Tages oft die Möglichkeit, einen hilfreichen Wunsch zu äußern, indem wir das eine oder andere Wort aussprechen, vorausgesetzt, wir wissen, wie wir den angemessenen Gedanken hinter die Worte stellen können.

Aber allzu oft verpassen wir die Gelegenheit, eine wohltuende mentale Atmosphäre um die uns bekannten Menschen herum zu schaffen und ihnen so wirklich zu helfen. Es wäre sehr nützlich, dies Versäumnis zu beheben.

Dazu müssen wir uns weigern, unseren Verstand in diesem Zustand der vagen und passiven Ungenauigkeit zu belassen, der bei den meisten Menschen fast konstant ist.

Um uns allmählich von dieser Schläfrigkeit zu befreien, können wir, wenn wir ein Wort aussprechen, uns zwingen, über seine genaue Bedeutung, seine wahre Bedeutung nachzudenken, um es so voll wirksam zu machen.

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Die Kraft der Worte stammt aus drei verschiedenen Quellen

Worte der Mutter

In diesem Zusammenhang können wir sagen, dass die aktive Kraft der Worte aus drei verschiedenen Quellen kommt.

Die ersten beiden liegen im Wort selbst, das zu einer Vielzahl von Kräften geworden ist. Die dritte liegt in der Tatsache, dass wir den tiefen Gedanken ganzheitlich leben, den das Wort ausdrückt, wenn wir es aussprechen.

Wenn diese drei Ursachen der Wirksamkeit kombiniert werden, wird natürlich die Macht des Wortes erheblich verstärkt.

1) Es gibt bestimmte Wörter, deren Resonanz in der physischen Welt die perfekte schwingungstechnische Materialisierung der subtileren Schwingung ist, die durch den Gedanken in seinem eigenen Bereich erzeugt wird. Wenn wir diese Ähnlichkeit zwischen den Schwingungen des Denkens und des Klangs genau untersuchen, können wir die begrenzte Anzahl von Grundsilben entdecken, die die allgemeinsten Ideen zum Ausdruck bringen und die in den meisten gesprochenen Sprachen mit einer fast identischen Bedeutung zu finden sind. (Dieser Sprachursprung ist nicht zu verwechseln mit dem Ursprung von Schriftsprachen, die ganz unterschiedlicher Natur sind und unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechen.)

2) Es gibt andere Wörter, die unter bestimmten Umständen seit Hunderten von Jahren wiederholt wurden und die mit den mentalen Kräften all derer, die sie ausgesprochen haben, im Einklang stehen. Sie sind wahre Energiebatterien.

3) Schließlich gibt es Wörter, die eine unmittelbare Bedeutung annehmen, sobald sie ausgesprochen werden, und zwar als Ergebnis des lebendigen Denkens des Sprechers.

Das von mir eben Gesagte möchte ich an einem Beispiel veranschaulichen. Es gibt hier ein sehr machtvolles Wort, denn es kann die Qualitäten aller drei Kategorien kombinieren: Es ist das Sanskritwort „AUM“.

Es wird in Indien verwendet, um die göttliche Immanenz auszudrücken. Dort ist es mit jeder Meditation, jeder Kontemplation, jeder yogischen Praxis verbunden.

Wie kein anderer Klang vermittelt dieser Klang „AUM“ ein Gefühl des Friedens, der Gelassenheit, der Ewigkeit.

Außerdem ist dieses Wort erfüllt mit den mentalen Kräften, die sich seit Jahrhunderten bei allen, die es benutzt haben, um jene Idee angesammelt haben, die es ausdrückt, und vor allem für die Hindus hat es die wahre Kraft, einen mit der göttlichen Essenz in Berührung zu bringen, die es hervorruft.

Und da die Orientalen einen religiösen Geist und die Gewohnheit der Konzentration haben, sprechen nur wenige dieses Wort ohne die Überzeugungskraft aus, die notwendig ist, um es voll wirksam zu machen.

In China wird ein ähnlicher Effekt mit einem Wort von identischer Bedeutung und etwas ähnlichem Klang, dem Wort „TAO“, erzielt.

Unsere westlichen Sprachen sind weniger ausdrucksstark. In ihrer jetzigen Form sind sie zu weit von der Wurzelsprache entfernt, die sie hervorgebracht hat. Aber immer können wir ein Wort durch die Kraft unseres lebendigen und aktiven Denkens beleben.

Außerdem gibt es Formeln, die wir gewinnbringend zu all denjenigen hinzufügen könnten, die allgemein verwendet werden.

Diese Formeln wurden in bestimmten alten Schulen der Initiation verwendet. Sie dienten als Grüße, und im Mund eines Menschen, der wusste, wie man sie denkt, hatten sie eine ganz besondere Wirkkraft. Die Jünger, die Neophyten, die ihre ersten Schritte auf dem Weg machten, wurden begrüßt: „Möge der Friede der Ausgewogenheit mit dir sein.“

Alle wurden begrüßt, die durch ihre ständige und progressive innere und äußere Haltung ihren tiefen und dauerhaften guten Willen gezeigt hatten: „Möge das höchste Gut dir gehören.“

Und bei einigen Lehrern, die besonders hohe Kräfte zeigten, wurde dieses Wort mit der Kraft ausgestattet, wahre Gaben zu vermitteln, zum Beispiel die Gabe der Heilung.

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Kapitel 2

Dichterische Schau und das Mantra

Worte Sri Aurobindos

Vision ist die charakteristische Kraft des Dichters, so wie scharfes Denken die wesentliche Gabe des Philosophen und analytische Beobachtung der natürliche Genius des Naturwissenschaftlers ist. Der Kavi [Das Sanskrit-Wort für Dichter. Im klassischen Sanskrit wird es für jeden Verfasser von Vers oder sogar Prosa verwandt, aber im Vedischen bedeutete es Dichter-Seher, der die Wahrheit sah und in einem subtilen Wahrheitshören das inspirierte Wort seiner Schau fand.] war in der Vorstellung der Vorväter der Seher und Offenbarer der Wahrheit, und obgleich wir uns von jenem Ideal weit genug entfernt haben, um von ihm nunmehr nur die Freude des Ohrs und die Unterhaltung der ästhetischen Veranlagung zu verlangen, bewahrt doch alle große Dichtung instinktiv etwas von jener höheren Tendenz ihres eigenen Ziels und ihrer eigenen Bedeutung. Da Dichtung Kunst ist, muss sie denn auch versuchen, uns zur Schau zu verhelfen, und da sie sich an die inneren Sinne richten muss, – denn das Ohr ist nur physisches Tor und selbst dort richtet sich ihr wirklicher Reiz an das innere Hören, – und ihr Ziel ist, uns im Inneren erleben zu lassen, was der Dichter in seinen Vers hineingelegt hat, ist es eine innere Schau, die er in uns öffnet, und diese innere Schau muss intensiv in ihm gewesen sein, bevor er sie in uns erwecken kann.

Daher waren die größten Dichter stets jene, die eine große, starke, interpretative und intuitive Schau von Natur, Leben und Mensch hatten, und deren Dichtung sich daraus in einer höchsten offenbarenden Kundgebung erhob. ... Schau ist die wesentliche dichterische Gabe. Der archetypische Dichter in einer Welt von ursprünglichen Ideen ist, so können wir sagen, eine Seele, die in sich selbst innig diese Welt schaut und all die anderen, Gott, Natur und das Leben der Wesen sieht, und von ihrem Zentrum eine Woge von schöpferischem Rhythmus und Wortbilder ausströmen lässt, die zum Ausdruckskörper der Schau werden. Die großen Dichter sind jene, die in einem gewissen Maß diese ideale Schöpfung wiederholen, kavayah satyasrutah, Seher der dichterischen Wahrheit und Hörer ihres Wortes.

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Der Dichter-Seher sieht anders, denkt anders, drückt sich in ganz anderer Weise aus als der Philosoph oder der Prophet. Der Prophet verkündet die Wahrheit als das Wort, das Gesetz oder den Befehl des Ewigen, er ist der Verkünder der Botschaft; der Dichter zeigt uns Wahrheit in ihrer Kraft der Schönheit, in ihrem Symbol oder Bild, oder offenbart sie uns in den Wirkensweisen der Natur oder den Funktionen des Lebens, und wenn er all dies getan hat, ist sein Werk getan; er braucht nicht ihr ausdrücklicher Sprecher oder offizieller Bote zu sein. Die Aufgabe des Philosophen ist es, die Wahrheit auszumachen und ihre Teile und Aspekte in intellektuelle Beziehung zueinander zu setzen; die Aufgabe des Dichters ist es, Aspekte der Wahrheit in ihren lebendigen Bezügen zu erfassen und zu verkörpern, oder vielmehr – denn jenes ist eine zu philosophische Sprache – ihre Grundzüge zu sehen und, angeregt durch die Schau, in der Schönheit ihres Bildes zu schaffen.

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...die Urkraft der Dichtung liegt in ihrer Schau, nicht in ihrem intellektuellen Gedankenmaterial, und ihre Sicherheit liegt darin, an diesem Urprinzip der Schau festzuhalten; ihr Konzept, ihr Gedanke, Gefühl, ihre Darstellung, Struktur, müssen daraus entstehen oder dorthin aufsteigen, bevor sie ihre vollendete Form annimmt. Die dichterische Schau der Dinge ist nicht eine Kritik des Lebens, nicht seine intellektuelle oder philosophische Betrachtung, sondern eine Seelenschau, ein Ergreifen durch den inneren Sinn. Auch das Mantra ist nicht in seiner Substanz oder Form eine poetische Verkündigung von philosophischen Wahrheiten, sondern eine rhythmische Offenbarung oder Intuition, die sich aus der Schau der Seele von Gott, Natur, ihrer selbst, der Welt und der inneren, dem äußeren Auge verborgenen, Wahrheit all dessen ergibt, das sie bewohnt, den Geheimnissen ihres Lebens und Seins.

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...der eine Dichter mag glänzen in der konkreten Darstellung der Dinge und versagen oder weniger sicher sein in seiner Erfassung des rein Subjektiven, während ein anderer sich frei in den subjektiveren Welten bewegen mag und weniger im Konkreten zu Hause ist; und beide können Dichter hohen Ranges sein. Aber wenn wir die Sache näher betrachten, sehen wir: ebenso wie eine gewisse Objektivität notwendig ist, um Dichtung lebendig zu machen und die gesehene Sache deutlich herauszuheben, so geht auf der anderen Seite selbst die objektivste Darstellung von einer inneren Betrachtung und einem subjektiven Schöpfungsvorgang oder zumindest einer persönlichen Interpretation und Umsetzung der gesehenen Sache aus. Der Dichter erschafft wirklich aus sich selbst und nicht aus jenem, was er äußerlich sieht: so dient äußeres Sehen nur dazu, die innere Schau zu ihrem Werk anzuregen. Andernfalls wäre sein Werk eine mechanische Konstruktion und ein Zusammenfügen, nicht eine lebendige Schöpfung.

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Von unserem gegenwärtigen Standpunkt können wir sagen, dass der Dichter Freiheit genießen kann in allem, was nicht wesentliche Materie ist. Gedankliche Materie mag in seinem Werk vorherrschen oder Lebenssubstanz. Er kann den Weg reiner Kraft der Darstellung oder direkter Kraft der Interpretation einschlagen. Er kann diese Welt zu seinem Text machen oder in jenseitige Regionen wandern, oder direkt aufsteigen in das reine Reich des Unendlichen. Um zum Mantra zu gelangen, kann er ausgehen von der Farbe einer Rose, der Kraft oder Schönheit eines Charakters, der Herrlichkeit einer Handlung, oder er kann sich von all diesen Dingen entfernen und in seine eigene verborgene Seele und deren tiefste Regungen vordringen. Eines ist notwendig, dass er in der Lage sein sollte, über das Wort oder Bild, das er gebraucht, oder die Form der Sache, die er sieht, hinauszugehen, dass er nicht von ihnen eingeschränkt wird, sondern in das Licht dessen gelangt, was sie offenbaren können, und sie damit zu überfluten, bis sie ganz von dessen Andeutungen erfüllt sind oder sich sogar in der Offenbarung und Apokalypse zu verlieren scheinen und darin aufgehen. Im besten Fall geht er selbst in der Schau auf; die Persönlichkeit des Sehers verliert sich in der Ewigkeit der Schau, und der Geist von allem scheint allein da zu sein, indem er souverän seine eigenen Geheimnisse enthüllt.

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...es genügt nicht für die Dichtung, hohe Intensitäten von Wort und Rhythmus zu erreichen; sie muss, um sie zu füllen, eine entsprechende Intensität der Schau und immer neue und immer höhere oder mehr verinnerlichte Bereiche der Erfahrung haben. Und dies hängt nicht nur von der individuellen Kraft der Schau des Dichters ab, sondern vom Geist seines Zeitalters und Landes, seiner Ebene von Denken und Erfahrung, der Angemessenheit seiner Symbole, der Tiefe seiner spirituellen Verwirklichung. Ein weniger bedeutender Dichter in einem größeren Zeitalter kann uns gelegentlich Dinge schenken, die in dieser Kunstgattung das Werk minder begünstigter Unsterblicher übertreffen. Die religiöse Dichtung der späteren indischen Sprachen bringt uns eine Inbrunst dichterischer Offenbarung, die bei den großen Klassikern fehlt, obgleich kein mittelalterlicher Dichter sich an Kraft mit Valmiki und Kalidasa messen kann. Die modernen Literaturen Europas erreichen gewöhnlich nicht die griechische Vollkommenheit von Harmonie und Form, aber sie präsentieren uns etwas, was die größten griechischen Dichter nicht hatten und nicht haben konnten. Und in unserer Zeit kann ein Dichter von sekundärer Kraft in Augenblicken der Inspiration zu einer Schau gelangen, die die tiefste Seele in uns weit mehr befriedigt als die Schau Shakespeares oder Dantes. Am meisten Verheißung verspricht das jetzt eintretende Zeitalter, sofern die Menschenart ihre höchsten und weitesten sich eröffnenden Möglichkeiten erfüllt und nicht in einem vitalistischen Morast versinkt oder an die materialistische Koppel gebunden bleibt; denn es wird ein Zeitalter sein, in dem alle Welten beginnen, ihre Schleier vor dem Auge des Menschen abzuziehen und seine Erfahrung einzuladen, und er wird der Offenbarung des Geistes nahe sein, von der sie, je nachdem wie wir wollen, die verdunkelnden Schleier, die signifikanten Formen und Symbole oder aber das durchsichtige Gewand sind. Es ist noch ungewiss, zu welcher dieser Erfüllungen uns die Bestimmung hinführt.

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Kapitel 3

Die Dichtung der Zukunft

Worte Sri Aurobindos

Die Dichtung der Zukunft muss, wenn die Ausführungen, die ich gemacht habe, fundiert sind, ein Problem lösen, das der Kunst poetischer Sprache neu ist, eine Äußerung der tiefsten Seele des Menschen und des universalen Geistes in Dingen, nicht nur mit einer anderen und einer vollständigeren Schau, sondern in der innersten Sprache der Selbsterfahrung der Seele und der Schau des spirituellen Wesens. Der Versuch, in der Dichtung die innersten Dinge des Geistes auszudrücken oder eine seelische und spirituelle Schau zu gebrauchen, die verschieden ist von der mehr äußerlichen Vorstellung und Intelligenz, wurde gewiss schon vorher unternommen, aber zum größten Teil und außer in seltenen Augenblicken einer ungewöhnlich inspirierten Sprache hat sie mehr eine Art Form oder Symbol gebraucht als eine direkte Sprache innerster Erfahrung; oder aber, wo sie eine solche Sprache gebraucht hat, geschah es innerhalb des begrenzten Bereiches einer rein inneren Erfahrung wie in der erhabenen philosophischen und spirituellen Dichtung der Upanishaden, dem Ausdruck eines spezifischen seelischen Gefühls der Natur, das bei fernöstlichen Dichtern oder der poetischen Darstellung mystischer Zustände oder einer besonderen religiösen Emotion und Erfahrung gewöhnlich ist, wovon wir einige Beispiele in Europa und viele in der Literatur von Westasien und Indien finden. Es ist eine andere und viel umfassendere kreative und interpretative Bewegung, die wir jetzt in ihren ersten Stadien sehen, eine Ausweitung des inneren Weges der Schau auf äußere nicht minder als auf innere Dinge, auf alles, was uns subjektiv ist, und alles, was objektiv ist, ein Sehen durch eine nähere Identität im Selbst des Menschen mit dem Selbst der Dinge und des Lebens und der Natur und all dessen, was ihm im Universum begegnet. Der Dichter muss die Sprache dieser Identitäten finden, und selbst Symbol und Figur müssen, wenn sie hereingebracht werden, um die direktere Äußerung zu unterstützen, in einer anderen Art gebraucht werden, weniger als ein Schleier, mehr als eine wirkliche Entsprechung.

Die erste Grundbedingung des vollständigen Hervortretens dieser neuen poetischen Inspiration und dieser weiteren und tieferen Bedeutung poetischer Sprache muss die Vollendung einer bislang nur anfänglichen spiritualisierten Tendenz unseres allgemeinen menschlichen Fühlens und Verstehens sein. Gegenwärtig ist das menschliche Mental damit beschäftigt, die Grenzen zweier Reiche zu überschreiten. Er tritt hervor aus der Periode eines aktiven und meist materialistischen Intellektualismus in Richtung auf ein primäres intuitives Suchen, wohin das Streben des Intellekts nach Wahrheit im ureigenen Trieb seines eigenen Impulses durch eine Art Schlüpfen über unerwartete Grenzen gebracht wurde. Es gibt daher ein ungewisses Suchen in vielen Richtungen, von denen einige nur als Übergangsbemühung Wert besitzen, und, wenn sie das Ende und die abschließende Bewegung sein könnten, uns nur in eine brillante Korruption und Dekadenz führen mögen. Es gibt einen vitalistischen Intuitivismus, der manchmal eine mehr subjektive, manchmal eine mehr objektive Form annimmt und inmitten zweifelhafter Lichter auf der Grenze verweilt und nicht durch seine eigenen recht dicken und oft grellen Strahlen und Farben zu einer feineren und wahreren spirituellen Schau vordringen kann. Es gibt einen emotionalen und nervlichen psychischen Intuitivismus, halb hervortretend aus dem vitalistischen Motiv und halb verwickelt in ihm, der oft eine seltsame Schönheit und seltsamen Glanz hat, manchmal befleckt ist mit morbiden Farbtönen, manchmal in einem vagen Nebel gleitet, manchmal – und dies ist eine übliche Tendenz – zu einer Übertreibung halb vitalen, halb seelischen Motivs gedehnt wird. Es gibt eine reinere und feinere seelische Intuition mit einem spirituellen Gewebe, jenes, was durch die irischen Dichter in die englische Literatur eingebracht wurde. Die Dichtung von Whitman und seinen Nachfolgern war jene des Lebens, aber eines Lebens, das erweitert, erhöht und erleuchtet ist durch eine starke intellektuelle Intuition des Selbstes des Menschen und der weiten Seele der Menschheit. Und auf der feinsten Erhebung von allem, das bislang erreicht wurde, steht oder vielmehr schwingt und schwebt in einer hohen Zwischenregion die Dichtung Tagores, nicht im vollständigen spirituellen Licht, sondern inmitten einer Atmosphäre, durchsetzt mit ihrem Suchen und ihren Einblicken, eine Schau und Kadenz, die sich in einem seelisch-spirituellen Himmel der subtilen und feinen Seelenerfahrung findet und die Erdtöne durch den Kontakt ihrer Strahlung umwandelt. Der weite Erfolg und Reiz dieser Dichtung ist in der Tat eines der bedeutsamsten Zeichen der Tendenz des Geistes des Zeitalters. Gleichzeitig fühlt man, dass keines dieser Dinge schon die Gesamtheit dessen ist, was wir suchen, oder das definitive Ergebnis und Resultat. Das kann nur sichergestellt werden, wenn sich ein höchstes Licht des Geistes, eine vollkommene Freude und Befriedigung der Feinheit und Vielschichtigkeit einer feineren seelischen Erfahrung und eine umfassende Kraft und Weite der Lebensseele, der Erde gewiss und den Himmeln offen, begegnet haben, einander gefunden haben und zusammen in der höchsten Einheit einer großen poetischen Entdeckung und Äußerung verschmolzen sind.

Es ist möglich, dass die erste Entdeckung dieser Vollkommenheit eher in östlichen Sprachen und durch den Genius östlicher Dichter kommen wird: der Osten hatte stets in seinem Temperament eine größere konstante Nähe zu der spirituellen und seelischen Schau und Erfahrung, und es wird nur eine vollkommene Hinwendung dieser Schau auf das ganze Leben des Menschen, um es zu akzeptieren und zu erleuchten, für die Verwirklichung dessen gebraucht, worauf wir noch warten. Auf der anderen Seite hat der Westen diesen Vorteil, dass er, obgleich er erst jetzt hervortritt – nicht so sehr in das spirituelle Licht wie in einen äußeren halberleuchteten Kreis – und obgleich er durch einen übermäßigen äußeren, intellektuellen und vitalen Druck behindert wird, gegenwärtig ein weiter reichendes Denken und ein mehr suchendes und aktives Auge hat, und wenn diese einmal die rechte Richtung einschlagen, ist der Ausdruck nicht so sehr durch vergangene spirituelle Formen und Traditionen umgrenzt. In jedem Fall ist es das wechselseitige Aufeinanderprallen der orientalischen und westlichen Mentalitäten, – auf der einen Seite das weite spirituelle Mental und innere Auge, das aufs Selbst und äußere Realitäten gerichtet ist, auf der anderen die freie Forschung des Denkens und der Mut der Lebensenergie, die die Erde und ihre Probleme in Angriff nehmen, – was die Zukunft schafft und Erzeuger der Dichtung der Zukunft sein muss. Die Gesamtheit von Leben und Welt und Natur, gesehen, ergründet, akzeptiert – aber gesehen im Licht des tiefsten Geistes des Menschen, ergründet durch das Ergründen des Selbstes des Menschen und das weite Selbst des Universums, akzeptiert im Sinne seiner innersten und nicht nur seiner mehr äußerlichen Wahrheit, die Entdeckung der göttlichen Wirklichkeit in ihm und der göttlichen Möglichkeiten des Menschen, – dies ist die befreiende Schau, nach der unser Geist sucht, und es ist diese Schau, zu der die künftige Dichtung die inspirierende ästhetische Form und die offenbarende Sprache finden muss.

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Die Welt erneuert sich unter einem großen spirituellen Druck, die alten Dinge gehen dahin und die neuen Dinge sind bereit, zu werden, und es mag sein, dass einige der alten Nationen, die Führer der Vergangenheit waren, und die alten Literaturen, die bislang die gewählten Träger starker poetischer Schöpfung waren, sich als unfähig erweisen, den größeren Atem des neuen Geistes zu halten, und dazu verurteilt sind, in die Dekadenz abzusinken. Möglicherweise müssen wir hinsichtlich der künftigen Schöpfung neue poetische Literaturen ins Auge fassen, die noch nicht geboren oder noch in ihrer Jugend und im ersten Entstehen sind oder, obgleich sie etwas in der Vergangenheit vollbracht haben, noch ihre größte Stimme und Weite erreichen müssen. Eine Sprache durchläuft ihren Zyklus und wird alt und vergeht durch viele Krankheiten: sie stagniert vielleicht dadurch, dass ihr Leben einer vergangenen Tradition und Form der Brillanz anhängt, der sie nicht ohne Gefahr für ihr Daseinsprinzip oder ein Anstrengen und Brechen ihrer Möglichkeiten und eine stark kolorierte Dekadenz entkommen kann; oder sie geht – ermüdet in ihrer schöpferischen Kraft – in jene attraktive, aber gefährliche Phase der Kunst um ihrer selbst willen über, die die Dichtung nicht länger zu einem hohen und subtilen Ausströmen von Seele und Leben macht, sondern zu einem hedonistischen Schwelgen und Dilettieren der Intelligenz. Diese und andere Altersanzeichen fehlen nicht in den größeren europäischen literarischen Sprachen, und in einem solchen Stadium wird es ein schwieriges und kritisches Experiment, zugleich eine Umwandlung des Geistes und der inneren Form poetischer Sprache zu versuchen. In der gegenwärtigen Gärung ist noch eine treibende Kraft neuer Potenzialität, ein rettendes Element in der Kraft, die an der Wurzel des Rufs nach Wandel ist, die Kraft des Geistes, immer stark, Leben und Denken umzuwandeln und alles wieder jung zu machen, und wenn einmal diese magische Kraft in ihrer Vollständigkeit akzeptiert werden kann, und vorausgesetzt es gibt kein lang dauerndes Verweilen bei pervertierten Inspirationen oder Halbmotiven, können die alten Literaturen verjüngt in einen neuen schöpferischen Zyklus eintreten.

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Es ist die spirituelle Verwirklichung, die die künftige Dichtung fördern muss, indem sie ihr ihr Auge der Schau gibt, ihre Gestalt ästhetischer Schönheit, ihre offenbarende Sprache, und es ist das Erhöhen des Lebens, das sie zu ihrer Substanz machen muss.

Eine weitere kosmische Schau, ein Verwirklichen der Gottheit in der Welt und im Menschen, seiner göttlichen Möglichkeiten ebenso wie der Größe der Kraft, die sich in dem, was er ist, manifestiert, ein spiritualisiertes Erhöhen seines Denkens, Fühlens, Empfindens und Handelns, ein mehr entwickeltes seelisches Mental und Herz, eine wahrere und tiefere Einsicht in seine Natur und die Bedeutung der Welt, ein Hereinrufen göttlicherer Möglichkeiten und spirituellerer Werte in die Intention und Struktur seines Lebens: dies ist es im wesentlichen, wozu die Menschheit aufgerufen ist, und dies ist die Aussicht, die ihr geboten wird durch das sich langsam entfaltende und jetzt deutlicher enthüllte Selbst des Universums. Die Nationen, die diese Dinge am umfassendsten in ihr Leben und ihre Kultur einschließen und dort verwirklichen, sind die Nationen der kommenden Morgendämmerung, und die Dichter, welcher Sprache und Rasse auch immer, die am vollständigsten mit dieser Schau sehen und mit der Inspiration ihrer Äußerung sprechen, sind jene, die die Schöpfer der Dichtung der Zukunft sein werden.

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Vierter Teil

Savitri – Das Göttliche Wort

Kapitel 1

Savitri – das Sonnenwort

Worte Sri Aurobindos

O Sonnenwort, du sollst die Erdenseele zum Licht erheben
Und Gott herniederbringen in das Leben der Menschen;
Die Erde soll mir meine Werkstatt sein und mein Haus,
Mein Garten des Lebens, um göttliche Saat zu säen.
Ist all dein Werk in menschlicher Zeit vollbracht,
Dann soll das Mental der Erde ein Heim des Lichtes sein,
Das Leben der Erde ein Baum, der zum Himmel wächst,
Der Körper der Erde ein Tabernakel Gottes.

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„O lebendige Macht des verkörperten Wortes,
Alles, was der Geist erträumt hat, kannst du erschaffen:
Du bist die Kraft, mit der ich die Welten schuf,
Du bist meine Vision und mein Wille und meine Stimme.“

*

Die allumfassende Stille, der Schoß des unsterblichen Wortes...

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Ein Wort, eine Weisheit wacht aus der Höhe über uns...

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Das Ohr eines Mentals, zurückgezogen von den äußeren Rhythmen,
Entdeckte die Saat-Klänge des ewigen Wortes,
Hörte den Rhythmus und die Musik, die die Welten schuf...

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Dann kam von den Höhen eine mächtigere Stimme herab,
Das Wort, das das Herz berührt und die Seele findet...

*

Das Wort, das göttliche Erfahrung herbeiführt...

* * *

Kapitel 2

Savitri – eine Legende und ein Symbol

Worte Sri Aurobindos

Die Erzählung von Satyavan und Savitri wird im Mahabharata erzählt als eine Geschichte ehelicher Liebe, die den Tod besiegt. Aber diese Legende ist eine der vielen symbolischen Mythen aus dem Umkreis der Veden, wie viele Züge der menschlichen Geschichte zeigen. Satyavan ist die Seele, die die göttliche Wahrheit des Seins in sich trägt, herabgestiegen in die Gewalt des Todes und der Unwissenheit. Savitri ist das Göttliche Wort , Tochter der Sonne, Göttin der höchsten Wahrheit , die herniederkommt und geboren wird, um zu erretten. Aswapati, der Herr des Pferdes , ihr menschlicher Vater, ist der Herr der Tapasya , jener konzentrierten Energie spirituellen Bemühens, die uns hilft, von der sterblichen Ebene zu den Unsterblichen zu steigen. Dyumatsena, Herr der scheinenden Heerscharen , Vater von Satyavan, ist das Göttliche Mental , das hier erblindete und sein himmlisches Königreich der Schau verloren hat und damit sein Reich der Glorie. Doch dies ist keine bloße Allegorie, die Charaktere sind keine personifizierten Eigenschaften, sondern Verkörperungen oder Ausstrahlungen lebendiger und bewusster Kräfte , mit denen wir konkret in Berührung kommen können, und sie nehmen menschliche Gestalt an, um dem Menschen zu helfen und ihm den Weg zu zeigen aus seinem sterblichen Zustand zu einem göttlichen Bewusstsein und einem unsterblichen Leben.

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Kapitel 3

Savitri – eine Offenbarung

Eine Aufzeichnung aus der Erinnerung dessen, was die Mutter in den frühen 60-er Jahren zu Mona Sarkar, einem Schüler, über Savitri sprach. Am 5. November 1967 las Mona den gesamten Text der Mutter vor, die daraufhin auf die letzte Seite des Skripts „Blessings“ schrieb und das Datum 5.11.1967 hinzufügte. Später sagte sie zu einem anderen Schüler, zu Kishore Gandhi, dass sie „es in seiner Gesamtheit richtig fand“.

Worte der Mutter

Liest du Savitri?

Ja, Mutter.

Hast du es ganz gelesen?

Ja, Mutter, ich habe es zweimal gelesen.

Hast du alles verstanden, was du gelesen hast?

Nicht sehr viel, aber ich mag Dichtung, deshalb habe ich es gelesen.

Es macht nichts, wenn du Savitri nicht verstehst, aber lies es immer. Du wirst sehen, dass dir jedes Mal, wenn du es liest, etwas Neues enthüllt wird. Jedes Mal wirst du etwas Neues finden, jedes Mal eine neue Erfahrung. Dinge, die nicht da waren, Dinge, die du nicht verstanden hast, tauchen auf und werden plötzlich klar. Immer taucht etwas Unerwartetes durch die Wörter und Zeilen auf. Jedes Mal, wenn du versuchst zu lesen und zu verstehen, wirst du sehen, dass etwas hinzukommt, etwas, das in der Tiefe verborgen war, wird klar und anschaulich enthüllt. Ich kann dir sagen, dass sich dir selbst die Verse, die du schon einmal gelesen hast, in einem neuen und anders gearteten Licht darstellen werden, jedes Mal, wenn du sie wieder liest. Dies geschieht immer wieder. Es ist immer etwas, dass deine Erfahrung bereichert, eine Offenbarung bei jedem Schritt.

Aber lies es nicht, wie du andere Bücher oder Zeitungen liest. Du musst mit einem leeren Kopf lesen, einem unbeschriebenen und unbewegten Mental, ohne dass es dort einen anderen Gedanken gibt. Du musst dich sehr konzentrieren, musst leer bleiben, ruhig und offen. Dann werden die Worte, Rhythmen und Vibrationen direkt zu diesem unbeschriebenen Blatt durchdringen, werden sich dem Gehirn einprägen und sich selbst erklären, ohne Bemühung deinerseits.

Savitri allein genügt, die höchsten Gipfel zu erklimmen. Wenn man wirklich versteht, über Savitri zu meditieren, wird man alle Hilfe erhalten, die man braucht. Für denjenigen, der diesem Weg folgen möchte, ist Savitri eine konkrete Hilfe – so als würde dich der Herr selbst bei der Hand nehmen und zum Ziel deiner Bestimmung führen. Und dann wird jede Frage, wie persönlich sie auch sein mag, hier ihre Antwort finden, jede Schwierigkeit findet dort ihre Lösung. Dort ist wirklich alles enthalten, was man für die Ausübung des Yoga braucht.

Er hat das ganze Universum in ein einziges Buch gepackt. Es ist ein wundervolles Werk, es ist großartig und von unvergleichlicher Vollkommenheit.

Weißt du, bevor Sri Aurobindo begann, Savitri zu schreiben, sagte er mir: „Ich fühle mich gedrängt, in ein neues Abenteuer aufzubrechen. Anfangs hatte ich gezögert, aber jetzt bin ich entschlossen. Trotzdem weiß ich noch nicht, bis zu welchem Grad ich erfolgreich sein werde. Ich bete um Hilfe.“ Und weißt du, was das war? Es war ... seine Art, sich auszudrücken, so voller Demut und göttlicher Bescheidenheit. Er drängt sich nie auf. Und an dem Tag, an dem er begann, sagte er mir: „Ich habe mich in einem steuerlosen Boot auf die Weiten des Unendlichen begeben.“ Und nachdem er einmal angefangen hatte, schrieb er ohne Unterbrechung Seite um Seite, als wäre es eine Sache, die da oben bereits fertig ist und die er lediglich mit Tinte hier unten zu übertragen hatte.

In Wahrheit ist die ganze Form von Savitri „en masse“ aus den höchsten Bereichen herabgekommen, und Sri Aurobindo gestaltete mit seinem Genius lediglich die Zeilen – in einem überlegenen und großartigen Stil. Manchmal wurden ganze Zeilen offenbart, und er schrieb sie so nieder. Er arbeitete hart und unermüdlich, damit die Eingebung von den höchstmöglichen Gipfeln kommen konnte. Und welch ein Werk hat er vollbracht! Ja, es ist wahre Schöpfung an sich. Es ist ein beispielloses Werk. Alles ist da, in solch einfacher und klarer Form; vollkommen harmonische Verse, durchscheinend und ewig wahr. Mein Kind, ich habe so viele Dinge gelesen, aber ich habe nie etwas gesehen, das man mit Savitri vergleichen könnte. Ich habe die besten Werke griechischer, lateinischer und natürlich französischer Literatur studiert, ebenso deutsche Werke und all die großen Schöpfungen des Westens und des Ostens, einschließlich der großen Epen. Doch ich wiederhole: Nirgendwo habe ich irgendetwas mit Savitri Vergleichbares gefunden. Alle diese literarischen Werke kommen mir leer vor, flach, schal, ohne irgendeine tiefe Wirklichkeit – mit Ausnahme einiger seltener Beispiele, die ebenfalls nur ein kleines Bruchstück dessen darstellen, was Savitri ist. Welche Erhabenheit, welche Tragweite, welche Realität: Er hat etwas Unsterbliches und Ewiges erschaffen. Nochmals sage ich dir, dass es nichts Vergleichbares in der ganzen Welt gibt. Selbst wenn man die Vision der Wirklichkeit außer acht lässt, das heißt die innerste Substanz, die das Herz der Eingebung ist, und nur die Verse an sich betrachtet, wird man sie einzigartig finden, von höchster klassischer Qualität. Der Mensch kann sich nicht vorstellen, was er erschaffen hat, denn alles ist da, alles.

Man kann deshalb sagen, dass Savitri eine Offenbarung ist, eine Meditation, eine Suche nach dem Unendlichen, dem Ewigen. Wenn man es mit dieser Aspiration nach Unsterblichkeit liest, wird das Lesen selbst als Führer zur Unsterblichkeit dienen. Savitri zu lesen, bedeutet wirklich Yoga zu üben, spirituelle Konzentration. Alles kann man dort finden, was nötig ist, um das Göttliche zu verwirklichen. Jeder Schritt des Yoga ist dort aufgezeichnet, einschließlich des Geheimnisses aller anderen Yogawege. Es ist gewiss, dass man, wenn man ehrlich dem folgt, was in jedem Vers enthüllt wird, die Transformation des Supramentalen Yoga erreichen wird. Es ist wirklich der unerschütterliche Führer, der einen nie verlässt und seine Hilfe ist immer für denjenigen da, der dem Weg folgen will. Jeder Vers von Savitri ist wie ein enthülltes Mantra, das alles übertrifft, was der Mensch sich auf dem Weg des Wissens angeeignet hat, und ich wiederhole: Die Worte sind auf solche Art ausgedrückt und angeordnet, dass der Rhythmus zum Ursprung des Klangs, der OM ist, hinführt.

Ja, mein Kind, alles ist da: Mystik, Okkultismus, Philosophie, die Geschichte der Evolution, die Geschichte der Menschen, die der Götter, der Schöpfung, der Natur, wie das Universum erschaffen wurde, weshalb, für welchen Zweck, zu welcher Bestimmung – alles ist da. Du kannst in Savitri alle Antworten auf deine Fragen finden. Alles wird erklärt, selbst die Zukunft der Menschen und der Evolution, alles, was jetzt noch niemand weiß. Er hat alles in herrlichen und klaren Worten beschrieben, damit spirituelle Abenteurer, die die Geheimnisse der Welt lösen wollen, es leichter verstehen. Aber dies Geheimnis ist gut verborgen hinter den Worten und Zeilen, und man muss zu der nötigen Ebene des wahren Bewusstseins aufsteigen, um es zu entdecken. Alle Prophezeiungen, alles, was kommen wird, ist mit einer genauen und wundervollen Klarheit dargestellt. Sri Aurobindo gibt dir hier den Schlüssel, um die Wahrheit zu finden, um das Bewusstsein zu entdecken, um das Problem zu lösen, was dieses Universum ist. Er hat auch aufgezeigt, wie man das Tor zum Nichtbewusstsein öffnet, damit das Licht dort eindringe und es transformiere. Er hat den Weg gezeigt, den Weg, wie man sich von der Unwissenheit befreit und direkt in das Überbewusste steigt, jede Stufe, jede Bewusstseinsebene, wie sie durchmessen werden können, wie man selbst die Barriere des Todes übersteigt und Unsterblichkeit erlangt. Du wirst die ganze Reise in allen Einzelheiten finden, und während du weitergehst, kannst du Dinge entdecken, die dem Menschen völlig unbekannt sind. Das ist Savitri und noch viel mehr. Es ist eine echte Erfahrung, Savitri zu lesen. Er hat alle Geheimnisse enthüllt, die der Mensch besessen hat – und ebenso alles, das in der Zukunft auf ihn wartet. All dies kann man in den Tiefen von Savitri finden. Aber man muss das Wissen haben, dies alles zu entdecken –, die Erfahrung der Bewusstseinsebenen, die Erfahrung des Supramentals, selbst die Erfahrung der Überwindung des Todes. Er hat alle Stufen aufgezeichnet, jeden Schritt gekennzeichnet, um ganzheitlich im Integralen Yoga voranzuschreiten.

All dies ist seine eigene Erfahrung, und das Überraschendste dabei ist, dass es auch meine Erfahrung ist. Es ist meine Sadhana, die er ausgearbeitet hat. Jeder Gegenstand, jedes Ereignis, jede Verwirklichung, all die Beschreibungen, selbst die Farben sind genau so, wie ich sie sah, und die Worte und Redewendungen sind genau das, was ich hörte. Und all das, bevor ich das Buch gelesen habe. Ich habe später Savitri viele Male gelesen, aber zu der Zeit, als er schrieb, las er mir Savitri vor. Jeden Morgen hörte ich ihm zu, wie er Savitri vorlas. Während der Nacht schrieb er, und am Morgen las er es mir vor. Und ich stellte etwas Eigentümliches fest: Tag für Tag waren die Erfahrungen, die er mir vorlas, jene Erfahrungen, die ich die Nacht zuvor hatte, Wort für Wort. Ja, all die Beschreibungen, die Farben, die Bilder, die ich gesehen hatte, die Worte, die ich gehört hatte, alles, alles. Ich hörte es alles, formuliert von ihm in Dichtung, in wundervoller Dichtung. Ja, es waren exakt meine Erfahrungen der vorangegangenen Nacht, die er mir am nächsten Morgen vorlas. Und es war nicht nur an einem Tag zufällig so, sondern Tag um Tag. Und jedes Mal verglich ich, was er sagte, mit meinen vorangegangenen Erfahrungen, und es war jedes Mal das Gleiche. Ich wiederhole, es war nicht so, dass ich ihm meine Erfahrungen mitgeteilt hätte und er sie dann niederschrieb. Nein, er wusste bereits, was ich gesehen hatte. Es sind meine Erfahrungen, die er ausführlich beschrieb, und es waren auch seine Erfahrungen. Es ist außerdem das Bild unseres gemeinsamen Abenteuers in das Unbekannte oder genauer, in das Supramentale .

Dies sind Erfahrungen, die er gelebt hat, Realitäten, suprakosmische Wahrheiten. Er erfuhr all dies so, wie man Freude oder Leid erfährt, physisch. Er ging durch die Dunkelheit des Nichtbewusstseins, er kam selbst in die Nähe des Todes, ertrug das Leid des Verderbens und tauchte aus dem Schlamm auf, aus dem Elend der Welt, um die erhabene Fülle zu atmen und in das höchste Ananda einzutreten. Er durchquerte all diese Bereiche, erlebte die Konsequenzen, litt und ertrug physisch, was man sich nicht vorstellen kann. Niemand hat bislang so gelitten wie er. Er akzeptierte Leiden, um Leid in die Freude der Einung mit dem Höchsten zu verwandeln. Das ist etwas Einzigartiges und Unvergleichliches in der Geschichte der Welt. Es ist etwas, das noch nie geschehen ist. Er ist der Erste, der den Weg im Unbekannten aufgespürt hat, damit wir mit Gewissheit auf das Supramental zugehen können. Er hat uns die Arbeit leicht gemacht. Savitri ist sein ganzer Yoga der Transformation, und dieser Yoga erscheint jetzt zum ersten Mal im Erdbewusstsein.

Und ich meine, dass der Mensch noch nicht bereit ist, Savitri zu empfangen. Es ist zu hoch und zu weit für ihn. Er kann es nicht begreifen, nicht verstehen, denn man versteht Savitri nicht durch den Intellekt. Man braucht spirituelle Erfahrung, um Savitri verstehen und aufnehmen zu können. Je weiter man auf dem Weg des Yoga kommt, desto mehr kann man assimilieren und desto besser geht es. Nein, es ist etwas, dass erst in der Zukunft gewürdigt werden wird, es ist die Dichtung von morgen, von der er in seinem Werk „Die Dichtung der Zukunft“ gesprochen hat. Es ist zu subtil, zu verfeinert – nicht im Denken oder durch das Denken, in der Meditation offenbart sich Savitri.

Und die Leute besitzen die Kühnheit, Savitri mit dem Werk von Vergil oder Homer zu vergleichen und es schlechter zu finden. Sie verstehen nicht, sie können nicht verstehen. Was wissen sie? Überhaupt nichts. Und es ist nutzlos, sie verstehen zu machen. Die Menschen werden wissen, was Savitri ist, aber erst in einer fernen Zukunft. Erst die neue Menschenart mit einem neuen Bewusstsein wird fähig sein zu verstehen. Ich versichere dir, dass es nirgendwo unter dem weiten Himmel etwas gibt, das mit Savitri zu vergleichen wäre. Es ist das Geheimnis der Geheimnisse. Es ist ein Super-Epos, es ist Super-Literatur, Super-Dichtung, Super-Vision, es ist ein Super-Werk, selbst wenn man nur die Anzahl der Zeilen in Betracht zieht, die er geschrieben hat. Nein, menschlichen Worte sind nicht in der Lage, Savitri zu beschreiben. Ja, man braucht Superlative, Übertreibungen, um zu beschreiben. Es ist ein Hyper-Epos. Nein, menschliche Worte drücken nichts von dem aus, was Savitri ist, zumindest finde ich sie nicht. Es ist von unschätzbarem Wert – spirituellem und anderem Wert. Es ist in seinem Inhalt ewig und von unendlicher Anziehungskraft, geheimnisvoll in seiner Weise und Kraft der Ausführung. Es ist ein einzigartiges Werk, und je mehr du mit ihm in Berührung kommst, umso höher wirst du emporgehoben. Wahrhaftig, es ist etwas! Es ist die wunderbarste Sache, die Sri Aurobindo dem Menschen hinterlassen hat, die höchste Möglichkeit. Was ist es? Wann wird der Mensch es begreifen? Wann wird er das in seinem Leben akzeptieren? Man weiß es noch nicht.

Mein Kind, du wirst jeden Tag in Savitri lesen. Lies genau, mit der wahren Haltung, konzentriere dich etwas, bevor du das Buch öffnest, und versuche das Mental so leer wie möglich zu halten, absolut, ohne einen Gedanken. Der direkte Weg geht durch das Herz. Ich sage dir, wenn du versuchst, dich wirklich zu konzentrieren, kannst du mit dieser Aspiration eine Flamme entfachen, die seelische Flamme, die Flamme der Läuterung, und zwar in sehr kurzer Zeit, vielleicht in einigen Tagen. Was du normalerweise nicht tun kannst, kannst du mit der Hilfe von Savitri tun. Versuche es, und du wirst sehen, wie ganz anders es ist, wie neu, wenn du mit dieser Haltung liest, mit diesem Etwas in deinem Bewusstsein; als wäre es eine Darbringung an Sri Aurobindo. Du musst wissen, das Savitri aufgeladen ist, völlig mit Bewusstsein aufgeladen; als wäre Savitri ein Wesen, ein wirklicher Führer . Ich sage dir, dass jeder, wer es auch sei, der Yoga ausüben möchte und es aufrichtig versucht und die Notwendigkeit dafür spürt, in der Lage sein wird, mit Hilfe von Savitri die höchsten Sprossen der Yogaleiter zu erklimmen, er wird fähig sein, das Geheimnis zu entdecken, das Savitri darstellt. Und das ohne die Hilfe eines Guru. Und er wird fähig sein, es überall zu leben. Für ihn wird Savitri allein der Führer sein, denn er wird alles, was er braucht, in Savitri finden. Wenn er angesichts einer Schwierigkeit sehr ruhig bleibt oder wenn er, wegen all dieser Einschränkungen und dieser Ungewissheiten, die uns jeden Augenblick überwältigen, nicht weiß, wohin er sich wenden soll, um vorwärts zu kommen und die Schwierigkeiten zu überwinden, wird er die nötigen Hinweise erhalten und die nötige konkrete Hilfe. Wenn er sehr ruhig bleibt, offen und aufrichtig sich sehnt, wird er immer wie an der Hand geführt werden. Wenn er Glauben hat, den Willen, sich zu geben, und grundsätzliche Aufrichtigkeit, wird er das höchste Ziel erreichen.

Savitri ist wahrhaftig etwas Konkretes, etwas Lebendiges, es ist angefüllt und vollgepackt mit Bewusstsein, es ist das höchste Wissen, jenseits aller menschlichen Philosophien und Religionen. Savitri ist der spirituelle Weg, Savitri ist Yoga, Tapasya, Sadhana, alles in seinem einen Körper. Savitri besitzt eine außerordentliche Macht, es gibt dem Empfänglichen Schwingungen weiter, die wahren Schwingungen jeder Bewusstseinsstufe. Es ist unvergleichlich, es ist Wahrheit in ihrer Fülle, die Wahrheit, die Sri Aurobindo auf die Erde gebracht hat. Mein Kind, man muss versuchen, das Geheimnis herauszufinden, das Savitri darstellt, die prophetische Botschaft, die Sri Aurobindo hier für uns offenbart. Das ist die Arbeit, die du zu tun hast, es ist harte Arbeit, aber sie ist der Mühe wert.

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Kapitel 4

Die außergewöhnliche Kraft Savitris

Worte der Mutter

Wenn du niedergeschlagen bist, wenn du dich elend fühlst, wenn du mit nichts Erfolg hast oder immer das Gegenteil von dem geschieht, was du erwartest, wie sehr du dich auch bemühst – wenn es so schlimm geworden ist, dass du die Fassung verlierst, das Leben unerträglich wird und du unglücklich wirst, greife zugleich zu Savitri und öffne es nach kurzer Konzentration irgendwo und lies. Du wirst sehen, dass all dein Elend sich wie Rauch verflüchtigt. Und du wirst die Kraft haben, die schlimmste Niedergeschlagenheit zu überwinden; du wirst nicht mehr fühlen, was dich quälte. Stattdessen wirst du ein eigenartiges Glücksgefühl empfinden, eine Bewusstseinswende, verbunden mit der Energie und Kraft, alles zu bewältigen, so als wäre nichts unmöglich. Und du wirst diese unerschöpfliche Freude fühlen, die alles läutert. Lies einfach einige Zeilen, und das genügt, um den Kontakt mit deinem innersten Wesen herzustellen. So ist die außergewöhnliche Kraft von Savitri.

Oder du konzentrierst dich tief, nachdem du ein paar Zeilen gelesen hast. Auch dann wirst du die Lösung für das finden, was dich quält. Du musst Savitri nur irgendwo, ohne nachzudenken, aufschlagen, und du wirst die Antwort auf deine Probleme erhalten.

Tue das mit Glaube und Einfachheit. Das Ergebnis ist gewiss.

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Kapitel 5

Botschaften der Mutter

Savitri ist die prophetische Schau der Weltgeschichte und zugleich die Verkündung der Zukunft der Erde.

*

Für die Öffnung des Seelischen, für das Wachstum des Bewusstseins und selbst für die Verbesserung der Englischkenntnisse ist es gut, eine oder zwei Seiten aus Savitri zu lesen.

*

Savitri ist das Mantra zur Transformation der Welt.

*

Savitri – die höchste Offenbarung der Vision Sri Aurobindos.

*

Die Bedeutung von Savitri ist immens.

Sein Thema ist universal. Seine Offenbarung ist prophetisch.

Die Zeit, die man in seiner Atmosphäre verbringt, ist nicht vertan.

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Anhang

Quellenangaben

Zitat Sri Aurobindos

Sri Aurobindos Gayatri Mantra: CWSA Vol. 35, p. 831

Zitat der Mutter

CWM Vol. 16, p. 292

Zitat der Mutter

CWM Vol. 9, p. 151

I. EINLEITUNG

1. Savitri – das wundervolle prophetische Gedicht

CWM Vol. 13, p. 24

CWSA Vol. 15, pp. 555-56

2. Savitri – die Göttliche Mutter

CWSA Vol. 27, p. 276

CWSA Vol. 27, p. 330

CWM Vol. 5, pp. 387-88

3. Die Komposition Savitris

CWSA Vol. 27, pp. 274-75

CWSA Vol. 27, pp. 212-13

CWSA Vol. 27, p. 272

CWSA Vol. 27, pp. 273-74

CWSA Vol. 27, p. 343

CWSA Vol. 27, p. 317

II. EINE VISION VON HÖHEREN BEREICHEN

1. Die supramentale Schau und ihre Ausdrucksweise

Das Wesen des Supramentals

CWSA Vol. 21-22, p. 141

CWSA Vol. 13, pp. 558-59

Die supramentale Schau

CWSA Vol. 33-34, p. 28

CWM Vol. 9, pp. 194-95

III. DAS SCHÖPFERISCHE WORT

1. Die Theorie des Mantra

Das höchste Wort

CWSA Vol. 18, pp. 29-33

Das Mantra – ein Wort von Macht und Licht

CWSA Vol. 33-34, p. 375

CWSA Vol. 27, pp. 26-27

Die drei höchsten Intensitäten dichterischer Sprache

CWSA Vol. 26, p. 19

Das Mantra – ein göttlich beladenes rhythmisches Wort

CWSA Vol. 26, p. 218

Das Mantra – die höchste Kraft der Sprache

CWSA Vol. 26, p. 313

Das Mantra – eine gestaltende und erhellende Macht

CWSA Vol. 26, p. 12

Klang hat eine Kraft in der materiellen Welt

CWM Vol. 7, pp. 342-44

Die Macht des Wortes wirksam machen

CWM Vol. 2, p. 66

Die Kraft der Worte stammt aus drei verschiedenen Quellen

CWM Vol. 2, pp. 66-68

2. Dichterische Schau und das Mantra

CWSA Vol. 26, pp. 31-40

3. Die Dichtung der Zukunft

CWSA Vol. 26, pp. 302-08

IV. SAVITRI – DAS GÖTTLICHE WORT

1. Savitri – das Sonnenwort

CWSA Vol. 33-34, p. 699

CWSA Vol. 33-34, p. 693

CWSA Vol. 33-34, p. 41

CWSA Vol. 33-34, p. 168

CWSA Vol. 33-34, p. 273

CWSA Vol. 33-34, p. 536

CWSA Vol. 33-34, p. 327

2. Savitri – eine Legende und ein Symbol

CWSA Vol. 33-34, Author’s Note

3. Savitri – eine Offenbarung

Sweet Mother, Luminous Notes by Mona Sarkar, pp. 45-52

4. Die außergewöhnliche Kraft Savitris

Sweet Mother, Luminous Notes by Mona Sarkar, p. 59

5. Botschaften der Mutter

From the introduction to Meditations on Savitri, vol. 1, 1964

The Mother to Norman Dowsett

The Mother to Udar Pinto

CWM Vol. 13, p. 24

CWM Vol. 13, p. 26

CWM: Collected Works of the Mother, 2nd ed., Vols. 1-17
CWSA: Collected Works of Sri Aurobindo, Vols. 1-37

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